Dienstag, 5. November 2024
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Auch in Südtirol geht der Trend nach Mitte-Rechts

Bild © CC0 Creative Commons, Pixabay (Ausschnitt)

Ähnlich wie in Österreich kommt es nun auch in Südtirol zu einer Mitte-Rechts-Koalition, nämlich der konservativen Sammelpartei SVP mit der rechtspopulistischen LEGA.

Mitte-Rechts liegt im europäischen Trend. Dieses Faktum anzuerkennen, fällt offenbar manchen in der Medienwelt nicht leicht. Denn dass es heute zur Unterzeichnung der Regierungsvereinbarung zwischen der Südtiroler Volkspartei und der LEGA kommt, findet außerhalb Tirols in den Medien kaum einen Niederschlag. So als wollte man dieses Faktum einfach negieren. Tatsächlich wird damit die Legitimation der Regierungsfähigkeit jener Parteien unterstrichen, die zwar am so genannten rechten Flügel der Gesellschaft angesiedelt sind, aber innerhalb des so genannten Verfassungsbogens agieren. Sie in die Regierungsverantwortung einzubinden und damit Verantwortung zu tragen, ist wesentlicher Teil des demokratischen Selbstverständnisses.

Wähler sorgten für Wende

Dass es dazu kam, hat freilich etwas mehr Zeit als geplant in Anspruch genommen. Vor zweieinhalb Monaten kam es bei den Landtagswahlen in Südtirol zu einer ähnlichen Entwicklung wie derzeit laufend in vielen europäischen Staaten: Starke Gewinne für die Rechtspopulisten, in diesem Fall für die LEGA, schwere Verluste für die sozialdemokratisch orientierte Partei Partito Democratico (PD). Die an sich konservative Südtiroler Volkspartei, Sammelpartei der deutschsprachigen Südtiroler, bekam die Rechnung für ihren Flirt mit Links und auch der SPÖ serviert, musste bittere Stimmenabgänge verzeichnen,  behielt aber die relative Mehrheit. Damit war die seit 1945 das Land regierende Partei gefordert, sich – so sieht es das Autonomiestatut vor – einen neuen italienischen Regierungskompagnon zu suchen.

Zwang zu neuer Partnersuche

Seit zwei Legislaturperioden hatte die SVP, die auf europäischer Ebene übrigens eng mit der Europäischen Volkspartei verbunden ist, zum Wahlkampfauftakt eigenartigerweise den damals noch im Amt befindlichen SPÖ-Vorsitzenden Christian Kern einlud,  im Land ein Regierungsbündnis mit der Mitte-Links-Partei PD geschlossen. Das freilich hing damit zusammen, dass man in den letzten Jahren mit der PD gute Erfahrungen gemacht hatte. Im Gegensatz etwa zu Silvio Berlusconis Forza Italia, durfte man bei Matteo Renzi und seinen Vorgängern sicher sein, in punkto Anerkennung der Sonderrechte gut aufgehoben zu sein. Das Stimmverhalten der Wähler hatte freilich nun dazu geführt, dass die SVP gemeinsam mit der PD nicht mehr über die erforderliche absolute Mehrheit verfügt, um eine Landesregierung zu bilden.

Gute Erfahrungen mit der EU

Daher war die SVP gefordert sich nach einem neuen Partner umzusehen. Bereits nach der Wahl stand für Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder fest, dass aufgrund der realen Situation in Italien, nur ein Bündnis mit der LEGA in Frage kommt. Was innerparteilich so nicht ganz der Fall war. Gegen die LEGA gab es nämlich Vorbehalte. Diese betrafen unter anderem deren Nähe zur FPÖ, die für so manche Querelen im Lande gesorgt hatte. Ernste Bedenken gab es aber vor allem bezüglich der EU-kritischen Ausrichtung der LEGA. Gerade in Südtirol hatte man aber mit eben dieser EU sehr gute Erfahrungen gemacht. Dazu zählt insbesondere die Europa-Region Tirol-Südtirol-Trentino, die das vor 100 Jahren nach dem Ersten Weltkrieg widernatürlich getrennte Land wieder zusammenführte.

