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2019: Die beschränkte Qual der Wahl

Parlamentsgebäude in Wien / Bild © Creative Commons Pixabay (Ausschnitt)

Trotz vieler Medienspekulationen ist es verfehlt, Türkis-Blau abzuschreiben.

Vier Wochen vor der Wahl beginnen sich die Umfragen zu stabilisieren. Das zeigt ein vom „Verein Wahlen“ erstellter aktueller sozialwissenschaftlicher Querschnitt der repräsentativen Meinungsforschungsuntersuchungen der sieben führenden österreichischen Institute. Dabei wird seriöserweise davon ausgegangen, dass die Prognose eines punktgenauen Ergebnisses nicht möglich ist, sondern dieses sich innerhalb einer Spannweite von drei bis vier Prozent abspielt. Und so sieht es derzeit konkret aus:

Bei den drei Mittelparteien kann

  • die ÖVP mit 35 bis 39,
  • die SPÖ mit 20 bis 24,
  • die FPÖ mit 18 bis 21 Prozent rechnen.

Dahinter kommen

  • die Grünen auf 9 bis 12 und
  • die NEOS auf 7 bis 9 Prozent.

Die Liste Jetzt kommt hingegen über die 1 bis 2 Prozent nicht hinaus, bleibt Schlusslicht und hat keine Chance auf eine Rückkehr ins Parlament. Die sonstigen noch kandidierenden Parteien erreichen zusammen maximal 2 Prozent.

An Kurz führt kein Weg vorüber

An diesen Stimmenverhältnissen, und da sind sich die Experten einig, wird sich kaum etwas mehr ändern.

Daran, und das ist ein Kernpunkt der Analyse, dass Sebastian Kurz wieder mit der Regierungsbildung betraut wird, führt kein Weg vorüber. Dieses Meinungsklima wird jedenfalls auch den Wahlkampf in den kommenden vier Wochen bestimmen. Er hat aber die Qual der Wahl was die Koalitionspartner betrifft.

Sicher ist jedenfalls eines: Der gerade vom Grünen-Chef Werner Kogler geäußerte Wunsch einer Koalition mit der SPÖ und den NEOS gehört in das Reich der Träume. Im allerbesten Fall erreichen diese drei nur 45 Prozent.

Dreier-Koalition ist Risikofaktor

Rein rechnerisch gibt es auf der Basis einer Zweier-Koalition nur zwei Varianten. Nämlich die Fortsetzung von Türkis-Blau oder die Aufwärmung von Türkis-Rot. Theoretisch möglich ist auch eine Dreier-Koalition, die vor allem derzeit von den Medien gerne gespielt wird, nämlich ÖVP mit den Grünen und den NEOS. Das könnte allerdings, wenn die drei Parteien am Wahltag an der unteren Bandbreite des Wählervotums zu liegen kommen, eine sehr knappe Sache werden. Das eigentliche Argument, dass dagegenspricht, betrifft die Tatsache, dass ein Dreier-Bündnis immer dazu neigt, dass sich zwei Partner gegen den dritten verbünden und so ausspielen. Eine Gefahr, die bei so unsicheren Kantonisten wie den Grünen und den NEOS einfach gegeben ist.

Wirtschaft und Industrie sind unterschiedlich getrimmt

Wenngleich Kurz seit seiner „Machtübernahme“ im Jahre 2017 das volle Pouvoir für politische Entscheidungen auf Bundesebene hat, so wird er sich gewissen Strömungen nicht unterziehen können. Derzeit sind einmal mehr die Sozialpartner (Wirtschaft und Gewerkschaft) unterwegs um für ein Wiederaufleben der ÖVP-SPÖ-Koalition zu werben. Unterstützung gibt es dazu auf ÖVP-Seite aus der Steiermark und aus SPÖ-Seite aus Wien, dem Burgenland und Kärnten. Wobei die Genossen in der Bundeshauptstadt auch damit winken, dass nach den nächstjährigen Gemeinderatswahlen die Grünen in die Wüste geschickt und die Türkisen an Bord genommen werden könnten. Ein Wunsch, der auch massive Unterstützung durch die Wiener Wirtschaft erfährt. Ganz anders denkt man in der Industrie. Dort wünscht man sich eine Fortsetzung des bisherigen Weges.

West-Ost-Gefälle

In den westlichen Bundesländern, von Salzburg bis Vorarlberg gibt es Präferenzen, Koalitionsverhandlungen mit den Grünen und den NEOS zu führen. Übersehen wird dabei, dass die West-Grünen weit weniger fundamentalistisch sind als die Ost-Grünen. Nicht zuletzt, weil man hier auch zu einem Auffanglager für die enttäuschten Sozialisten geworden ist. Interessant ist noch, wie es Ober- und Niederösterreich mit den Präferenzen halten. Im Lande ob der Enns macht man kein Hehl aus der Tatsache, dass die Zusammenarbeit mit den Blauen eine Gute ist. Niederösterreich selbst ist etwas ambivalent. Und das hat landesspezifische Gründe. Mit der Stadt St. Pölten gibt es eine gute Kooperation. In Wr. Neustadt baut man auf die Zusammenarbeit mit den Blauen.

