Donnerstag, 21. November 2024
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Der Streit um das „von“ und die Respektlosigkeit vor der Geschichte

Bild © CC0 Creative Commons, Pixabay (Ausschnitt)

Der Streit um die Website des österreichischen Kaiserenkels lässt sich nicht damit abhandeln, dass man sich darüber lustig macht. So nach dem Motto: “Sorgen haben die Österreicher … “

Man muss sich nämlich einmal die Mühe nehmen und im Internet surfen, um zu schauen, was für Homepages es da gibt. Von den Namen angefangen bis zum Inhalt. In einer Reihe von Fällen, wäre da ein Einschreiten notwendig. Dann aber muss sich ernsthaft die Frage stellen, wie jemand auf die Idee kommen kann, wegen dem Homepage-Namen www.karlvonhabsburg.at eine Strafanzeige zu machen. Es gehören schon krumme Gehirnwindungen dazu, daraus eine Verletzung des „Adelsaufhebungsgesetzes“ zu konstruieren und Karl Habsburg zu verurteilen. Wenn auch noch nicht rechtskräftig. Wobei das Landesverwaltungsgericht Wien genau genommen sich bereits eine Hintertür offenließ, indem es die damit zusammenhängende Strafe aufgehoben hat. Diese könne nämlich nicht verhängt werden, weil der Betrag in dem aus dem Jahre 1919 stammenden Gesetz in Kronen angegeben ist und es keinen offiziellen Umrechnungskurs gibt.

Grüne Flausen

Wie so oft, sind es da wieder einmal die Grünen, die eine sinnlose Debatte vom Zaun gebrochen haben. So zuletzt vor zwei Jahren als sie im Parlament den Antrag stellten, die Geldstrafe für Leute, die sich als adelig ausgeben (und es vielleicht sogar sind) drastisch zu höhen. Basierend auf der vor genau 100 Jahren festgelegten Höchststrafe von 20.000 Kronen wurde – was übrigens immer wieder vorkam – eine Geldstrafe von umgerechnet 14 Cent verhängt. Der Antrag der Grünen wurde im parlamentarischen Verfassungsausschuss von den übrigen Parteien abgelehnt. Man wollte sich nicht lächerlich machen, was dennoch die Grün-Parlamentarierin Sigrid Maurer zur Feststellung veranlasste: „Die Regierungsparteien haben die Chance, ein sinnloses Gesetz zu verbessern, beerdigt“.

Habsburger und Weltkulturerbe

Gerade in der KarlvonHabsburg-Website-Causa wäre dringend ein geschichtlicher Nachhilfekurs nötig. Das beginnt schon damit, dass Wien seinen Status als UNESCO- Weltkulturerbe in einem hohen Maß dem Hause Habsburg verdankt. Vom 12. Dezember 1282 an herrschten die Habsburger 636 Jahre lang über ein Reich, dessen Österreich von heute das Herzstück bildete. Im Unterschied zu anderen europäischen Herrschern waren die Habsburger zwar ein europäischer Machtfaktor aber nie eine Kolonialmacht. Und vor allem sie förderten Kunst und Kultur, sie schufen Rechtsnormen und neue soziale Standards. Wien legt ein Zeugnis dafür ab, vom Schloss Schönbrunn bis zum alten Allgemeinen Krankenhaus. Und wenn es schon nicht die Grünen schätzen (sie setzten ja auch mit der Genehmigung des dubiosen Hochhausprojekts beim Stadtpark das Prädikat „Weltkulturerbe“ aufs Spiel), so sind es Millionen Touristen aus aller Welt, die deshalb nach Wien und Österreich kommen. Nur deshalb.

Kein Rütteln an Grundfesten

Genau genommen wäre von Seiten der Politik mehr Respekt gegenüber der großen Geschichte Österreichs angesagt. Vielleicht sollte man sich übrigens einmal auch dieses „Adelsaufhebungsgesetz“ ansehen. Und sich die Frage stellen, ob es nicht wirklich „auf die Müllhalde der Geschichte gehört“. Niemand rüttelt damit an den Grundfesten der Demokratie, denn es ist heute so unbestritten wie nur, dass die Ausübung politischer Macht nicht vom Status der Geburt abhängt sondern allein vom freien Willen des Volkes. Beim Übergang vom Zeitalter der Monarchie in das Zeitalter der Demokratie hat man in Österreich eben einen sehr harten und konsequenten Schritt gesetzt. Und so wurde nach dem Ende der Monarchie Österreich-Ungarns vom Parlament des neuentstandenen Staates Deutschösterreich am 3. April 1919 die Aufhebung des Adels per Adelsaufhebungsgesetz beschlossen. Am selben Tag trat übrigens auch das Gesetz betreffend die Landesverweisung und die Übernahme des Vermögens des Hauses Habsburg-Lothringen in Kraft.

Titel ohne Mittel

Es gehört freilich zu den österreichischen Absurditäten, dass sich der bekannte Lobbyist Alfons MensdorffPouilly sehr wohl als Graf und das öffentlich titulieren darf. Er ist im Burgenland daheim und das Burgenland kam bekanntlich erst nach einer Volksabstimmung in Folge des Vertrags von St. Germain 1921 zu Österreich. Bei dessen Eingliederung wurde aber die Verfassungsbestimmung bezüglich des Verbots von Adelstiteln nicht übernommen. Mit einem Schlag verboten wurden vor genau 100 Jahren auch so Titel wie Geheimer Rat, Kämmerer, Ratsfrau, Palastdame, ja sogar Exzellenz. Nicht aufgehoben wurden allerdings eine Reihe staatlicher Amtstitel wie Hofrat, Regierungsrat oder Kanzeleirat. Damit schmücken sich noch heute gerne Beamte. Vor gar noch nicht so lange zurückliegender Zeit konnten sich Beamten bei der Pensionierung sogar aussuchen, ob sie einen zusätzlichen Gehaltssprung erhalten oder den Titel Hofrat annehmen. Habe die Ehre, g‘schamster Diener …

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