Mittwoch, 18. Dezember 2024
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USA: Die Wahl zwischen Pest und Cholera


Der Super Tuesday war alles andere als super. Die Resultate der Vorwahlen in zwölf Bundesstaaten deuten nämlich darauf hin, dass schlimme Befürchtungen immer mehr zur Realität werden. Die bisherigen Außenseiter sowohl der republikanischen als auch der demokratischen Partei fallen zurück, die beiden Favorits setzen sich zusehends durch – ein doppelter Alptraum. 

Wenn der US-Milliardär Donald Trump die Präsidentschaftswahlen am 8. November gewinnt, wäre das ein Armutszeichen für die Vereinigten Staaten. Ein beinahe rechtsradikaler, ungehobelter Stänkerer an der Spitze der Weltmacht Nummer Eins – nicht auszudenken, was das für den Globus bedeuten würde. Falls aber Hillary Clinton das Rennen macht, wäre das auch alles andere als ein Glücksfall. Denn die ehemalige Außenministerin und Noch-Immer-Ehefrau von Bill Clinton sollte sich am besten in den Ruhestand begeben statt um Stimmen zu kämpfen, weil sie einfach nicht das Zeug hat, à la Angela Merkel zur Mutti der Nation zu werden. Auch ein – eher unwahrscheinlicher – Wahlsieg ihres Konkurrenten Bernie Sanders, der sich als „demokratischer Sozialist“ versteht und daher u.a. gegen Ungleichheiten bei Einkommen sowie für mehr Staatseinfluss  kämpft,  würde für weltweite Verblüffung sorgen. Der amtierende Senator im US-Bundesstaat Vermont ist nämlich vom Typus her ein populistischer Kauz, der selbst bei vielen Teilen der demokratischen Partei schon immer massiv angeeckt ist.

Es ist jedenfalls rätselhaft, dass Republikaner und Demokraten nicht in der Lage sind, geeignetere Kandidaten für das Amt im Weißen Haus aufzubieten. Warum beispielsweise ausgerechnet ein pensionierter Neurochirurg wie Ben Carson in die engere Wahl kam, ist absolut schleierhaft – vielleicht, weil er erst 63 Jahre alt ist, womöglich, weil unbedingt auch ein Schwarzer antreten sollte? Wieso überdies der einstige Gouverneur von Florida, Jeb Bush, mitmischen durfte, wenngleich ohnedies auf verlorenem Posten, ist ebenfalls ein Rätsel – die unbändigen Ambitionen seines Clans, zum dritten Mal den Präsidenten zu stellen, können ja wirklich keine ausreichende Begründung darstellen. Und weshalb schließlich ein bekennender Waffennarr wie James Gilmore, ehemals Gouverneur von Virginia, in diesem kuriosen republikanischen Kreis dabei sein konnte, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar.

„Beleidigung der Wähler“

Well, Jeb Bush und James Gilmore haben zwar bereits ebenso das Handtuch geworfen wie andere chancenlose Kandidaten, darunter die einstmals geschasste und mit 21 Millionen Dollar abgefertigte Hewlett Packard-Chefin Carly Fiorina – schade nur, dass auch der 52 jährige Demokrat Martin O‘Malley auf der Strecke geblieben ist. Er wäre als lupenreiner Liberaler, der u.a. für die Abschaffung der Todesstrafe, die Legalisierung der Homo-Ehe, höhere Mindestlöhne und strengere Waffengesetze steht, durchaus eine ernsthafte Alternative zu Oma Hillary gewesen. Erstaunlich ist, dass der in seiner Rolle als verrücktes Großmaul bestens disponierte Immo-Milliardär Trump so leichtes Spiel hat und seine weitaus jüngeren Rivalen problemlos auf Distanz hält. Die beiden Youngsters der Republikaner, der 44-jährige Ted Cruz und der ein Jahr jüngere Marco Rubio, müssen nämlich mit aller Gewalt in zahllosen Detailfragen um Profilierung ringen:  Der eine – Cruz ist Senator für Texas – ist kubanischer Abstammung und spricht mit Hardliner-Auftritten vor allem konservative Christen an, indem er u.a. gegen Abtreibungen und die Homo-Ehe wettert; der andere – Rubio ist Senator für Florida – ist zwar ebenfalls kubanischer Abstammung und hat es vor allem auf die hispanische Wählerschaft sowie sozial-konservativere Anhänger abgesehen, denen er sich als republikanische Zukunft des Landes präsentieren möchte.

Die beiden Herausforderer dürften aber auch weiterhin im Windschatten des größenwahnsinnigen Trump bleiben, sodass die USA unweigerlich auf eine Wahl zwischen Pest und Cholera zusteuern – falls nicht noch ein Wunder geschieht: Nachdem sich in den aktuellen Meinungsumfragen herausstellt, dass Hillary Clinton Donald Trump im November zwar klar schlagen, doch gegen Cruz oder Rubio verlieren würde,  ist ein radikaler Schwenk im republikanischen Lager nicht mehr gänzlich auszuschließen. Die Karten würden freilich auch neu gemischt werden, falls der frühere New Yorker Major Michael Bloomberg doch als unabhängiger Kandidat anträte. Dann hätte der Immobilien-Tycoon, mit einem geschätzten Vermögen von 4,5 Milliarden Dollar auf Rang 344 der weltweit reichsten Menschen, wohl gegen den fast zehn Mal reicheren Medien-Mogul keine Chance, obzwar letzterem derzeit in den Polls nur ein relativ bescheidenes Ergebnis attestiert wird. 

