Dienstag, 3. Dezember 2024
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CASAG und NOVOMATIC: Österreichs „Tiefer Staat“ hat entschieden

Der bekannte, kritische Autor Jürgen Roth schrieb zum Thema „Tiefer Staat“ ein ganzes Buch. Im Falle des Übernahmepokers betreffend der CASAG/Lotterien-Anteile hat dieser unsägliche, besonders in Österreich stark, aber geheim, verwurzelte „Tiefe Staat“ eine deutliche Spur seiner Existenz und Wirkungsweise weit in die politische und wirtschaftliche Landschaft gezogen.

Die Vorgeschichte ist bekannt: der PRIVATE, weltweit erfolgreiche Glücksspielkonzern Novomatic AG, mit seinem Gründer und de Facto Allleininhaber Prof. Johann Graf, flankiert vom Konzern-Aufsichtsratsvorsitzendem Herbert Lugmayer und Vorstandsvorsitzendem Mag. Harald Neumann, wohlwollend beobachtet vom Finanzminister Dr. Hans Jörg Schelling, wagte für österreichische Verhältnisse UNGEHEURES: eine funktionärsgesteuerte, politisch durch und durch besetzte CASAG/Lotterien-Gruppe sollte in echt PRIVATE Hände kommen.

Senator Herbert Lugmayer, Aufsichtsratsvorsitzender NOVOMATIC AG, Aufsichtsratvorsitzender AGI. (C) Novomatic Johann F. Graf, Gründer und Mehrheitseigentümer Novomatic. (C) Novomatic Mag. Harald Neumann, Vorstandsvorsitzender, CEO NOVOMATIC AG, Geschäftsführer AGI. (C) Novomatic
Senator Herbert Lugmayer, Aufsichtsratsvorsitzender NOVOMATIC AG. 
© Novomatic
Prof. Johann F. Graf, Gründer und Mehrheitseigentümer Novomatic.
© Novomatic
Mag. Harald Neumann, Vorstandsvorsitzender, CEO NOVOMATIC AG. 
© Novomatic

 

Einer der größten Glücksspielindustriekonzerne mit österreichischem Sitz und österreichischen Wurzeln, einer der in ÖSTERREICH Steuern zahlt, sollte geschaffen werden.

Mit dieser neuen Größenordnung könnte Österreich zukunftssicher auf der Weltbühne der Glücksspielindustrie vorne mitspielen – auch mit Giganten aus den USA und im Fernen Osten Schritt halten.

Dies war zumindest die Intention des tapferen, weitsichtigen österreichischen Finanzministers Dr. Hans Jörg Schelling und den mutigen Vertretern der Glücksspielindustrie.

Finanzminister Dr. Hans Jörg Schelling. (C) BMF

Finanzminister Dr. Hans Jörg Schelling. © BMF

 

 

 

Nach dem bei derartig großen Übernahmedeals nicht unüblichen Gezerre schlossen sich zwei große Player vorerst provisorisch zusammen, um in Ruhe alle notwendigen, sehr umfangreichen Modalitäten der Übernahme einvernehmlich abzuarbeiten.

Das für die Glücksspielindustrie gottähnlich mächtige Finanzministerium wartete ruhig und geduldig die juristischen Vorgänge ab.

Österreichs „Tiefer Staat“ hat eigene Vorstellungen und weiß, was NICHT, unter keinen Umständen, passieren darf:

Das jahrzehntelang erfolgreich aufgebaute Aufnahmezentrum für politische Funktionäre, deren nahe und ferne Verwandte und Freunde darf nicht in „falsche“ Hände kommen.

Das jahrzehntelang engmaschig aufgebaute Netz für „Sponsoring aller Art“ darf nicht im Geringsten kleiner oder gar aufgelöst werden.

Das jahrzehntelang praktizierte, äußerst üppige „Sport-Förderungs-System“ auf Kosten der österreichischen Steuerzahler (die Sportförderung gilt als „Betriebsausgabe“ und ist somit steuersenkend) und die daran hängenden Funktionäre (siehe olympischen „Erfolg“ in Brasilien) dürfen keinesfalls dem rauen Wind der Marktwirtschaft und der echten Leistung ausgesetzt werden.

Das jahrzehntelang praktizierte Gefälligkeitssystem für die meisten Bundesländer darf den Landeshauptleuten nicht entgleiten. Als „Gegengeschenk“ gibt es das Totalverbot von Glücksspielautomaten in Wien, Salzburg, Tirol und Vorarlberg mit dem traurigen Ergebnis, dass in diesen Bundesländern die meisten Spielsüchtigen durch ILLEGALES Automatenglücksspiel entstanden sind und noch immer entstehen. Das illegale Automatenglücksspiel steht in diesen Bundesländern fast unter einer „Schutzglocke“, insbesondere in Salzburg, Tirol und Vorarlberg, was die Zahlen beweisen.

