Donnerstag, 21. November 2024
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Vatikan übt Spagat zwischen Flüchtlingskrise und Islam-Kritik

Mit 2,3 Milliarden ist das Christentum die stärkste Religion. Die Zahl der Gläubigen ist in den letzten fünf Jahren stärker gewachsen als die Weltbevölkerung. Mit diesen Zahlen wollen hohe vatikanische Würdenträger unterstreichen, dass die christlichen Kirchen nicht Gefahr laufen, vom Islam (derzeit 1,6 Milliarden) überrollt zu werden. Das will man freilich keineswegs als Bagatellisierung verstanden wissen. Denn auch im Vatikan findet derzeit eine sehr kritische Auseinandersetzung mit der islamischen Religion, vor allem seinen kriegerischen und terroristischen Auswüchsen statt. Gleichzeitig aber sieht man sich auch humanitär den Flüchtlingen, mit den Massen an islamgläubigen Menschen die nach Europa strömen, verpflichtet. Ein Spagat.


Im Vatikanischen Rat gibt es eine – profan formuliert – Abteilung, die sich mit den verschiedenen Weltreligionen beschäftigt sowie vor allem den Dialog mit den jeweiligen Gelehrten und Spitzenrepräsentanten pflegt. Besonderes Augenmerk wird hierbei dem christlich-islamischen Verhältnis gewidmet. Und von den mit dieser Causa befassten Priestern hört man sehr kritische, harte Worte. Nicht einmal fällt das Wort „verbrecherisch“.

Der Unterschied zwischen Bibel und Koran

Und es sind nicht nur die Terrorgruppen, die im Namen Allahs den Islam in Misskredit bringen. Das Problem beginnt bereits damit, dass die Ursprünge beider Religionen höchst unterschiedlich sind. Während Jesus auf die Welt kam, um für Frieden in der Familie, in der Gemeinde, im Staat, in der Welt zu sorgen, hatte der Prophet Mohammed ganz andere Motive. Er wollte zuerst Christ werden, machte sich dann aber auf den Weg um eine Oase nach der anderen kämpferisch zu erobern, Herrschaft über viele Clans zu gewinnen. Nicht das Wort sondern das Schwert wurde zum tragenden Element seiner Botschaften. Das zeigen auch Bibel und Koran. Die so genannte Heilige Schrift, aufbauend auf den Evangelien und der Apostelgeschichte, definiert klar und unmissverständlich die Grundpfeiler des friedlichen Zusammenlebens, einer gesellschaftlichen Ordnung, in der die Menschen Rechte und Pflichten haben (siehe die 10 Gebote). Das aus 114 Suren (Abschnitten) bestehende Regelwerk des Islams lässt viele Interpretationen zu. Was sich allein am Begriff des Dschihad zeigt. Hier ist nämlich von der kampfbetonten Verbreitung des islamischen Glaubens die Rede. Was viele, die beschwichtigen wollen, in Abrede stelle. Aber es gibt eben keine eindeutige Interpretation des in arabischer Sprache verfassten Schriftwerks und daher auch keine gültigen Übersetzungen. 

Keine gleichwertigen Gesprächspartner

Ein besonderes Problem stellt auch die Tatsache dar, dass es – sieht man von ein paar Rechtsgelehrten ab – keine Ansprechpartner gibt, die auch über die entsprechenden Befugnisse verfügen. Von daher ist es nicht möglich, einen umfassenden, weder politischen noch wissenschaftlichen Dialog ernsthaft zu führen oder gar allseits gültige Vereinbarungen zu treffen. Denn, im Grunde genommen kann jeder Imam einer islamischen Gemeinde seine eigenen Interpretationen der Lehre Mohammeds und deren Umsetzung in den Alltag verkünden.

Was letztlich auch dazu führt, dass der Islam weltweit sehr unterschiedliche Ausformungen erfährt. Er tritt daher auch in den verschiedensten Ausformungen auf. Das zeigt sich nicht nur an der Kleidung der Frauen. Während sich etwa die Saudis als die wahren Hüter des Islam gerieren, auf der einen Seite Partner der USA spielen, auf der anderen islamistische Kämpfer unterstützen, darf den so freundlichen Indonesiern und Malaysiern durchaus mit mehr Misstrauen begegnet werden. Sie stärken islamische Positionen durch kräftige finanzielle Unterstützung. So zum Beispiel ihre Glaubensbrüder in Bosnien. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass im Iran christliche Gotteshäuser zugelassen sind, während in Saudi Arabien und den Emiraten Gottesdienste nur in Privatzimmern gefeiert werden dürfen. Ein besonderes Problem stellt nun noch der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan dar, der sich als ein religiös motivierter Staatsführer aufzuspielen versucht und damit eine Leading-Role in der islamisch geprägten Welt einnehmen will.

