Dienstag, 24. Dezember 2024
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Euro-Krise beeindruckte den Kunstmarkt kaum

Der Kunstmarkt boomt, die Preise steigen, und selbst in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten halten Sammler und Investoren an ihren Werken fest. Das bewiesen die vergangenen Jahre im Zeichen der Euro-Krise. Aus Griechenland, Italien und Portugal kamen nicht mehr Einlieferungen in die Auktionshäuser als zuvor. Und Spanien stieg auf dem weltweiten Kunstmarkt sogar zu einem der teuersten Länder auf.

[[image1]]Als der Hammer fiel, waren sogar die Auktionatoren überrascht. Für sagenhafte 142,4 Millionen US-Dollar wechselte im vergangenen November in New York das Tripychon des irischen Künstlers Francis Bacon den Besitzer. Die Experten des Auktionshauses Christie’s hatten in ihren ohnehin schon optimistischen Schätzungen mit etwa 90 Millionen Dollar gerechnet. Und plötzlich war Edvard Munchs „Der Schrei“ nur noch das zweitteuerste Bild der Welt mit seinem im Frühjahr 2012 erzielten Auktionsergebnis von knapp 120 Millionen Dollar.

Spitzenpreise bei Kunstinvestments sind zwar keineswegs neu. So hatte bereits im Jahr 1990 ein japanischer Kunstsammler 82,5 Millionen Dollar für van Goghs Porträt des Dr. Gachet gezahlt. In den vergangenen Jahren jedoch entstand ein regelrechter Hype, der manchem Experten allmählich schon unheimlich wird. „Wir erleben derzeit eine der größten Spekulationsblasen der Kunstgeschichte. Und wir wissen nicht, wie sie endet“, warnt die international renommierte Kunstexpertin Rosario Nadal. Allerdings sei es noch immer sicherer, ein hochkarätiges Werk zu kaufen, als in Fonds oder in ein Unternehmen zu investieren, fügt die Spanierin hinzu. Sie muss sich nur in ihrer Heimat umschauen, um festzustellen, dass Kunst auch oder gerade in Krisenzeiten stark gefragt ist: „Spanien ist im Augenblick auf dem weltweiten Kunstmarkt eines der teuersten Länder“, betont die gebürtige Mallorquinerin, die früher für Christie’s arbeitete und heute unter anderem das Jumex-Museum in Mexiko berät. Sie weiß: Die meisten Kunstsammler sind in Lateinamerika, Russland, China und im Nahen Osten zu Hause.

Ganz offenkundig gehört die Kunst zu den Assetklassen, von denen sich die Investoren sogar in Krisenzeiten nicht trennen wollen. Aus Griechenland, Portugal, Spanien und Italien seien in den vergangenen Jahren nicht mehr Kunstwerke eingeliefert worden als zuvor“, sagt Philipp Herzog von Württemberg, Europachef des Auktionshauses Sotheby’s.

Europäische Fonds investieren in Kunst

Um von den enormen Preissteigerungen zu profitieren, entstanden in den vergangenen Jahren immer mehr Kunstfonds – die meisten zwar in China, einige aber auch in Europa. So wurde zum Beispiel in Luxemburg vor einiger Zeit der Art Collection Fund aufgelegt, der pro Jahr rund 60 Millionen Euro investieren will. Angestrebt wird jährlich eine zweistellige Rendite. Nach einer sechsjährigen Haltezeit will das Fondsmanagement dann mit dem Verkauf der Werke beginnen. Bis dahin haben die Investoren die Möglichkeit, sich die im Fondsvolumen befindlichen Kunstwerke auszuleihen und zu Hause zu präsentieren – sozusagen als „emotionale Rendite“. Kleinere und mittlere Anleger müssen auf dieses prestigeträchtige Investment allerdings verzichten, denn die Luxemburger verlangen eine Mindesteinlage von 500.000 Euro, die jährlichen Managementgebühren machen noch einmal zwei Prozent aus.

