Die umstrittene Verstaatlichung der Betreuung und Rechtsberatung von Asylwerbern könnte vielleicht doch nicht kommen, hoffen die derzeit noch damit betrauten Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Wie „Die Presse“ am Freitag berichtete, hat Übergangsjustizminister Clemens Jabloner die Verträge mit den NGOs nicht gekündigt. Nun muss die kommende Bundesregierung entscheiden.
Stattdessen einigten sich Justizministerium und NGOs auf eine kürzere Kündigungsfrist der Verträge auf zehn Monate. Die neue Regierung kann also im Februar entscheiden, ob sie die Verträge tatsächlich langfristig kündigt – oder eben nicht. Auf diese Weise müsste man nicht alles neu ausschreiben, falls die künftige Koalition die Pläne von Türkis-Blau nicht fortsetzen möchte, hieß es unter Berufung auf das Justizressort.
Im Nationalrat beschlossen worden war die Übertragung an eine Bundesagentur für Betreuungs-und Unterstützungsleistungen (BBU) mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ am 16. Mai 2019 – einen Tag, bevor die Ibiza-Affäre hochging, die die Koalition sprengte. Während die Opposition die Ausschaltung der NGOs und eine Einschränkung der Flüchtlingsrechte geißelte, frohlockten Schwarz und Blau über effizientere Verfahren und Maßnahmen gegen die „Asylindustrie“. Herbert Kickl (FPÖ), damals noch Innenminister, sah Restriktivität als seinen Auftrag.
In der BBU sollte das Innenministerium das Sagen haben, genauso wie im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, das über Asylanträge entscheidet. Im selben Haus würde man also über den Schutzstatus von Menschen entscheiden und gleichzeitig diesen Menschen bei Beschwerden gegen die Entscheidung beraten, argumentierten Kritiker des Gesetzes. So sei kein unabhängiges Angebot möglich.
Auch der frühere Justizminister Josef Moser (ÖVP) war zunächst skeptisch. Zu undurchdacht seien die Pläne des Innenministeriums anfangs gewesen. Vor einem Jahr fasste er einen ähnlichen Entschluss wie sein Nachfolger Jabloner heute: Er kündigte die Verträge mit den NGOs nicht. Es folgte einer der ersten öffentlich ausgetragenen Konflikte zwischen den Koalitionspartnern ÖVP und FPÖ.
Denn in den Verträgen sind lange Kündigungsfristen von einem Jahr vorgesehen. In der Folge einigten sich Moser und Kickl auf einige wenige Änderungen im Gesetzesvorschlag. Laut der neuen Regelung, die letztendlich beschlossen wurde, müsste die BBU ab 2021 die Beratungen übernehmen. Die Verträge hätten dementsprechend jetzt gekündigt werden müssen.
Quelle:
APA, 30.12.2019, https://www.apa.at/Site/News.de.html?id=6452372452