Dienstag, 5. November 2024
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CASAG Großaktionär Sazka: Investoren oder Invasoren

Roulette © CC0 Creative Commons, Pixabay (Ausschnitt)

Spieler-Info.at hat in den vergangenen 24 Monaten mehrmals kritisch über die Investition der Sazka Group bei der CASAG/Lotterien Gruppe berichtet.

Die aktuelle Zuspitzung der Auseinandersetzung unter den Aktionären der CASAG/Österreichischen Lotterien Gruppe kommt nicht wirklich überraschend. Zu unterschiedlich sind die Kulturen und das geschäftliche und politische Verständnis der Aktionäre, aber auch des Managements und der Mitarbeiter in Relation zu den Vorstellungen der tschechischen Investoren.

Die Tschechen verweisen auf ihr nach eigenen Angaben erfolgreiches Engagement in Tschechien und in Griechenland und behaupten, nicht zu verstehen, weshalb das gleiche System in Österreich nicht funktioniert.

In Tschechien schaffte es die Sazka Gruppe nach dem Ende des Kommunismus im Dezember 1989 binnen weniger Jahre von Null zum Milliardenunternehmen aufzusteigen. Es darf niemanden wundern, wenn gestandenen österreichischen Politikern und Unternehmern, Mitarbeitern und auch der Bevölkerung das Wort „Raubkapitalismus“ einfällt.

Der Hinweis von Sazka auf die angeblich erfolgreiche Sanierung der Lotterien Gesellschaft in Griechenland ist bei näherer Betrachtung ebenfalls zu hinterfragen. Auch darüber berichtete Spieler-Info.at. (Die gesammelten Links finden Sie am Ende des Artikels.*)

Es gibt in Griechenland zahlreiche Medienberichte über die Privatisierung der staatlichen griechischen Lotterie, über Prozesse und auch über den Hauptaktionär, einen umstrittenen griechischen Reeder. Die Besonderheit in Griechenland, jede „Reederei, und besitzt sie auch nur ein Ruderboot, von allen Gewinnsteuern zu befreien, ist einzigartig auf der Welt. Konsequenterweise haben es viele Reeder geschafft, die nicht abgeführten Steuern in andere Geschäftsfelder zu investieren. Sehen Sie dazu auch den ARTE-Filmbericht.

Bei den Vergleichen von tschechischer Seite zwischen den Gepflogenheiten in Tschechien, Griechenland und Österreich darf auch noch auf die strikte und sehr strenge gesetzliche Regulierung des Glücksspiels, der Sportförderung, zum Schutze der Arbeitnehmer und last but not least des weltweit vorbildlichen strengen Spielerschutzes verwiesen werden.

Es wäre ein leichtes, so wie die Tschechen fordern, die Umsätze der Lotterien, auf win2day, aber auch der Casinos zu verdoppeln: Mit neuen aggressiv beworbenen Glücksspielprodukten und ohne Rücksicht auf Spielerschutz eingesetzter Werbung könnte eine Umsatzsteigerung sehr rasch erzielt werden. Zum Glück liegen hier die Tschechen vollkommen falsch. Die österreichische Gesetzgebung, auch der EuGH, hat berechtigt sehr strenge ordnungspolitische Maßstäbe im Bereich der Glücksspielindustrie angesetzt. Jedes neue Produkt, jede Werbeidee muss man in richtiger Relation mit diesen gewünschten Reflexionen sehen.

Aufsichtsrat und Management der CASAG / Lotterien Gruppe handeln völlig richtig, wenn sie dem wilden Streben nach Umsatz und Gewinn der Tschechen nicht nachgeben. Sie dürften es auch nicht.

Der verstorbenen ehemalige Generaldirekter Dr. Leo Wallner und sein Freund Prof. Gustav Jacob Neumann (jahrzehntelanger Aufsichtsratsvizepräsident) hatten immer Sorge, dass ein Investor wie hier Sazka, in die Aktionärsstruktur einbricht und als alleiniges Ziel das große Kassamachen an einer internationalen Börse – in diesem Falle London – aufweist. Beide haben in trauter Zusammenarbeit diesem Vorhaben mehrere Riegel vorgeschoben, welche teilweise heute noch ein ideales Bollwerk gegen Invasoren sind. Die Verschachtelung der Eintrittsrechte bei Aktienverkauf, aber auch innerhalb der Medial Beteiligungs-GmbH (welche nunmehr zu 99,66 % der Sazka Gruppe gehört) sind clevere Schachzüge gewesen. Innerhalb der Medial Beteiligungs-GmbH kann nur einstimmig entschieden werden, die CASAG selbst hat sich einige Prozente der Gesellschafteranteile gesichert und hat somit volle Blockadewirkung innerhalb des wichtigen Mehrheitseigentümers Medial Beteiligungs-GmbH, welche nunmehr der Sazka Gruppe zuzurechnen ist.

Diese kleine, feine, aber wichtige Blockademöglichkeit war ursprünglich zugunsten des Prof. Gustav Neumann Ende der 60iger, Anfang der 70iger Jahre geschaffen worden, um seine persönliche Position, welche er durch Verdienste und Kaufvermittlungen erworben hatte, abzusichern.

Natürlich versteht der gelernte Österreicher das Vorhaben der Sazka Gruppe.

Die Anteile der CASAG / Lotterien Gruppe wurden offensichtlich mittels Anleihen bzw. Bankkredit finanziert, der Kaufpreis muss mit Zinsen rasch zurückbezahlt werden.

Um diese Rückzahlung umzusetzen bedarf es entweder hoher Dividenden-Ausschüttungen der CASAG / Lotterien Gruppe oder, für Sazka noch besser, einen Börsegang, welcher Milliarden in die Kassen spülen würde. Der gravierende Nachteil eines Börseganges in der sensiblen Glücksspielindustrie ist die Tatsache, dass nicht endgültig kontrolliert werden kann, welche Gruppierungen (vielleicht die Mafia) Aktionär eines Glücksspielunternehmens werden.

Gravierendes Beispiel für derartige Aktienkonglomerate in der Glücksspielindustrie sitzen in London.

Es ist verständlich, nachvollziehbar und auch richtig, dass sich die Kernaktionäre gegen ein derartiges Vorhaben verwehren und die Sicherheit der österreichischen Glücksspielindustrie damit garantieren.

Die zuletzt bekannt gewordene Schiedsklage gegen die Novomatic Gruppe könnte der letzte, wahrscheinlich ebenso misslingende Versuch der Sazka Gruppe sein, die CASAG / Lotterien Gruppe zu beherrschen. Ein Schiedsverfahren dieser Art kostet den Kläger – natürlich auch den Beklagten – sicherlich mehr als 10 Millionen Euro, mit sehr ungewissem Ausgang und einer Verfahrensdauer von mehreren Jahren. Schiedsgerichtsverfahren sind zwar offiziell geheim, aber was ist schon geheim in Österreich?

Der Sazka Gruppe bleibt immer eine letzte Option: Der Ausstieg aus der CASAG / Lotterien Gruppe

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