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Casino-Affäre/Ibiza-Gate: Anonyme Anzeige vom Mai 2019 ist inhaltlich falsch: Es gab und gibt keine neuen Anträge für „Casino-Konzessionen“

v.l.n.r.: Hartwig Löger, Bild © Jakob Glaser / Heinz-Christian Strache / Mag. Johann Gudenus / MMag. DDr. Hubert Fuchs, Bilder © Parlamentsdirektion, Photo Simonis

STS DDr. Hubert Fuchs wurde von CASAG-Chefin Dr. Glatz-Kremsner zur Londoner Glücksspielmesse eingeladen.

Es war „nur“ eine Begriffsverwechslung durch den Anonymus, diesem irrtümlich passiert oder von ihm absichtlich eingesetzt, welche die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien pflichtgemäß zu den aufsehenerregendsten Hausdurchsuchungen der letzten Jahre veranlasste.

Auch für Fachleute in der Glücksspielindustrie und damit befassten Behörden, vor allem aber in der Öffentlichkeit, sind die gravierenden gesetzlichen Unterschiede zwischen „Online-Glücksspiel“ und „Online-Sportwetten“ zumeist nicht geläufig, schwer verständlich oder relativ kompliziert zu differenzieren.

Vereinfacht dargestellt: eine „Online-(Glücksspiel)-Konzession“ wird von der Republik Österreich, dem BMF, im Rahmen des Glücksspielmonopols vergeben. Eine exklusive Online-Glücksspielkonzession mit der Erlaubnis, Online-Roulette, Online-Automaten, Online-Poker usw. anzubieten, besitzt in Österreich nur die zur CASAG-Lotterien-Gruppe gehörende www.win2day.at.

Sportwetten (auch Online-Sportwetten) hingegen sind in Österreich – als einzigem Land der Welt – KEIN Glücksspiel, sondern ein „konzessioniertes GEWERBE“ und fallen somit nicht unter das Glücksspielmonopol und auch nicht in die alleinige Kompetenz des BMF.

Eine Sportwetten-Konzession unterliegt klaren Regulierungen auf Landesebene. Unter der Voraussetzung üblicher Verlässlichkeitskriterien und anderen, eher gelinden Auflagen, kann „jede Firma, jede Person“ eine Wett-Konzession erhalten.

Selbstverständlich ist auch das umgangssprachlich sogenannte Gesetz für „Buchmacher und Sportwetten“ im Laufe der Jahrzehnte oftmals novelliert worden, jedes Bundesland produziert und ändert fast permanent seine eigenen „Wettgesetze“.

Was in Wien erlaubt oder verboten ist, kann in NÖ oder in Vorarlberg wieder ganz anders gehandhabt werden.

Neben den STATIONÄREN Wettbüros, für welche das Wettgesetz lange VOR dem INTERNET geschaffen wurde, bildete sich ein Markt von „Online-Wetten“.

Hier wiederum ist zwischen zwei wesentlichen Angebotsarten zu unterscheiden. Online-Sportwetten, welche in Österreich, von einem österreichischen Server gespeist und gespielt werden und tatsächlich nicht konzessionierte, somit illegale Online-Sportwetten, welche über Malta, Gibraltar oder eine karibische Insel online in Österreich angeboten werden.

Während die stationären Wettbüros und jene Wettangebote, welche in Österreich von österreichischen Servern spielen, leicht von den Behörden zu kontrollieren sind, entziehen sich die (illegalen) Online-Wetten aus Malta, Gibraltar usw. de facto jeder Kontrolle, auch bleibt die fiskalische Abwicklung, sprich die Berechnung und Zahlung von Wettgebühren und Steuern „im schwarzen Loch der Steueroasen“.

In Deutschland gelten Wetten als Glücksspiel und sind somit glückspielrechtlich reguliert, Konzessionen für Glücksspiel sind nur unter strengsten Auflagen zu erhalten.