Das jahrzehntelang praktizierte „ausgewogene Werbebudget“, fein säuberlich und großherzig gestreut, darf ebenfalls nicht zur Disposition stehen.

Die NEUEN „Gefahren“ müssen im Keime erstickt werden:

Unvorstellbar wäre für gewisse politische und Funktionärs-Kreise die schiere Größe eines „konzentrierten“ Werbebudgets von CASAG/Lotterien/Novomatic.
Da wird jedem Beobachter in der beschaulich ruhigen zweiten und dritten Reihe echt schwindelig: Die könnten doch dieses Werbebudget nach echt marktwirtschaftlichen Bedingungen einsetzen. Eine wahrlich schreckliche Vorstellung.

Unvorstellbar wäre auch das Thema „ORF“-Beteiligung und die dortige „freundliche“ CASAG/Lotterien-Berichterstattung – mehr dazu lesen Sie im aktuellen „dossier.at“.

Unvorstellbar auch neue Verträge mit Rechtsanwälten, wobei nicht wieder einer namhaften Kanzlei „pauschal 5 Mio. Euro“ für diverse „Leistungen“, welche sehr über die übliche rechtliche Beratung hinausgehen, bezahlen würde.

Unvorstellbar wäre auch, wenn zukünftige Vorstandsposten mit internationalen Fachleuten besetzt werden würden.

Die Liste der möglichen Grausamkeiten könnten wir deutlich fortsetzen. Dass diese „Veränderung“ NICHT umgesetzt werden, war von Anfang der Übernahmediskussion einem kleinen, aber mächtigen Kreis aus dem „Tiefen Staat Österreichs“ sonnenklar.

Was tun?
Die bisherigen Aktionäre – zumeist Banken und Versicherungen, wollen und müssen mittelfristig als Aktionäre oder Gesellschafter des Glücksspielkonzernes CASAG/Lotterien ausscheiden.
Sie alle haben die Anteile vor Jahrzehnten um einen WINZIGEN Anteil jener Summe erworben, welche jetzt lukriert wird.

Das politische Umfeld hat sich radikal verändert – wer weiß, wer in einigen Jahren in Österreich regiert?

Es wird immer unangenehmer, wenn man international gefragt wird, weshalb eine österreichische Bank ein Glücksspielunternehmen betreibt.

Es ist auch nicht unbedingt das Gelbe vom Ei, wenn die Republik Österreich als AUFSICHTS-Organ und zuständig für die Erteilung von Konzessionen, selbst an einem Glücksspielbetrieb beteiligt ist. In Österreich fehlt noch immer – als maximale Kontrolle – das in jedem zivilisierten Staat der Welt eingerichtete unabhängige „Gaming-Board“, besetzt mit internationalen Glücksspielfachleuten und bestens geschulten Behördenvertretern.

Also heißt die Devise der Alteigentümer: Verkaufen!

Dagegen ist sehr schwer etwas DIREKT zu unternehmen.

Aber dem „Tiefen Staat“ fällt immer eine „elegante“ Lösung ein, damit der unerwünschte Zug mit Volldampf aufs Abstellgleis fährt: Für was gibt es die „BWB“ – die Bundes-Wettbewerbs-Behörde?

Diese Behörde ist zwar, wie schon der Name sagt, für den „Wettbewerb“ zuständig, aber das ist ein großes, anderes Thema.

Die EU hat das Glücksspiel von den Binnenmarktregeln BEFREIT, weil dieses sensible Thema mit großen Auswirkungen in Bezug auf Spielerschutz von jedem Land selbst geregelt werden muss und kann.

In Österreich gibt es deshalb das Glücksspielmonopol, welches ausdrücklich den WETTBEWERB vollständig EINSCHRÄNKT.
In der Glücksspielindustrie darf es im laufenden Betrieb zu keinem nennenswerten Wettbewerb kommen, damit die wettbewerbsüblichen Maßnahmen eben NICHT getroffen werden dürfen: Überbordende Werbung, Unter-/Überbietungen des Angebotes etc.
Man stelle sich nur vor: es gibt mehrere Lotterien und jede erhöht die Ausschüttungsquote der Gewinne – bald sind alle pleite und der Spieler bekommt dann gar keine Gewinne ausgezahlt.
Das gilt auch für Casinos und Spielbetriebe.

Das Glücksspiel MUSS streng reglementiert und kontrolliert werden. Dem hat Österreich mit dem modernsten Glücksspielgesetz im Jahre 2010 entsprochen:
Strenger Spielerschutz, Zugangskontrollen, Einschränkungen bei Spiele/Gewinne, bei Spieldauer, Anbindung und permanente Kontrolle durch das BMF/Bundesrechenzentrum.

Das Glücksspielmonopol kennt NUR den Wettbewerb der Ausschreibungen für neue Konzessionen. DORT, und NUR HIER, findet der Wettbewerb in der Glücksspielindustrie statt.

