Auch wenn sich die Lage in der Eurozone seit Mitte 2012 stabilisiert hat, warnt der deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger davor, bestehende Risiken zu unterschätzen. Notwendig wäre vor allem eine fiskalpolitische Integration samt Installierung eines Europäischen Finanzministers, so der Ökonom.
[[image1]]Grundsätzlich habe die Eurozone bei den Fundamentaldaten wie Inflation, Staatsverschuldung und Leistungsbilanz kein Problem und stehe besser da als andere Währungsunionen. Das Fundamentalproblem, das zur Krise geführt habe, sei aber die Insolvenzgefahr einzelner Mitgliedsstaaten, sagte Bofinger in seiner Festrede anlässlich der Verleihung der Wissenschaftspreise in der Raiffeisenlandesbank OÖ.
So galten ab Mitte 2010 Staatsanleihen plötzlich als nicht mehr 100-prozentig sicher, weshalb sich viele Investoren wie Pensionsfonds oder Versicherungsunternehmen aus der Veranlagung zurückzogen, erläuterte der Wirtschaftsweise. In der Folge nahm die Krise Fahrt auf und Länder wie Irland, Portugal oder Griechenland mussten hohe Zinsen zahlen, wenn sie sich am Finanzmarkt Geld aufnehmen wollten. Erst die Aussage von EZB-Chef Mario Drahi Mitte 2012, die Zentralbank sei bereit, alles zu unternehmen, um den Euro zu verteidigen – konkret unbegrenzt Staatsanleihen von Problemländern aufzukaufen -, habe diesen Negativ-Prozess gestoppt.
Effekte der Sparpolitik waren kontraproduktiv
Seither sind laut dem Wirtschaftswissenschafter die Risikoprämien für Staatsanleihen stark gesunken, die Leistungsbilanzdefizite in den Krisenländern sind deutlich zurückgegangen und die Exporte wieder angesprungen. „Die Lage hat sich zwar stabilisiert, der Patient ist aber noch nicht wiederhergestellt“, erläuterte Bofinger. So sei im Euroraum im Vergleich zu den USA zu viel gespart worden, weshalb hier die Arbeitslosigkeit deutlich höher sei als in Übersee. Zudem sei trotz Sparkurs die Staatsverschuldung im Euroraum gestiegen. Und dies mache die Problemländer anfällig für „Panikattacken“ des Finanzmarktes.
Durchwursteln ist kein befriedigender Zustand
Dauerhafte Stabilität würde nach Ansicht des Wirtschaftsweisen der Eurozone vor allem eine Weiterentwicklung der Währungsunion bringen. „Die Staaten müssen daran gehindert werden, über die Strenge zu schlagen“, so Bofinger. Die bedeute, die Kontrolle der europäischen Fiskalpolitik auf die europäische Ebene zu legen und die politische Integration voranzutreiben. Konkret sprach sich der Ökonom für die bereits einmal angedachte Installierung eines Europäischen Finanzministers aus. Er befürchte aber, dass die Politik den einfacheren Weg wählen und sich für das Durchwursteln entscheiden werde. Eine Disziplinierung der Politik durch den Markt lehnt der Experte für Geldpolitik ab: „Das Geld soll nicht die Welt regieren.“