Was ist los mit dem „christlichen Abendland“?

Europa gilt in den Augen der Weltkirche (Afrika und Südamerika sind die am stärksten wachsenden „Glaubensmärkte“, Asien ein „Hoffnungsmarkt“) als der augenblicklich sekularisierteste Kontinent. Dabei spricht man von ihm noch immer als dem „christlichen Abendland“. Und tatsächlich beruht Europa, wie man etwa im Päpstlichen Rat hervorstreicht, auf drei Pfeilern. Diese heißen Jerusalem (Geburtsstätte des Christentums), Athen (Ursprung der Demokratie) und Rom (Basis unseres Rechtsverständnisses). Diese Tatsache ist bloß etwas in Vergessenheit geraten. Mehr noch. Die Europäer haben es verlernt, sich mit Glaubensfragen auseinanderzusetzen, sie sind schwach in der Argumentation und der Verteidigung der Wurzeln jener Gesellschaft geworden, in der sie groß geworden sind.

Schönborns Warnung vor einer islamischen Eroberung

Von daher ist übrigens auch eine mehr als deutliche Aussage von Kardinal Christoph Schönborn in einer Predigt anlässlich des 333sten Jahrestages der Rettung Wiens vor dem Ansturm der Osmanen zu sehen. Die nicht nur medial für Aufmerksamkeit sorgte, sondern im Vatikan mit Genugtuung quittiert wurde. Der an sich sonst sehr zurückhaltende Wiener Kirchenfürst formulierte es nämlich überdeutlich:

„Wir haben das christliche Erbe durchgebracht und verschleudert. Und jetzt wundern wir uns, wie es in Europa ausschaut. Es geht uns wie dem verlorenen Sohn, der das kostbare Gut des Vaters, das kostbare christliche Erbe durchgebracht hat. Und jetzt stellen wir fest, dass es uns hinten und vorne fehlt, wenn wir in Not geraten. Nicht nur wirtschaftlich, auch das wird kommen, aber vielmehr auch menschlich, religiös und glaubensmäßig. Was wird aus Europa werden? Heute vor 333 Jahren ist Wien gerettet worden. Wird es jetzt einen dritten Versuch einer islamischen Eroberung Europas geben?“

Kardinal Christoph Schönborn bei der Neu-Einweihung des Papstkreuzes (Donaupark, Wien) am 16. Juni 2012. 
© Wikipedia, BambooBeast

Kein Alleingang sondern ein Weckruf

Schönborn, der in Österreich als eher sehr zurückhaltend und zögerlich gilt, hat in Rom einen exzellenten Ruf. Er gilt als einer der engsten Vertrauten von Papst Franziskus. Er wird seit geraumer Zeit daher auch immer wieder für höhere Weihen genannt. Seine Türken-Erklärung widerspiegelt daher auch eine Sorge, die man in der Citta Vaticano teilt. Das war durchaus kein Alleingang sondern ein Weckruf. Auch an die Politik in Österreich und der EU. Wünscht man sich doch dass auf politischer Ebene eine Art Brainstorming über den Umgang mit dem Islam, mit seinen extremen Ausformungen stattfindet, um eine Entwicklung nicht über sich ergehen zu lassen, sondern endlich ihr gegenzusteuern. Die Organisation der Weltkirche wird weitgehend unterschätzt. Sie ist, wie es ein hochrangiger Würdenträger nannte, der vernetzteste Geheimdienst den man sich nur vorstellen kann, der über viele politische Entwicklungen Bescheid weiß, lange noch bevor die Staatskanzleien davon Kenntnis erhalten.

Für den Papst gibt es auch den Aspekt der Barmherzigkeit

Der Wiener Kardinal steht übrigens mit seiner Meinung durchaus nicht im Gegensatz zu Papst Franziskus, der gerade gemeint hatte, „die Aufnahme von Flüchtlingen sei der beste Terrorschutz“. In der Islam-Frage ist der Heilige Vater „auf Linie“, wie ausdrücklich betont wird. In der Flüchtlingsfrage muss man bloß seine Herkunft aus Südamerika, die Konfrontation mit den Elendsvierteln berücksichtigen und das von ihm heuer geprägte Motto des Kirchenjahres, das Barmherzigkeit lautet. Menschen, die auf der Flucht vor Krieg, Hunger und Not sind muss man eine Herberge bieten können. Die Analogie zur Herbergssuche von Maria und Josef ist da unverkennbar. Sehr wohl aber versteht auch das Oberhaupt der katholischen Kirche, dass ein Kontinent wie Europa trotz allem Wohlstands keine unbegrenzte Aufnahmekapazität hat und daher Lösungen gesucht werden müssen, den Flüchtlingsstrom einzubremsen. 

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