Die „freie“ Vergabe von gewerblichen Wettkonzessionen in Österreich führte zu einem wahren Ansturm von ausländischen Anbietern auf den österreichischen Wettmarkt.

Nach außen hin wurden „Wettbüros“ mit einer „gewerberechtlichen Konzession“ errichtet, tatsächlich bestehen diese aber nur aus Online-Wettterminals mit direktem Spiel auf einem ausländischen Server, z. B. in Malta usw.

Zusätzlich dienen diese getarnten Wettbüros mit Online-Terminals – oftmals mit geheimem „Umschalter“ ausgerüstet – als perfekte Online-Terminals für nicht genehmigtes, also illegales, Online-Glücksspiel mit entsprechenden hohen Gewinnen für den Betreiber.

Wettbüros und legale Wettterminals arbeiten mit sehr geringen „Holds“, also sehr geringen Ertragsspannen und sind an schlechten oder mittelmäßigen Standorten gar nicht profitabel zu führen. Illegales Online-Glücksspiel verändert diese Situation Richtung schnellem Gewinn.

Das Resultat dieser österreichischen Spezialität, wonach Wetten nicht unter das Glücksspielmonopol fallen und somit für „Jedermann“ mit geringem finanziellen Aufwand betrieben werden können – noch dazu OHNE fixe steuerliche Kosten – schuf einen österreichweit überbordenden Anteil von etwa 40.000 Wettterminals.

Legale Glücksspielautomaten – sogenannten „Landesausspielungen“, streng kontrolliert und mit perfektem Spielerschutz und mit direkter Anbindung an das Bundesrechenzentrum – gibt es nur mit einigen Tausend Glücksspielgeräten in ganz Österreich.

Mit dieser rabiaten Verbreitung der billig zu erstehenden und mit einfachen formalen Mitteln zu erreichenden „Wettkonzession“ entstand auch für die Österreicher und Spieler ein ordnungspolitisch unerwünscht großes Angebot zum Wetten, oftmals zu geheimen illegalen Glücksspielangeboten, welche sich hinter den Wettterminals verbergen.

Die Finanzpolizei, Behörden und auch Politiker, vor allem aber Spielerschützer, wie www.spieler-info.at, machten seit vielen Jahren auf diese Missstände im Wettsektor, aber auch auf die mangelhaften Bestimmungen in Bezug auf Beschlagnahmungen der illegalen Glücksspielautomaten, aufmerksam.

Seit mehreren Jahren hat die Plattform www.spieler-info.at, welche auch in den Glücksspielberichten des BMF an das Österreichische Parlament erwähnt wird, durch permanente Recherchen in ganz Österreich und jährlich mehrere Tausend Anzeigen an die Finanzpolizei und auch an weitere zuständigen Behörden erfolgreich dazu beigetragen, dass der Bestand von illegalen Automaten in Österreich im Jahre 2010 von über 10.000 Geräten auf aktuell etwa 1.000 zurückgegangen ist.

Durch die Ausbreitung des Internets und auch die besonders liberale Gesetzgebung für Sportwetten wuchs das Sportwetten-Angebot, großteils durch online-Terminals, auf etwa mehr als 40.000 Geräten österreichweit, das zusätzliche, von Wetten separierte, illegale Online Glücksspiel betreut in Österreich bereits mehr als eine Million registrierte (!) Kunden. Zum Vergleich: www.win2day.at hat etwa 650.000 registrierte Online-Glücksspielkunden.

Sowohl die Finanzpolizei als auch www.spieler-info.at haben in den letzten Jahren oftmals ausführlich SCHRIFTLICH alle zuständigen Behörden, auch das BMF, auch die politischen Parteien und auch deren Vertreter, auf diese Missstände aufmerksam gemacht.

Von der großen LEGALEN Glücksspielindustrie hat seit Jahren nur NOVOMATIC diesen Kampf gegen illegales Glücksspiel, auch gegen illegales Online-Glücksspiel, unterstützt.

