Viele BWL- und Geographiebücher lassen beim Thema Planwirtschaft gezielt Diktatur, Massenverelendung und Konzentrationslager weg. So glauben Europas Schüler immer mehr an die Unterlegenheit der Marktwirtschaft. Und der Demokratie.
60% der Ost- und 37% der Westdeutschen halten den Kommunismus für eine gute Idee, die nur schlecht ausgeführt worden sei. Europas junge Generationen an Bildungsabsolventen haben von Planwirtschaft und Kommunismus keine eindeutig schlechte Meinung mehr. Wie jedes andere System hätten sie eben nicht nur Vorteile. Das Volkswirtschaftslehre-Buch des „Trauner Verlages“[1] steht exemplarisch für die moderne Geschichtsfälschung.
Lücken-Presse
Es scheint, als wolle man den Kommunismus durch die Hintertüre von seiner Schuld befreien. Denn geht es in Schulbüchern um die Planwirtschaft – dann immer im (ebenbürtigen) Vergleich mit der Marktwirtschaft.
So als ob die Menschen in der DDR, der Sowjetunion oder der Volksrepublik China je die freie Wahl zwischen den System gehabt hätten. Kein Wort im Trauner Verlag, dass die Menschen in der Planwirtschaft hoffnungslos verarmten, während jene im Kapitalismus reich, gesund und zufrieden wurden. Kein Wort, dass es die Planwirtschaft nur im Kombipaket mit Diktatur, Unterdrückung und (nicht selten mit) millionenfachem Sterben und Morden gab.
In der Planwirtschaft verhungert
Kein Wort, dass Planwirtschaften zu den größten „menschengemachten“ Hungersnöten der Geschichte führten. In der Sowjetunion verhungerten durch die Planwirtschaft 10 Millionen Menschen (so Stalin gegenüber Churchill), andere Quellen sprechen von 20 Millionen Toten[2].
In China führte die Planwirtschaft zwischen 1958 und 1961 zu 50 Millionen Toten – mehr als der Zweite Weltkrieg durch Deutschland forderte (ca. 44 Millionen). In Nordkorea verhungerten 2 Millionen, in Indien verarmte ein halber Kontinent (bis 1991).
Nicht Gemeinwohl-orientiert? Konzentrationslager.
Kein Wort erfährt man, dass Planwirtschaften mit den größten Menschenabschlachtungen des 20. Jahrhunderts einhergingen. In der „Chinesischen Kulturrevolution“ erschoss man 10 Millionen Menschen (öffentlich in Innenstädten), wenn man ihnen nachweisen konnte, selbstständig, dezentral und unternehmerisch gehandelt zu haben. Aus den gleichen Motiven zwang man 32 Millionen Menschen in die Konzentrationslager der Sowjets („Gulags“) – zwischen neun und 20 Millionen überlebten dies nicht[3][4].
In den KZ der „Rothen Khmer“ mussten Familienväter ihre Kinder mit Eisenstangen erschlagen, bevor sie selber erschlagen wurden – wenn sie Profitgierig oder Eigenwohl-orientiert waren. 2,2 Millionen ermordete man, in Nordkorea waren es 2 Millionen.
Kein Hollywood
Über diese Tragödien erfährt Europas Jugend nur mehr zufällig. Sie glaubt, die deutschen KZs wären die einzigen der Weltgeschichte gewesen. Denn über die Konzentrationslager linker Sozialisten gibt es weder Hollywood-Filme, noch arbeiten Gesellschaften deren Verbrechen auf. Stattdessen schwärmt der Trauner-Verlag von den Vorteilen von Planwirtschaft (und damit Kommunismus):
· „Das Gemeinwohl wird mehr berücksichtigt“
Tatsächlich schwärmten von diesem sozialistischen Evergreen aber schon die nationalen Sozialisten in ihrem „25-Punkte-Programm der NSDAP“. Den Slogan „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ prägte man ab 1933 auf zahlreiche Reichsmark-Münzen.