Der 74-jährige Bloomberg, der locker eine Milliarde in den Wahlkampf stecken könnte, bringt zwar politische Erfahrung mit, ist bei weitem nicht so verrückt wie Trump, aber ob er letztlich auch die 67-jährige Ex-First Lady verhindern würde, ist eher unwahrscheinlich. Mit seiner Kritik, dass das Niveau der laufenden Vorwahl-Prozedur „erschreckend banal“ bzw. „eine Beleidigung der Wähler“ sei, liegt Bloomberg, der New York wie ein gemäßigter Despot regiert hat, jedenfalls goldrichtig. Damit hat er auch den wie üblich sehr langwierigen Abstimmungsprozess quer durch die Staaten ad absurdum geführt, weil dieser ein in politischer Hinsicht völlig irrwitziges Unterfangen ist. Die latenten Spannungen im republikanischen wie auch im demokratischen Lager treten dabei nämlich auf geradezu extreme Weise zu Tage, weil die dabei ausgetragenen Rivalitäten logischerweise zu parteiinternen Spaltungen führen müssen, die oft jahrelang oder gar nicht mehr reparabel sind.

Die Milliarden-Dollar-Schlacht – Hillary Clinton etwa wird laut „New York Times“ schätzungsweise 2,5 Milliarden für ihre Kampagne benötigen  – ist obendrein nichts anderes als ein äußerst kostspieliger Mumpitz. Daher ist es erfreulich, dass Trump seinen Zirkus wenigstens aus der eigenen Tasche begleicht und Bloomberg sich die Befriedigung seiner Eitelkeit ebenfalls selbst finanzieren würde. Das gängige Klischee, dass Präsidentschaftskandidaten mit Hilfe finanzkräftiger Unterstützer etwa aus der Wirtschaft eine Unmenge Geld verpulvern, um sich in Szene setzen zu können, stimmt freilich nicht  in allen Fällen. Die  horrenden Ausgaben etlicher Wahlkämpfer, die als weithin unbedeutende Polit-Fische bloß mitschwimmen wollen,  werden nämlich zu einem beträchtlichen Teil aus Spenden finanziert. Auf diese Weise werden die Wählerinnen und Wähler für dieses sinnlose Spektakel auch noch zur Kasse gebeten. Selbst Hillary Clinton schnorrt ihre Fans auf ihrer Website um fünf, fünfzehn, fünfundzwanzig, hundert oder noch mehr Dollar – je nach Gutdünken – an. Obendrein versucht ihr Wahlkampfteam – so wie die der Mitbewerber – online T-Shirts, Socken, Trainingshosen, Billigschmuck, Kaffeehäferl, Zierpolster,  Buttons, Stickers und anderen Schmonzes zu verscherbeln, um den Wahlkampf finanzieren zu können.

Das personelle Dilemma

Vor dem Finale treten dann aber mit Sicherheit – so wie immer, wenn‘s um die Wurst geht – zahllose freigiebige Polit-Sponsoren in Aktion, die ihrem bevorzugten Kandidaten mit Millionen-Spenden zum Sieg verhelfen möchten. In den USA war und ist es – von John F. Kennedy bis Barack Obama – stets Usus, dass diverse Konzernbosse,  Großinvestoren, Immobilienhaie, Investmentbanker, Hedgefonds-manager, Zeitungsverleger, Casinobetreiber, Filmproduzenten, ja selbst Oscar-Preisträger nicht nur aus purer Begeisterung, sondern auch aus nicht uneigennützigem Kalkül Geld in rauen Mengen fließen lassen, um den nächsten Präsidenten mitküren zu dürfen – der Mammon fixiert schließlich die Machtverhältnisse.

Okay, die Vereinigten Staaten haben selbst die Amtszeit eines Schlitzohrs wie Richard Nixon, eines Hollywood-Mimen wie Ronald Reagan oder eines…. – na lassen wir das besser – wie George W. Bush halbwegs verkraften können. Heuer bahnt sich jedoch eine personelle Katastrophe ersten Ranges an: entweder die frühere Außenministerin schafft mit finanzieller Hilfe etwa des legendären Investors George Soros, von Facebook-Boss Mark Zuckerberg und Microsoft-Boss Bill Gates sowie anderer Top-Kapitalisten ein Comeback ins Weiße Haus  – dann hätte das Land eine Präsidentin, der ein merkwürdiger E-Mail-Skandal ebenso nachhängt wie dubiose Spendenaffären und die obendrein außer schönen Phrasen kein durchdachtes Politkonzept aufzubieten hat; oder Donald Trump, der zur Zeit schon 285 von insgesamt 1.237 erforderlichen Delegierten hinter sich weiß, macht das Rennen, was schon etwas unwahrscheinlicher ist – das wäre dann überhaupt eine Schande für die USA, weil ein Selfmade-Egomane mit krausen Ansichten und ohne jegliche politische Erfahrung  als Präsident so überflüssig ist wie ein rostiger Nagel im Knie.

Bleibt also nur die winzige Hoffnung, dass Michael Bloomberg  doch als unabhängiger Kandidat antritt und die Wahl auch für sich entscheiden kann. Er ist weit und breit der Einzige, dem zuzutrauen wäre, die Rolle des mächtigsten Mannes der Welt zu übernehmen. God bless America…

Die bisherigen Vorentscheidungen

Wie die wichtigsten Kandidaten bislang in 16 Bundesstaaten abgeschnitten haben:

USA bisherige Vorentscheidungen Stand 02.03.2016

 

 

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