Samstag, 21. Dezember 2024
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Goldesel Hypo V – Berater nach der Verstaatlichung

„Berater“ im weitesten Sinne standen und stehen immer schon im Zentrum der Gunstbezeugung der Mächtigen und Entscheidungsträger – sofern sie sich als diskretes und flexibles Werkzeug einsetzen lassen. Vor der Verstaatlichung der HAA fanden sie ihr wesentliches Betätigungsfeld als Vermittler und Verteiler von Mitteln, die Kunden von der HAA zur Verfügung gestellt wurden – siehe Hans im Glück Nr. 2. Damit wurden sie nicht – direkt – bilanzwirksam.

[[image1]]Heute geht es um die nach der Verstaatlichung eingesetzten Berater, deren Wirken in den Bilanzen der HAA nachzuvollziehen ist. Ein Artikel des Wirtschaftsblattes Ende November 2013 nannte die Summe von € 300 Millionen an Beratungskosten für die HAA. Dies erschien dem Autor so unfassbar hoch, dass er

1) die Zahlen in den Bilanzen nachprüfte und
2) einen Artikel zu diesen und anderen „kleinen Ungereimtheiten“ zum Thema HAA verfasste.

Der folgende Satz fiel damals der redaktionellen Kürzung zum Opfer: „Die Angaben zum Stundensatz lassen auf Insider-Informationen schließen, auch wenn die Summe nicht zur Gänze aus den Bilanzen abgeleitet werden kann.“

Prompt erfolgte eine Entgegnung durch den Pressesprecher der HAA, Herrn Nikola Donig, der die Aussagen des Artikels als „jeder Grundlage entbehrend“ bezichtigte, Die Aufwendungen der HAA für Beratungspositionen beliefen sich nämlich „nur“ auf € 215 Mio.! Nun, auf diese Zahl kam der Autor auch – nur für die HAA. Bezieht man im Zusammenhang mit der HAA getätigte Berater-Aufwendungen anderer Institutionen ein, erscheinen die € 300 Mio. plausibel. Beispiele: Das Bundesministerium für Finanzen hat sicher Berater eingesetzt, wahrscheinlich auch die Nationalbank.

Man stelle sich doch wirklich vor, welche Beratungsleistungen am freien Markt erbracht werden müssten, um eine solche Höhe zu rechtfertigen!

Dazu ein paar Beispiele:

1. Wäre die HAA eine Bank ohne Probleme, so könnte für das Stammkapital in Höhe von € 2 Mrd. ein Verkaufspreis von etwa € 3 Mrd. erzielt werden. Ein großzügig bemessenes Erfolgshonorar für den Verkaufsberater beliefe sich auf etwa 0,5% – in Zahlen € 15 Mio. Die bisherigen Beratungskosten entsprechen somit dem 20-fachen Erfolgshonorar für einen optimalen Verkauf!
2. Die Vorbereitung auf einen Verkauf würde etwa € 2-3 Mio. kosten, somit – im Normalfall – gleich 100 Mal durchgeführt werden können.
3. Um € 300 Mio. könnten professionelle Berater den Aufbau von 2-3 neuen Banken begleiten.

Dabei ist es nicht so, dass die HAA Beratungsleistungen am freien Markt und somit zu marktüblichen Konditionen nachfragen würde. Etliche Berater-Kollegen, die ihre Leistungen der HAA im Verlauf der letzten Jahre angeboten haben, berichten, dass von ihnen enorme Vorleistungen abgefragt wurden, obwohl im Nachhinein klar war, dass eine Beauftragung niemals ernsthaft erwogen wurde.

In dieses Sittenbild passt die Aussage eines ehemaligen Insiders: „Es ist unfassbar, wie Honorare ins Ausland verbracht werden. Das Prinzip ist immer das Gleiche: Junge österreichische Uni-Absolventen jetten zwischen Frankfurt, Klagenfurt und Wien. Dabei vollbringen sie meist einfache Routine- und Standardtätigkeiten von hohem repetitiven Charakter. Verrechnet werden diese über ausländische Beratungsunternehmen zu exorbitant hohen Sätzen.“

Überhöhte Honorare werden aber nicht aus reiner Nächstenliebe gezahlt. In der realen Welt der „Koalition zulasten Dritter“ müssen die Günstlinge eine Reihe von Gegenleistungen erbringen:

– In der Vergangenheit wurden immer wieder Fälle bekannt, dass ein Teil des „Mehrerlöses“ weitergereicht werden muss – sei es durch Beschäftigung von Sub-Beratern, sei es durch Unterstützung „wohltätiger Zwecke“. Ob dies im Falle der Hypo-Berater der letzten Jahre gilt, ist dem Autor nicht bekannt.
– Auf jeden Fall muss der Berater seinem Geschäftsherrn zur Verfügung stehen, wenn es gilt, diesem genehme Aussagen mit „Expertenmeinung“ zu untermauern. Nur so ist es zu verstehen, dass gerade im Zusammenhang mit der HAA zahlreiche „Experten“ aufgeboten wurden, die zwar in ihrem Fachgebiet durchaus Spezialisten sind, mit Bankensanierung oder Insolvenzrecht jedoch nie zu tun hatten – und meist nicht einmal die Bilanzen der HAA gelesen hatten.