· „Hohes Beschäftigungsniveau“
Der DDR-Propagandaspruch war erstunken und erlogen. Die hohe Frauen-Beschäftigung war gewaltsam erzwungen. Tausende „Arbeitsscheue“ saßen in Lagern und Gefängnissen. Bis zu 10% der Bevölkerung mussten in Militär, Polizei und Geheimdienst die eigenen Bürger in Schach halten.
· „Höhere Preisstabilität“
Auch das nur Propaganda. Tatsächlich durften die Preise aus politischen Gründen nicht steigen. Deshalb fuhren geschätzte 90% aller sozialistischen Verluste ein.
Bezahlt wurden diese durch die größte Plünderung der Natur in der Menschheitsgeschichte. Die Sowjetunion war der weltgrößte Exporteur von Erdöl, Erdgas, Eisenerz, Kohle und Strom – um mit den Milliardenprofiten die Verluste seiner Planwirtschaft zu bezahlen.
Zwar liest man bei Trauner auch von Nachteilen in der Planwirtschaft („Individuelle Wünsche werden kaum berücksichtigt“), aber sie stehen auf derselben Höhe wie die vielen Vorteile.
Vorbild DDR
Die Vorteile der Planwirtschaft unterstützt ein „Zeit“-Artikel[5] über die DDR von 1978. Schon der Titel, „Wir produzieren keinen Überfluss“ kann von einer „ökonomisch dumm gehaltenen“ Jugend nur als Vorteil gegenüber der Marktwirtschaft empfunden werden. Werden junge Menschen doch seit frühem Kindesalter an ökologisch „alarmisiert“ (Stichwort „Club of Rome“).
Tatsächlich erfährt man etwas von der schlechten Versorgung der Menschen in der DDR. Aber auch warum: Die Plan-Wirtschaft wäre so basisdemokratisch gewesen („Alle“ hätten bei der Produktion mitreden dürfen – Arbeiter, Gewerkschafter, Experten, Politiker, Verbraucher, Ökologie). Darum hätte es halt etwas länger gedauert, bis die Waren bei den Menschen waren. Und natürlich wäre „man gegen Bürokratismus“ gewesen. Und der Leiter des DDR-Kombinates, Dr. Montag schwärmt: „Bei uns fliegt keiner raus, wenn er nicht ganz so gut arbeitet!“.
Wie ökologisch nachhaltig die DDR schon damals gewesen sein musste, erfahren die Schüler am Ende des Artikels, als der Werksleiter philosophiert: „Lieber weniger Autos und dafür andere Sachen, die wichtiger sind. Aber so weit sind wir noch nicht!“
Kein Wort davon, dass die DDR im Schmutz der Kohlenkraftwerke zu ersticken drohte.
Am Ende darf man im Trauner-Verlag dann noch Fragen ausarbeiten. Etwa: „Acht von zehn Österreichern wünschen sich laut Bertelsmann-Stiftung (2012) eine neue Wirtschaftsordnung. Zwei Drittel glauben nicht an die Selbstheilungskräfte des Marktes. Wie könnte einen neue Ordnung aussehen?“
Vielleicht liegt es an Schulbüchern wie diesem, dass die Menschen nicht die Wahrheit über Kommunismus, Planwirtschaft und Kapitalismus erfahren?
Am Ende des Artikels hat man jedenfalls das Gefühl: Schade, dass der Kommunismus nicht optimal umgesetzt worden ist – menschlicher, ökologischer und demokratischer war kein System je zuvor. „Unsere Kapitalismus“ am allerwenigsten.
[1] „Praxisblicke Betriebs- und Volkswirtschaft“, mehrere Autoren, 2012, S. 43ff
[2] „Die Kollektivierung“, www.bauernhilfe-russland.de, abgerufen am 7.11.2015
[3] „Aufbruch aus dem GULAG?“, S. 481 f, In: Das Spezkontingent, Suslov, S. 92; Zahl der Gulag-Toten bei Applebaum: Der Gulag, S. 619
[4] Nach Wadim Erlikman 9 Millionen Tote, nach Dimitri Wolkogonow 20 Millionen
[5] „Wir produzieren keinen Überfluss“, 31.3.1978