Schon in den 1970er Jahren investierten die Manager des British Rail Pension Fund unter anderem in zeitgenössische Kunst, Werke alter Meister, Skulpturen und chinesische Keramik, Als die Werke später wieder verkauft wurden, durften sich die Investoren über eine inflationsbereinigte Rendite von durchschnittlich 11,3 Prozent pro Jahr freuen. Allerdings: Zur gleichen Zeit konnte man mit Aktien noch mehr Geld verdienen.

Kunst als Investment mag ohne Frage spannend und faszinierend sein, doch das Thema ist auch schwierig und intransparent. Wie zu hören ist, haben sich die ersten Hedgefonds aus diesem Markt wieder zurückgezogen. Und auch die DG Bank Luxemburg, ein Tochterunternehmen der Zentralbank der deutschen Genossenschaftsbanken, musste nach eben mal drei Jahren ihren offenen Kunstfonds wieder schließen.

Zur Intransparenz trägt nicht zuletzt die Tatsache bei, dass nur etwa 50 Prozent aller Transaktionen von Kunstwerken über Auktionshäuser abgewickelt werden. Die andere Hälfte wird direkt von Kunsthändlern an private Sammler und Investoren verkauft. Über die dabei erzielten Preise schweigt man sich in aller Regel aus, wie überhaupt in dieser Branche Diskretion sehr geschätzt wird.

Der Markt ist fast ausschließlich in privater Hand. In Ländern wie Spanien haben der Staat oder staatsnahe Institutionen schlicht kein Geld, um die immer teurer werdenden Kunstwerke zu kaufen. In der Folge entstehen regelrechte „Geistermuseen“, berichtet Kunstexpertin Rosario Nadal. „Es gab mal einen Boom, da gründeten Politiker viele Museen und Kunstzentren. Diese Gebäude stehen zwar inzwischen, aber nur wenige haben das Budget, um Sammlungen aufzubauen. In den Museen entsteht eine große Leere“.

Die Risiken von Kunstinvestments

Abgesehen von der Intransparenz ist ein Kunst-Investment mit weiteren, schwer kalkulierbaren Risiken verbunden. Niemand vermag etwa vorherzusehen, wie sich der Geschmack von potenziellen Käufern in den nächsten Jahren entwickeln wird. Der große Name von heute kann schon morgen ein Ladenhüter sein. Neben der Gefahr, eine Fälschung zu erstehen (was sogar schon erfahrenen Experten passiert ist), entscheiden auch die Zurechenbarkeit und der Zustand des Kunstobjekts über dessen Wert.

Nicht zu unterschätzen sind schließlich die Nebenkosten. Wer in einen Kunstfonds investiert, zahlt – wie erwähnt – relativ hohe Managementgebühren. Wer hingegen direkt Kunstwerke ersteht, muss mit Transaktionskosten zwischen 10 und 25 Prozent des Kaufpreises rechnen. Zum Vergleich: Die durchschnittlichen Transaktionskosten für Finanzanlagen machen im Schnitt etwa ein Prozent aus. Und schließlich müssen die Kunstwerke auch noch versichert werden.

Für scharf kalkulierende Renditejäger dürfte die Kunst daher kaum ein geeignetes Betätigungsfeld sein. Wer in diese Assetklasse investiert, muss neben dem reinen Kapitalertrag auch auf die „emotionale Rendite“ setzen. Der Besitzerstolz kann durchaus eine geringere monetäre Rendite kompensieren. Immerhin sei Kunst nicht nur etwas für ultrareiche Scheichs und milliardenschwere Oligarchen, sagt Rosario Nadal: „Wenn jemand aus Leidenschaft Kunst sammelt, wird er immer etwas finden, das seiner Leidenschaft entspricht“. Schnäppchen freilich dürfte er vergeblich suchen.

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