Die BWB beschwerte sich SOFORT nach Bekanntwerden der CASAG-Anteilsübernahme, nicht VORAB gefragt worden zu sein, ob sie etwa wettbewerbsrechtliche Bedenken hätte.

Bei Telefongebühren, bei Zusammenschlüssen in der Lebensmittelbranche etc. würde dieses Aufzeigen der WBW sehr wohlwollend zur Kenntnis genommen und nützlich sein.
Davon ist leider eher wenig bekannt. Dafür zahlen die Österreicher bis zu 50 % höhere Lebensmittelpreise, aber das stört nicht wirklich, oder?

Diese BWB zog also sofort einen Fall, der nach Meinung zahlreicher namhafter Juristen eben KEIN Fall für die BWB ist, an sich.

Es kam, wie es kommen musste: das OLG, als zuständiges Gericht für das Kartellgericht, beauftragte einen GUTACHTER in der Bundesrepublik Deutschland.

Dieser kam – wie vom „Tiefen Staat“ erhofft – zum bekannten Ergebnis: der Zusammenschluss von NOVOMATIC/CASAG/Lotterien ist zu untersagen.

Würden durch einen Zusammenschluss wirklich Konsumenten „geschädigt“ oder würden diese das gar nicht merken?

Tatsache ist:
Die Glücksspielindustrie ist STRENGSTENS reguliert: Tausende Seiten von Gesetzen und Verordnungen lassen nicht den KLEINSTEN Spielraum für unternehmenseigene Entscheidungen.

Diese Regulierungen sind für den Spielerschutz sehr positiv zu beurteilen, beengt andererseits jedes freie unternehmerische Handeln.

Die Steuersätze sind die höchsten auf alle Umsätze: etwa 44 % der tatsächlichen Einnahmen fließen an den Fiskus.

Das gilt für ALLE LEGALEN Glücksspielbetreiber, sogar auch für die illegalen (die kümmern sich eher nicht darum).

Die Spielbetriebe der CASAG, Win Win, der Novomatic/Admiral werden laufend vom BMF (Finanzpolizei) nach strikten, vorgegeben Regeln und Abläufen kontrolliert.

Hier, in dieser Branche gibt es KEINEN Wettbewerb, weil für ALLE Beteiligten die REGELN GLEICH streng sind.

Ob das Casino in Linz oder Wien Herrn Blaschke oder Frau Berger gehört – die REGELN sind immer die gleichen, die EIGENTÜMER haben darauf KEINEN Einfluss.
Der Staat, die Republik, das BMF sind in dieser Branche die WAHREN Machthaber.

Was also, soll hier die BWB wirklich erreichen?

Dem Autor wurde bereits zu Beginn der Fusionsgespräche von maßgeblichen Persönlichkeiten geflüstert: Die BWB wird den Zusammenschluss VERHINDERN!

Juristen werden sich mit der Frage, ob die BWB überhaupt dafür zuständig ist, noch lange auseinandersetzen.

Die privaten Unternehmer haben nachweislich und noch VOR jeder vernünftigen kaufmännischen Lösung den riesigen finanziellen Schaden.

Sehr bemerkenswert sind auch andere Umstände im Bereich der Glücksspielindustrie:
Die Konzessionsausschreibung für DREI neue Casino-Konzessionen dauerte ewig lange – die Entscheidung fiel wirklich im letzten, gesetzlich möglichen Moment, nach ewig langer Wartezeit.

Das Kartellgericht befasste sich ebenfalls EWIG lange mit dem Thema „Zusammenschluss Novomatic/CASAG/Lotterien“ und entschied – nach Fristverlängerung – ebenfalls zum allerletzten, gesetzlich möglichen Zeitpunkt … nach ewig langer Wartezeit für die betroffenen Betriebe.

ALLES ZUFALL?

Österreichische und internationale Unternehmen bemerken derartige Vorkommnisse – auch wenn sie taktisch dazu schweigen – und sehen sie als WARNUNG vor Investitionen in Österreich.
Jeder Investor, welcher die Kreise des „Tiefen Staates“ stört, wird entsprechend freundlich, natürlich rechtsstaatlich einwandfrei, aufs Abstellgeleise geführt – mit Prellbock.

Für Konzerne wie Novomatic und deren Partner, auch für die CASAG-Lotterien-Gruppe ist diese Umgangsweise fatal und sehr, sehr kostenintensiv.

Für mittlere und kleine Unternehmer bedeutet diese „Behandlung“ den wirtschaftlichen Todesstoß.

Sind das reine Verschwörungstheorien? Spieler-Info.at hat mit vielen teilweise involvierten, erfahrenen, Österreich-Kennern aus Wirtschaft und Politik gesprochen: Einhellige Meinung:

ALLES ist MÖGLICH!

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