Die ungelöste europäische Schuldenkrise, die Kriegsgefahr im Nahen Osten, die Papiergeld-Schwemme: Anleger setzen in diesem Umfeld weiterhin auf Sachwerte. Doch auch die haben ihre Tücken. Gold oder Wein, Wald oder Kunst? Der folgende Beitrag gibt einen aktuellen Überblick über die wichtigsten Vor- und Nachteile der einzelnen Sachwert-Assetklassen.
[[image1]]Totgesagte leben länger. Es ist gerade einmal ein paar Wochen her, dass Anlegern, die in Gold und Silber investiert hatten, mächtig Angst gemacht wurde. Die Edelmetall-Rallye sei vorbei, der Crash in der ersten Jahreshälfte erst der Anfang einer rasanten Talfahrt, hieß es. Doch gerade die privaten Anleger, die in physisches Gold und Silber investiert hatten, ließen sich kaum beeindrucken. Viele von ihnen nutzten sogar den markanten Preisrückgang und stockten ihre Bestände auf. Große Edelmetallhändler in Österreich und Deutschland berichten denn auch von einer starken Nachfrage.
Tatsächlich hat es sich gelohnt, eben nicht auf die vermeintlichen Experten zu hören. Denn in den vergangenen Wochen hat sich der Gold- und Silberpreis deutlich erholt, wobei Silber sogar noch besser performte als das gelbe Edelmetall. Dafür gibt es einen einfach nachvollziehbaren Grund: Während Gold überwiegend gehortet oder zu Schmuck verarbeitet wird, spielt Silber auch in der industriellen Produktion eine wichtige Rolle. Hellen sich die weltweiten Konjunkturaussichten auf, steigt in der Regel der Silberpreis.
Höhere Steuern für Silbermünzen
In der zweiten Jahreshälfte könnten die deutschen Silberhändler zusätzlich von einer vorübergehenden Sonderkonjunktur profitieren. Bundestag und Bundesrat haben nämlich im Juni einer Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Silbermünzen zugestimmt. Bisher mussten in Deutschland für Silberbarren zwar 19 Prozent Mehrwertsteuer gezahlt werden, für Silbermünzen waren aber nur 7 Prozent zu berappen. Das führte zu dem kuriosen Umstand, dass kiloschwere Silbermünzen geprägt wurden. Doch damit ist es nun bald vorbei. Ab 1. Januar 2014 muss der Anleger für Silbermünzen den Regelsteuersatz von 19 Prozent zahlen. Bis dahin aber können in- und ausländische Silberfreunde noch günstig Münzen erstehen.
Der gigantische Papiergeld-Tsunami, mögliche weitere Hiobsbotschaften aus den europäischen Problemstaaten und nicht zuletzt geopolitische Risiken wie die aktuelle Syrienkrise haben das Interesse der Anleger an Sachwerten wieder zusätzlich gestärkt. Edelmetalle, Aktien und Immobilien sind die Klassiker unter den Sachwerten. Doch empfiehlt es sich, auch ein Sachwerte-Portfolio breiter zu streuen, denn natürlich weist jeder Sachwert ganz spezifische Vor- und Nachteile rund um die Bewertungskriterien Performance, Flexibilität, Fungibilität, Diskretion und Transparenz auf.
Aktien zum Beispiel sind sehr fungibel. Man kann sie börsentäglich per Mausklick kaufen und verkaufen. Der Verkauf einer Immobilie hingegen kann sich über Wochen und Monate hinziehen. Dafür hat die Immobilie einen hohen praktischen Nutzen: Man kann selbst in ihr wohnen und sie als Altersversorgung nutzen, oder aber das Objekt vermieten. Edelmetalle und Edelsteine lassen sich bis zu einem Grenzbetrag in der Regel (noch!) anonym kaufen und verkaufen, was bei Aktien und Immobilien nicht möglich ist. Und mit einem gefassten Einkaräter um den Hals kann man leichter eine Grenze passieren als mit einem Picasso unterm Arm.
Bordeaux und Burgunder besser als Tages- und Festgeld
Neben den Klassikern unter den Sachwerten gibt es zahlreiche exotische Alternativen, die aber ein hohes Maß an Know-how voraussetzen. Berühmte und hochklassige Weine aus Bordeaux und Burgund legten in den vergangenen Jahren eine geradezu berauschende Performance hin. Der in London notierte Liv-ex Wine 100-Index, der die Preisentwicklung von 100 Top-Weinen abbildet, stieg zwischen dem 1. Januar und 31. Juli um 4,68 Prozent. Sicher immer noch ein gutes Ergebnis, wenn man es mit den aktuellen Renditen für Tages- oder Festgeld vergleicht, doch die Zeit der großen Sprünge scheint zunächst einmal vorüber zu sein.
Gleiches gilt für Spirituosen, die in der Vergangenheit ebenfalls hochprozentig zulegten. „Die Preise für erstklassige Jahrgangs-Whiskys sind innerhalb von drei Jahren zwischen 100 und 300 Prozent gestiegen“, weiß Stefan Sedlmeyr, Sommelier und Geschäftsführer des Auktionshauses Munich Wine Company. Also nichts wie rein in die hochprozentigen Sachwerte? Sedlmeyr rät zur Vorsicht: „Die Preise für edle Cognacs und alte Malt-Whiskys sind aus meiner Sicht ausgereizt. Wer sich vor ein paar Jahren einige der begehrten Flaschen sichern konnte, sollte jetzt Kasse machen, denn kurz- bis mittelfristig ist nicht mehr viel Potenzial vorhanden“.
Um bei ihrer Geldanlage auch in schwierigen Zeiten nicht auf dem Holzweg zu sein, entscheiden sich viele Investoren für Wald und Farmland. „Einschlägige Indizes belegen, dass die Preise für Ackerland und für Wälder in der Vergangenheit bereits deutlich stärker gestiegen sind als Aktienkurse“, heißt es in einer aktuellen Untersuchung der deutschen Berenberg Bank. Doch wird es für die Fondsmanager immer schwieriger, viel versprechende Waldflächen zu finden, die eine attraktive Rendite erwarten lassen. In Österreich, der Schweiz und Deutschland zum Beispiel sind Waldflächen inzwischen viel zu teuer, in Kroatien und Rumänien fürchten Fondsbetreiber hohe bürokratische Hürden und Korruptionsrisiken.
Kunst – reine Geschmackssache
Bleibt die Kunst, die nicht nur Renditen, sondern zudem einen emotionalen Mehrwert verheißt. In der Tat sind die Werke zeitgenössischer Künstler in den vergangenen Jahren zum Teil atemberaubend im Wert gestiegen. Der Nachteil: Von den Großen Meistern einmal abgesehen, hängt die Performance der Kunst in starkem Maße von der Geschmacksentwicklung in der Gesellschaft ab. Niemand weiß, ob das Werk eines zeitgenössischen Künstlers, das heute für einen fünf- oder gar sechsstelligen Preis seinen Besitzer wechselt, in zehn Jahren noch gefragt sein wird.
Gerade bei exotischen Investments sollte daher immer auch die emotionale Rendite eine Rolle spielen. Ansonsten gilt, wie bei jeder Form der Kapitalanlage, die simple Maxime: Lege nie alle Eier in ein Nest.
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