Wie heißt es doch so schön: „Ist der Ruf einmal ruiniert, lebt es sich völlig ungeniert.“ Oder anders: „Die Meinung der Experten-Kollegen ist nicht so wichtig. Hauptsache, der Gunstverteiler ist zufrieden.“

Dabei handelt es sich bei den Berater-Kosten nur um einen sehr kleinen Aspekt des angerichteten Schadens, also knapp 3%; und ein Teil davon ist wahrscheinlich sogar gut investiertes Geld. Ärgerlich ist nur die Art und Weise, wie zulasten Dritter sogar diese kleine Nebenfront zur Umverteilung benutzt wird.

Eine Insolvenz der HAA hätte mehrere Vorteile gebracht:

– Sie hätte diese Umverteilung beendet.
– Ab dem Zeitpunkt der Eröffnung hätten sich mehrere Stellen mit allfällig nötigen Beratungs-Dienstleistungen befasst, allen voran das Insolvenzgericht sowie der Gläubigerausschuss. Man darf sicher sein, dass ab diesem Zeitpunkt marktübliche Honorare die Regel gewesen wären.
– Außerdem hätte sich das Insolvenzgericht mit der Rückforderung überzahlter Beraterleistungen beschäftigen bzw. die entsprechenden Rechtsverfolgungsbehörden einschalten können.

Die österreichische Bundesregierung hat aber beschlossen, nicht den rechtsstaatlichen Weg einer Insolvenz zu gehen, sondern eine „Anstaltslösung“ gewählt, in der mit einer Fortsetzung der Gepflogenheiten der letzten Jahre zu rechnen ist.

Dies zeigt sich schon beim ersten Schritt zur Anstaltslösung:

Mit der Verkündung der Anstaltslösung wurde verlautbart, dass man Berater zu ihrer Konzeption und Umsetzung suche.
Schon 14 Tage danach wurde durch die ÖIAG beschieden, dass die Ausschreibung geschlossen sei und eine „verbindliche short-list“ vorliege. Ausschreibungsunterlagen wurden erst gar nicht zur Verfügung gestellt.

Außerdem wurde sehr deutlich gemacht, dass österreichische Berater nicht erwünscht wären. Sie dürfen sich bestenfalls als „Sub-Lieferanten“ zu „internationalen Top-Beratern“ diesen andienen. Mit letzteren waren vor allem Berater aus Deutschland und England gemeint. Woher nehmen Berater, die in Frankfurt oder London sitzen, die spezielle Expertise, die es für eine Lösung nach österreichischem Recht braucht? Mehr als „Aufpasser“ über die erforderlichen österreichischen Spezialisten könnten sie gar nicht geben. Warum vergibt man den Auftrag nicht an die lokalen Experten?

Drei konkrete Fragen:

1. Wie kann man eine Ausschreibung über ein so wichtiges Thema innerhalb von 14 Tagen durchführen, von der Formulierung bis zur short-list?
2. Wie wurden die Vergabe-Richtlinien eingehalten? Das Finanzministerium ist ja immer sehr rasch mit Aussendungen zur Hand, in denen es die korrekte Abwicklung und Einhaltung der Vergaberichtlinien betont – selbst wenn es damit Grundregeln des Hausverstandes widerspricht.
3. Bei Verfassen dieses Artikels stand der Gewinner der Ausschreibung „offiziell“ noch nicht fest. Heißester Kandidat war zu diesem Zeitpunkt eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bank. Wie verträgt sich das mit den Objektivitätskriterien einer Ausschreibung? Immerhin ist die Deutsche Bank jenes Finanzinstitut, das bisher am meisten  an der HAA verdient hat (siehe Artikel Hans im Glück Nr. 15)! Und auch bei der zukünftigen Abwicklung der Problembank könnte dieses Institut massives Eigeninteresse haben.

Stichwort Ausschreibung:
Allein aus diesem Titel ließen sich wahrscheinliche einige der Beratungsverträge der letzten Jahre anfechten und zumindest „korrigieren“. Wenn man das wollte …

 

Lesen Sie auch: Goldesel Hypo IV – Aufsichts- und sonstige Räte (inkl. Task Force & Griss-Kommission)

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