Immer wieder spotten Österreichs unterdurchschnittliche PISA-Ergebnisse den hohen Bildungsausgaben. Bei Utopie und Politik hingegen gibt es große Erfolge.
[[image1]]Österreichs Bildungssystem steckt heute zwischen dem Ideal des großbürgerlichen Gymnasiums (des 19. Jahrhunderts) und der ideologischen Spielwiese verkrampfter 68er-Ideologen. Finanziert wird es aus den Früchten, die das erfolgreiche „duale Ausbildungssystem“ abwirft.
Schreibtisch-Utopisten in Ministerien
An den Schaltstellen europäischer Unterrichtsministerien sitzen heute viele „Alt-68er“. Für sie liegt es an externen Faktoren wie den falschen Unterrichtsmethoden oder einem differenzierten Schulsystem, wenn aus „Arbeiterkinder“ keine „Uni-Professoren“ werden. Den Gedanken, dass Bildung und Erfolg so erblich sind wie die Intelligenz selber, verabscheuen sie.
Lieber testen sie immer mehr und immer noch abgehobenere Lehr- und Lernmethoden. In ihrer Hektik verwerfen sie dabei oft Altbewährtes. Damit setzen sie die Eltern weniger talentierter Kinder aber unbeabsichtigt immer stärker unter Druck – denn trotz der Inflation von Schulversuchen verharren die Aufsteigerzahlen von Unterschichtsangehörigen im Keller.
Neu Mittelschule vs. High School
Länder wie die USA schaffen es, das System für untere Bildungsschichten durchlässiger zu machen. Das erreichen sie aber nur, weil sie das Niveau ihrer High School abgesenkt haben. Dafür gelingt es aber, sozial abgekoppelte Schichten („Minorities“) zumindest bis zur High School zu führen. Die US-Gesamtschule muss weniger Lehrinhalte vermitteln denn Schlüsselfaktoren wie Pünktlichkeit, Lesen oder den Ablauf eines strukturierten Tages.
Österreichs „Neue Mittelschule“ scheint dem US-Vorbild zu folgen. Dabei wäre die neue gemeinsame Unterstufe ja gelungen, wenn man nur das Leistungsgruppen-Prinzip aus der Hauptschule übernommen hätte. Nun sitzen aber alle in derselben Klasse – Spitzenschüler ebenso wie intellektuell völlig Überforderte. Die Klassen sind heute sogar noch größer als damals in der Hauptschule – haben dafür aber zwei (!) Lehrer, die sich (in der Praxis) aber nur gegenseitig blockieren.
Egalitäres Mittelmaß
Der utopische Ansatz, die stärker Talentierteren würden die weniger Talentierten im Team-Teaching bereitwillig unterstützen, ist realitätsfern: „Gute“ Kinder sagen „schlechteren“ Schülern einfach die Lösung, weil sie „in Ruhe gelassen werden möchten“. Sie erklären den Schwachen die Probleme nicht – und das ist eigentlich auch ihr gutes Recht. Sie selber würden lieber mehr gefordert werden, stattdessen schlagen sie die Zeit tot.
Das österreichische Bildungssystem lenkt aus ideologischen Gründen seine Kraft auf die Förderung des untersten Drittels (um dabei zu scheitern) – und vergisst dabei auf das oberste. Spitzenforscher rekrutieren sich international aber immer nur aus dieser Elite.
Eltern, die ihre begabten Kinder fördern wollen, müssen auf (ausländische) Privatschulen zurückgreifen. Es gibt keine offiziellen Zahlen, es müssen aber Tausende Österreicher sein, die jährlich anglosächsische Eliteschulen oder Unis besuchen.
Weltniveau bei Handwerk
Dabei ist die Matura- und Akademikersucht unserer Gesellschaft grundsätzlich zu hinterfragen. Ländern wie Österreich oder Deutschland geht es deshalb so gut, weil sie über eine „gelernte“ Arbeiter-Mittelschicht verfügen, nicht weil sie 2.000 Kultur- und Sozialanthropologie-Studenten haben.
Österreichische Handwerker räumen bei internationalen Handwerker-Bewerben und Olympiaden regelmäßig Preise ab. Es sind die technischen Lehrberufe wie Schweißer, Schlosser und Maschinenbauern, welche heimische Produkte auf Weltniveau entstehen lassen.
Ideologie statt Leistung
Wo Österreich hingegen stark ist, ist bei der Ideologie. Kein Schuldirektor, der nicht einer Partei „nahe stünde“. Erfrischend die Entscheidung der ehemaligen Salzburger Frauenbeauftragten von der SPÖ, sich bei einem HAK-Direktoren-Hearing gegen die erstgereihte (aber leider „bürgerliche“) Frau und stattdessen für den zweitgereihten Mann, einen verdienten Sozialdemokraten, zu wenden.
Landesschulräte sind paritätisch besetzt – nach jeder Landtagswahl beginnt das große Sesselrücken.
Vorzeigemodell BHS
Österreichs „berufsbildende Schulen“ („BHS“) als Gegenmodell zur AHS sind hingegen europaweit ein Erfolg. HAK-, HTL- und Tourismus-Absolventen haben kein Problem beim Berufseinstieg. Laut Thomas Mayr vom Institut für Bildungsforschung spiegelt sich das auch im Einkommen wider: Das bestverdienende Viertel der BHS-Absolventen verdient mehr als die Hälfte der Hochschulabsolventen.
Umso trauriger, dass die aktuelle Lehrplanreform von Ex-Bilungsministerin Schmidt gerade hier bei den kaufmännischen Fächern spart – zugunsten AHS-affiner Gegenstände wie Sprachen oder Deutsch.
Die Bildungssituation ist nicht bedrohlich, aber sie ist nicht zukunftsfähig. Die Zahl der Lehrlinge geht zurück, dafür studieren 90% der AHS-Absolventen. Und zwar Fächer, die der Allgemeinheit Ressourcen kosten anstatt welche neu zu schaffen. Inzwischen dämmert die heimische Hochbegabten-Riege und wartet darauf, endlich wachgeküsst zu werden.
Was uns aber schon heute schadet, sind die wirtschaftsfeindlichen und lebenspessimistischen Einstellungen, die viele Schulen an unsere Jugend weitergeben. Hier hilft kein Förderprogramm, sondern ein charakterstarker Bildungsminister. Aber der ist weit und breit nicht zu sehen.
Bild: S. Hofschlaeger / www.pixelio.de