Ein überzeugendes Regierungsprogramm

Landeshauptmann Arno Kompatscher und seinem Parteiobmann Phillip Achammer ist es jedenfalls in rund 10 Wochen Verhandlungen gelungen, nicht nur die LEGA auf SVP-Linie zu bringen sondern auch ein gutes Regierungsprogramm auf die Beine zu stellen. Was sich allein darin widerspiegelt, dass sogar Paul Köllensperger, Chef der nun stärksten deutschsprachigen Oppositionspartei im Südtiroler Landtag meinte: „Das Regierungsprogramm lässt sich recht angenehm lesen“. Bloß die Grünen ließen, wie erwartet daran kein gutes Haar. Dafür konnten Kompatscher und Achammer die eigene Partei überzeugen. Mit 503 JA-Stimmen, keiner einzigen NEIN-Stimme und nur 16 Enthaltungen wurde grünes Licht für den Abschluss einer Regierungsvereinbarung mit der LEGA gegeben.

Parlamentsreform als Stolperstein

In den letzten Tagen gab es freilich noch einiges an Aufregung. Grund war, dass die Regierung in Rom an einer Parlamentsreform arbeitet. So will man, was übrigens auch schon Ex-Präsident Renzi verfolgt hatte, dafür aber bei einer Volksabstimmung keine Mehrheit bekam, die Zahl der Abgeordneten im römischen Parlament drastisch kürzen. Davon wäre auch Südtirol durch die Kürzung der Zahl der dem Land zustehenden Senatssitze von drei auf zwei betroffen gewesen. Dies wiederum wäre eine Verletzung des Autonomie-Status gewesen, was sofort Bundeskanzler Sebastian Kurz und Außenministerin Karin Kneissl auf den Plan rief, die italienische Regierung vor einem solchen Schritt eindringlich zu warnen. Und LEGA Chef Matteo Salvini sorgte rasch für eine Korrektur.

Mehr Autonomie auch für Italiens Provinzen

Der Initiator des Gesetzentwurfs, Senatsvizepräsident Roberto Calderoli, versicherte umgehend Landeshauptmann Kompatscher, dass die Südtiroler Autonomie unangetastet bleibt. Soll heißen, es kommt zu einem Änderungsantrag, wonach Südtirol und dem Trentino auch weiterhin jeweils drei Senatoren im römischen Parlament zustehen. Dafür kam etwas Weiteres ans Licht. Salvini ließ nämlich verlauten, dass die Südtiroler Autonomie als Vorbild für andere italienische Regionen dienen soll, die ebenfalls – wie etwa das Friaul oder der Belluno – nach mehr Eigenständigkeit und weniger Abhängigkeit von Rom verlangen. Auch diesbezüglich sei ein Gesetzesvorschlag in Vorbereitung, wurde nun bekannt.

Doppelte Sprachkenntnisse für Migranten

Auffallend beim Südtiroler Regierungsprogramm ist, dass ähnlich wie in Österreich, in einer Präambel ein gemeinsames Bekenntnis zu einem Europa der Völker, Volksgruppen und Regionen sowie zum Euro abgelegt wird. Und auch eine Passage zur Migration fehlt nicht. So heißt es ausdrücklich, dass Sprachkenntnis der Schlüssel zur Integration ist. Zuwanderer nach Südtirol sollten daher beide Landessprachen, nämlich deutsch und italienisch, in einigen Tälern auch noch ladinisch erlernen und beherrschen. Zudem verlangt man die Akzeptanz von Kultur und Tradition. Der Anspruch der Sprachkenntnisse wird nicht nur an die Kinder mit Migrationshintergrund, sondern auch an die Eltern und insbesondere die Frauen gestellt. Das könnte die Diskussion auch außerhalb Südtirols, in der EU beleben.

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