Donnerstag, 21. November 2024
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Die Schwierigkeiten der EU im Umgang mit Trump

Bild © Creative Commons Pixabay (Ausschnitt)

Keine Frage, US-Präsident Donald Trump ist ein besonderes Kaliber. Aber auch die EU versteht es nicht, mit ihm umzugehen.

Von einer berechenbaren Außenpolitik kann bei US-Präsident Donald Trump nicht die Rede sein. Sie ist sprunghaft, auf Showeffekte ausgerichtet und lässt die Welt über so manche Hintergründe und Motive rätseln. Das zeigt sich in jüngster Zeit gleich an drei Beispielen, nämlich von China, Nordkorea und Russland.

Drei folgenschwere Treffen

Begonnen hat es mit Peking, wo er sich mit Staats- und Parteichef Xi Jinping traf, um Wirtschaftsabkommen im Umfang von 250 Milliarden Dollar abzuschließen und sich bezüglich der Bedrohung durch Nordkoreas Atom- und Raketenprogramm eng abzustimmen. Inzwischen freilich hat Trump den Handelskrieg gegen China ausgerufen, um sich gegen die Importe aus dem Reich der Mitte zu wehren.

Im Falle von Nordkorea drehte zunächst Trump gemeinsam mit dem Diktator Kim Jong Un an der Eskalationsschraube, sodass eine direkte militärische Konfrontation zwischen Pjöngjang und Washington nicht mehr ausgeschlossen wurde. Bis man sich plötzlich auf ein gemeinsames Treffen in Singapur einigte und umarmte als sei man schon immer beste Freunde gewesen.

Ähnliches passierte gerade in Helsinki. Schon seit Trumps Amtsantritt legten die USA laufend Wert auf eine Verschärfung der Boykottmaßnahmen gegen Russland, wegen der Annexion der Krim und dem Krieg in der Ostukraine. Doch plötzlich war von einer Gegnerschaft zu Wladimir Putin keine Rede mehr. Was so weit ging, dass Trump sogar dem KGB, für keine Cyber-Angriffe im US-Wahlkampf verantwortlich zu sein, mehr Glauben schenkte als den Vorwürfen, die der eigene CIA schon lange erhebt.

Folgt man den Kritikern an der Trump-Politik in den USA und in Europa so sind die eigentlichen Nutznießer zumindest zwei Diktatoren, nämlich Kim Jong Un und Wladimir Putin. Es ist sogar davon die Rede, dass beide den US-Präsidenten über den Tisch gezogen und allen Nutzen aus den Treffen vor allem für sich gezogen hätten. Gleichzeitig hat er sich aber mit jahrzehntelangen Freunden verdorben. Die EU wird plötzlich als Gegner der USA bezeichnet, die britische Premierministerin hat man geradezu brüskiert und ihr geraten, statt über den Brexit zu verhandeln, die EU vor den Kadi zu zerren. Die noch mehr als zwei Jahre dauernde Amtszeit von Trump dürfte der Welt noch einige Überraschungen bereiten.

Der in Vergessenheit geratene Weckruf

Allerdings auch die EU hat es bisher verabsäumt, sich auf den Herrscher im Weißen Haus einzustellen. Unmittelbar nach der Wahl Trumps sprach zum Beispiel der Vorsitzende der EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, durchaus folgerichtig von einem „Weckruf für Europa“. Soll heißen, dass ab sofort Europa nicht auf die Hilfe der USA in internationalen Krisenfällen warten darf sondern selbst in vielen Bereichen die Zügel selbst in die Hand nehmen muss. So richtig verstanden hat man in Brüssel und den EU-Hauptstädten diesen Weckruf aber nicht.

Trump ist nicht mit seinen Vorgängern, von Ronald Reagan, über die Bushs und Clintons bis hin zu Barack Obama vergleichbar. Nicht nur, weil in den USA eine politische Karriere ganz anderen Voraussetzungen unterliegt als etwa in Europa und Personen an die Spitze gehievt werden, die im Regelfall von einflussreichen Lobbyisten und Finanziers abhängen, aber nicht wirklich auf eine politische Laufbahn und ein politisches Insider-Wissen verweisen können. Völlig zu Recht wurde die Niederlage von Hillary Clinton als eine des so genannten politischen Establishments bezeichnet. Sie und ihre Vorgänger wurden letztlich vom Meinungs-Stream der Ost-Küste getragen, also dort wo von New York bis Washington die einflussreichen Meinungsmacher und Multiplikatoren daheim sind.

So nebenbei, Österreich kann davon ein Lied singen. Als Kurt Waldheim, höchst angesehener UNO-Generalsekretär, für das Amt des Bundespräsidenten kandidierte und es damit erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik den Sozialisten streitig machte, organisierte die SPÖ mit der Sozialistischen Internationale und dem in New York ansässigen jüdischen Weltkongress einen Entrüstungssturm, dessen Hintermänner an der Ostküste saßen und die Fäden zogen.