An der Basis wird Türkis-Blau nicht abgeschrieben

In der Kurz-Umgebung selbst gibt es noch eine ganz andere Sicht. Dort nimmt man nicht nur die Wortspenden aus den Bundesländern zur Kenntnis, sondern wirft auch einen Blick auf die Beliebtheitsskala. Und dabei zeigt sich eines überdeutlich, dass nämlich Türkis-Rot die unbeliebteste aller Koalitionsvarianten ist. Trotz aller Turbulenzen ist eine relative Mehrheit der Bevölkerung noch immer für Türkis-Blau. Und das Spannende daran ist, dass Kurz bei seiner Bundesländertour in den beiden Sommermonaten dieses Stimmungsbild auch von der sprichwörtlichen Basis erhalten hat. Dort geht man nämlich mit den Präferenzen der jeweiligen Landesspitzen nicht konform.

Das ist der Durchschnitt der Umfrageergebnisse von 7 Instituten:

Prognose für den 29. September 2019 im Vergleich zu den Ergebnissen des Jahres 2017:

ÖVP:                     35 bis 39% ………………………..31,47%
SPÖ:                     20 bis 24%…………………………26,86%
FPÖ:                     18 bis 21%…………………………25,97%
GRÜNE:                  9 bis 12%………………………….3,80%
NEOS:                     7 bis  9%…………………………..5,30%
Liste PILZ              1 bis  2%…………………………..4,41%
Diverse:                 2  bis 4%

6 Kommentare

  1. Also so wie sich mir das Politgeschehen anhand der Ausagen von Kurz, Nehammer und Co. derzeit darstellt, haben die alten liberalen Parteigranden der ÖVP unseren ehemaligen Bundeskanzler wieder fest in der Hand. Ließ man ihn 2017 noch das Experiment mit Blau gewähren, so weht jetzt wieder ein anderer, aber altbekannter „schwarzer“ Wind. Ich glaube, Kurz muss, ob er will oder nicht, in eine Koalition mit den Grünen. Für den bisherigen Weg, wäre das natürlich desaströs. Andererseits wäre eine FPÖ mit über 20% bei der kommenden NR, eine geniale Kraft in der Opposition.

  2. Ich bin Ihrer Meinung und gehe sogar soweit, dass die schwarze NEBENREGIERUNG wieder komplett das Sagen hat, an dieser sind vor allem die LH von NO, OOE und der OeAAB beteiligt. Ich wäre daher sehr dafür, wenn die FPOE auf der Oppositionsbank sitzen würde! Denn, andere Koalitionen werden mit Sicherheit in ein bis zwei Jahren Neuwahlen nach sich ziehen und würden auch gleichzeitig die OEVP in die Schranken weisen, sie würden tiefer als je zuvor stürzen!! Der Verlust der kompletten Macht in Österreich wäre für die Oevp ein herber Schlag, die SPÖ zeigt es gerade vor. Natürlich will der machthungrige Haselsteiner auch was für seine Millionen, die er den Neos bezahlt.

    • Was mich interessiert ist, wie kommt es, dass nur der Haselsteiner all die Aufträge bekommt? WER gibt ihm all die Aufträge? Warum wird das nicht untersucht? Und ob Kurz tatsächlich soviele Stimmen bekommt dürfte auch fraglich sein. Ich kann mir nicht vorstllen, dass alle seine Fehler so anstandslos hingenommen werden. Wenn er schon beim schreddern von zugegebener einer Festplatte – in Wirklichkeit 5 und eine davon vom Notebook und nicht alle von einem Drucker – dreist gelogen hat, wie soll man ihm jetzt glauben??? Wortbruch bei Lehrlingsausbildung von abgelehnten Asylwerbern. Was kommt noch alles? Lockert er die Bestimungen bzgl. Zuwanderung? Wird er bei der Ablehung des Mercosur-Vertrages bleiben? Ich traue ihm nicht mehr. Zuviele Lügen – warum sollte er jetzt die Wahrheit sagen? Welche Rolle spielt Soros der Kurz favorisiert? War Soros der Drahtzieher des Ibiza Videos?

      • Marianne J., ich sage es ganz kurz, es wird sich nichts ändern, d.h. es DARF sich nichts ändern, denn es muß alles unter der Tuchent gehalten werden ! Der Haselsteiner tanzt sehr gerne links, „unterstützt“ auch mit Millionen, daher, wohlwollende Behandlungen und Berichterstattungen ! Außerdem drängt auch der Herr Haselsteiner in eine Regierung, natürlich mit den Neos ! Die Österreicher werden an der Nase herumgeführt, das schon seit Jahrzehnten, die FPÖ ist da sehr im Weg ! Daß dies möglich ist, dafür sorgen die österr. Justiz und die österr. Medien, allen voran der ORF !

  3. Glaube nicht dass es die Idee von Kurz war die Regierung aufzulösen! Da waren kontinuierlich andere Leute am Werk! Kurz hatte sicherlich auch gar nicht die Zeit dauernd Schmutzkübel gegen die FPÖ, begonnen vom Rattengedicht, Liederbücher, Identitäre zu lancieren!Aktion geglückt, unangenehme Dinge wie ORF – Reform, Bürgermitbestimmung, Reduktion Kammerbeiträge usw wurden elegant entsorgt!
    Verstehe nicht dass die FPÖ es nicht sieht wer hier wirklich regiert, Leuten der der Wählerwunsch völlig egal ist.
    Ich würde da Frontalopposition machen!.

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