Sonntag, 22. Dezember 2024
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Cameron’s große Herausforderung

Syrien, Steuern und Freihandel dominieren den G8-Gipfel im nordirischen Lough Erne. Die Staats- und Regierungschefs von Großbritannien, Frankreich, Italien, Deutschland, Kanada, Japan, USA und Russland treffen sich in idyllischem Ambiente. Doch sie haben große Differenzen.

[[image1]]Gleich zu Beginn der britischen G8-Präsidentschaft hatte der britische Premier David Cameron deutlich gemacht,  dass es unter seinem Vorsitz greifbare Ergebnisse beim weltweiten Kampf gegen die Steuerflucht geben sollte. Später kam dann noch das Thema Welthandel hinzu: Cameron wollte  sich aktiv für den Beginn von Freihandelsgesprächen zwischen der EU und den USA einsetzen. Doch wie so oft dürften auch diesmal externe Ereignisse die Planung über den Haufen werfen. Denn der G8-Gipfel im nordirischen Lough Erne, der am Montag beginnt, wird von der Eskalation der Syrien-Krise überschattet.

Syrien-Differenzen spalten die Teilnehmer

Schon vor ihrem Treffen in einem abgeschiedenen Golfressort in der britischen Provinz Nordirland konferierten die Gipfelteilnehmer der acht führenden Industrienationen USA, Großbritannien, Deutschland, Russland, Japan, Frankreich, Italien und Kanada am Freitagabend telefonisch miteinander, um ihre Haltung im Syrien-Konflikt abzustimmen. Nötig war das geworden, nachdem nach Frankreich nun auch die USA behaupten, sie hätten Beweise für den Einsatz von Giftgas durch die syrische Regierung. Mit dem Einsatz von Chemiewaffen hätte Syriens Präsident Bashir Al-Assad die „rote Linie“ überschritten, die US-Präsident Barack Obama definiert hatte. Nun wollen die USA den oppositionellen Rebellen in Syrien Waffen liefern. Zunächst dürfte es sich dabei vor allem um kleinere Waffen und Munition handeln. Im Gegensatz dazu unterstützt Russland den syrischen Machthaber Assad, liefert ihm Waffen und verurteilt die von den USA geplante Aufrüstung der Rebellen.

Doch auch bei den übrigen Gipfelteilnehmern herrschen unterschiedliche Auffassungen: die Briten halten Waffenlieferungen an die Rebellen zwar für einen Weg, den Konflikt zu beenden, betonten aber am Freitagabend, sie hätten noch keine Entscheidung getroffen. Deutschland bleibt bei seiner Ablehnung von Waffenlieferungen an die Aufständischen, während Frankreich fordert, solche Maßnahmen sollten angesichts der Beweise für den Einsatz von C-Waffen unbedingt erwogen werden. Derzeit erscheint es unwahrscheinlich, dass die tiefe Kluft vor allem zwischen den gegensätzlichen Standpunkten der USA und Russlands innerhalb der nächsten Tage überbrückt werden kann. Die G7 Partner wollen an den russischen Präsidenten Wladimir Putin appellieren, sich für eine Entschärfung des Konfliktes einzusetzen – doch die Chancen dafür stehen nicht gut.

Positive Signale beim Freihandel

Im Gegensatz dazu gibt es berechtigte Hoffnung auf positive Impulse für das Freihandelsabkommen zwischen den USA und Europa und den Abbau von Handelsbarrieren, nachdem die EU-Regierungen sich am Freitag in Luxemburg im Prinzip auf einen Kompromiss einigen konnte. So beschlossen sie, dass der Markt von Film- und Musikproduktionen zunächst bei den Gesprächen zwischen den USA und der EU ausgeklammert wird. Er soll aber in künftige Verhandlungen aufgenommen werden, wenn die Kommission einen entsprechenden Vorschlag macht und die Regierungen dem zustimmen.

Damit kamen die übrigen EU-Länder Frankreich entgegen, das darauf gepocht hatte, den Film- und Musikmarkt außen vor zu lassen. Der nun gefundene Kompromiss ermöglicht es, dass schon in diesem Sommer mit den auf etwa zwei Jahr veranschlagten Verhandlungen begonnen wird. Die USA hatten verlangt, dass es für die Gespräche keine Vorbedingungen geben dürfe. Sowohl die EU als auch die USA erhoffen sich von einem bilateralen Freihandelsabkommen positive Impulse für die Konjunkturentwicklung. Denn damit entstünde ein riesiger neuer Handelsraum mit fast einer Milliarde Menschen. Allerdings gibt es einen Wermutstropfen: den es droht ein Handelskrieg zwischen der EU und China nachdem die EU-Kommission Anfang Juni Strafzölle für chinesische Solarmodule angekündigt hatte.

Kaum Fortschritte beim Steuerthema zu erwarten

Obwohl der Kampf gegen Steuervermeidung und die Austrocknung von Steueroasen zu den Fragen, gehört, die Cameron ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt hatte, die die acht Staats- und Regierungschefs besprechen sollen, wird es hier möglicherweise wenig mehr geben als Lippenbekenntnisse. Bestenfalls ist eine politische Verpflichtung für einen weitreichenden Austausch von Steuerdaten zu erwarten aber selbst das ist nicht gewiss. Cameron hat zwar am Samstag in London ein Treffen der Gouverneure und Ministerpräsidenten der britischer Überseegebiete und Kronbesitzungen wie Gibraltar, Bermudas, den Cayman Islands und der Britischen Jungferninseln sowie der Kanalinseln Guernsey und Jersey und der Isle of Man anberaumt, um verbindliche Zusagen für mehr Transparenz und Informationsaustausch zu erzwingen. Doch schon im Vorfeld wurde klar, dass die Steueroasen sich querstellen wollen. So ließ die Führungsriege der Insel Bermuda wissen, sie werde zwar in die britische Hauptstadt kommen, dort aber keine Vereinbarung unterschreiben.

Ein zweites Anliegen Großbritanniens, aber auch Frankreichs und Deutschlands ist es,  Steuerschlupflöcher für internationale Konzerne zu stopfen und damit der Steuervermeidung einen Riegel vorzuschieben. Denn Anhörungen im US-Kongress und im britischen Unterhaus hatten kürzlich erneut ein Schlaglicht auf die fragwürdigen, allerdings ganz legalen Methoden, der US-Multis Google, Amazon und Starbucks geworfen, die über ein kompliziertes Firmengeflecht in in erheblichem Maße Steuern sparen, indem sie Gewinne in Niedrigsteuerländer wie Irland oder die Niederlande umleiten. So hat der Rechnungsprüfungsausschuss des britischen Unterhauses angeprangert, dass Google in den Jahren 2006 bis 2011 in Großbritannien trotz seiner Einnahmen in Höhe von umgerechnet 18 Milliarden Dollar nur 16 Millionen Dollar an Körperschaftssteuer entrichtete. Derartige Enthüllungen haben den innenpolitischen Druck auf Cameron erhöht, diese Praktiken zu unterbinden. Letztlich ist hier aber nur ein internationaler Ansatz erfolgversprechend,  der auf gleichen Standards beruht. Doch diese Wunschvorstellung wird sich angesichts des Wettbewerbs der Standorte um Investitionen wohl nie perfekt verwirklichen lassen.

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