Wandel im öffentlichen Meinungsklima

Auch Trump musste erfahren, dass er nicht der Kandidat des Meinungsmonopols der Ostküste war. Seine Anhängerschar sind die Durchschnittsamerikaner, die im Landesinneren leben und denen mit dem Slogan „America First“ zutiefst aus dem Herzen gesprochen wurde. Zudem erleben wir in den USA eine politische Entwicklung, die jener in vielen Staaten Europas nicht unähnlich ist. Soll heißen, dass es eine Umschichtung im gesellschaftspolitischen Spektrum gibt: Ein Trend, der weg von krausen linken, überzogenen liberalen Ideen hin zu pragmatischen, durchaus konservativen Positionen führt. In den USA ist Trump nun einmal der Repräsentant dieser Entwicklung. In Europa sind es Parteien und politische Bewegungen, die im Mitte- und Mitte-Rechts-Spektrum reüssieren, die aber von einer grün-links motivierten Meinungsmaschinerie kritisiert werden. Was nur zu einem Auseinanderklaffen von öffentlicher und veröffentlichter Meinung führt.

Das politische Meinungsklima in den USA, das sich auch in einem gewissen Maße in der Person des derzeitigen US-Präsidenten ausdrückt, ist auch davon geprägt, dass sich im Zuge des Globalisierungsprozesses Verschiebungen ergeben haben. Das zeigen allein gewisse Größenordnungen. Die EU ist mit derzeit (vor dem Brexit) 511 Millionen Einwohnern weitaus stärker als die USA, die derzeit von 325 Millionen bewohnt werden. Russland ist mit 144 Millionen geradezu ein kleines Land und trotzdem ein Machfaktor.

Kein Dank für internationales Krisenmanagement

Durch Jahrzehnte, seit dem Zweiten Weltkrieg spielten die USA den großen Geldgeber. Wenn man nur an den Marschall-Plan denkt, der es vielen Staaten in Europa ermöglichte, einen ungeahnten Wirtschaftsaufschwung zu nehmen, sodass dieser zweitkleinste Kontinent heute zu jenen Weltregionen zählt, in denen breiter Wohlstand herrscht und die Bürger über das bestausgebaute soziale Netz verfügen. Die USA haben aber auch durch Jahrzehnte die Rolle eines Weltpolizisten gespielt. Wo immer ein Krisenherd auf der Welt entstand, wurde der Ruf nach einem Eingreifen der Amerikaner laut. So auch als am Balkan ein Bürgerkrieg tobte, der 1996 nicht durch die EU-Diplomatie sondern durch das Eingreifen der USA mit Hilfe der NATO beendet wurde.

Die Dankbarkeit gerade Europas für die mannigfachen Hilfestellungen Washingtons hielt sich in engen Grenzen. Die USA mussten es sich vielmehr immer wieder gefallen lassen, bei Demonstrationen und Protesten öffentlich an den Pranger gestellt zu werden. Auch das ist an der amerikanischen Öffentlichkeit nicht vorüber gegangen. Daher findet der Rückzug der Politik des Weißen Hauses auf die Interessen der amerikanischen Bevölkerung auch den Beifall des Wählerpublikums von Trump.

EU und USA bilden Demokratie-Achse

Der EU wäre ernsthaft geraten, das derzeitige Auftreten von Trump auf der Weltbühne als Weckruf zu verstehen. Das betrifft nicht nur die NATO, wo gerade die USA noch immer eine Hauptlast tragen. Und nicht zu Unrecht mehr Engagement der beteiligten EU-Staaten einfordern. So sind es gerade die neuen Demokratien und ehemaligen Volksrepubliken, die auf den NATO-Schutzschirm gegenüber Russland besonders großen Wert legen.

Bis dato freilich sind alle Überlegungen, eine eigene europäische Armee aufzustellen, mehr oder weniger nur verbale Lippenbekenntnisse. Das Ausscheiden Großbritanniens aus der EU, das über die bedeutendste europäische Armee verfügt, wird das Problem einer eigenen Verteidigung nur noch verstärken. Und was die Krisenherde im Nahen Osten (von Syrien bis zum Irak) betrifft, so hat sich diesbezüglich die EU überhaupt in eine reine Abwartestellung begeben, wobei übersehen wird, dass es hier nachweislich Auswirkungen (wie zum Beispiel den „Flüchtlings-Tsunami“) auf Europa gibt.

Auch die Entwicklung in Afrika wäre eines dringenden Weckrufs nötig. Hier haben sich die USA weitgehend zurückgezogen. Die Europäer aber haben sich vorerst nur auf eine zum Teil marginale Entwicklungshilfe beschränkt und damit ein Vakuum geschaffen, in das vor allem China mit massenhaften wirtschaftlichen Lockangeboten drängt. Dazu kommt noch der Einfluss, den eine Reihe wohlhabender islamischer Staaten auf afrikanische Staaten mit einer muslimischen Bevölkerung ausüben.

Bei aller Problematik des Auftretens von Donald Trump am internationalen Parkett, es ist der Zeitpunkt gekommen, dass man in Europa die neuen Realitäten zur Kenntnis nimmt. Sich über Fauxpas, Hoppalas und unpassende Bemerkungen des derzeitigen Präsidenten (die es übrigens auch bei seinen Vorgängern gab) zu alterieren ohne gleichzeitig bei sich selbst Maß anzulegen, wird nicht zielführend sein. Auch unter dem Aspekt, dass die EU und die USA die größten Demokratien auf der Welt sind und eine Achse bilden müssen.

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