Aus nicht erklärlichen Gründen hat die CASAG-Lotterien-Gruppe, welche die EINZIGE LEGALE Online Glücksspielkonzession besitzt, trotz mehrfacher schriftlicher Einladung und Aufforderung den Kampf gegen illegales Online-Glücksspiel (auch gegen terrestrisches illegales Automatenglücksspiel) durch nachweisbare Aktionen direkt am Markt NICHT unterstützt. Deshalb kam es zu dem Wildwuchs im illegalen Online-Glücksspielbereich und der Verbreitung des illegalen Online-Glücksspiels bis zur doppelten (!) Größe des legalen www.win2day.at Angebotes!

Bis heute ist ungeklärt, weshalb Vorstände und Aufsichtsrat der CASAG-Lotterien Gruppe keine nachweisbaren, direkten Aktionen rechtlicher Art auf dem Glücksspielmarkt unternommen und auch technische Mittel, welche es seit längerer Zeit gibt, um Online-Glücksspiel wirkungsvoll zu erkennen und zu bekämpfen, nicht eingesetzt haben.

Der Schaden, welcher der CASAG-Lotterien Gruppe, vor allem aber auch den Spielern und dem Fiskus, durch diese Untätigkeit entstanden ist, geht jährlich in Richtung 100 Millionen Euro und darüber hinaus.

Übrigens: Zuständig innerhalb der CASAG-Lotterien Gruppe wäre dafür der ehemalige Vorstand Mag. Hoscher gewesen.

Diese Fakten am österreichischen Glücksspiel- und Wettmarkt haben dazu geführt, dass – wie immer bei der Erstellung eines neuen Regierungsprogrammes – diese Gelegenheit einer Neuerstellung von Vorhaben der Regierung durch verstärkte Hinweise auf die hier beschriebenen Problemfelder genutzt wurde.

Es gab alleine durch Spieler-Info.at zahlreiche schriftliche Eingaben an alle politischen Entscheidungsträger, um gesetzlich strengere, leichter umzusetzende Maßnahmen, den realen Marktverhältnissen angepasst, umzusetzen.

Diese vorgeschlagenen gesetzlichen Maßnahmen waren und sind für den Spielerschutz, für die gesetzliche Durchsetzung, für die Verwaltung der Republik und auch für den Fiskus entscheidend wichtig, jedoch – und das liegt in der Natur der Sache – für die Glücksspielindustrie nicht unbedingt von Vorteil.

Aus diesem Grunde wurden die schriftlichen Eingaben auch weitgehendst GEHEIM gehalten und nicht veröffentlicht.

EINE dieser vorgeschlagenen Maßnahmen zur Eindämmung der ausufernden Anzahl österreichweit aufgestellter Wettterminals mit Internet-Anbindung an Malta oder Gibraltar war die FIXE MONATLICHE PAUSCHAL-Abgabe pro Terminal.

Auszug aus Chatverkehr

Eine Erhöhung der prozentuellen Abgabe von Wettgebühren hätten die Betreiber umgehen können, zumal sie durch die Internet-Anbindung an Malta usw. weiterhin unkontrollierte Angaben über die tatsächliche Höhe der Umsätze gemacht hätten.

Eine FIXE Abgabe pro Terminal und PRO Monat ist leichter zu kontrollieren.

Ein entsprechendes Positionspapier wurde erarbeitet und allen zuständigen Behörden, auch dem BMF, und allen politischen Entscheidungsträgern, wie Partei- und Klubchefs, übermittelt.

Diese fixe monatliche Abgabe für Wettterminals ist für Betreiber von Wettbüros und Wettterminals nicht „erfreulich“, deshalb wurde auch diese Eingabe geheim gehalten.

Angeregt wurde auch, dass diese Pauschale pro Monat und Wettterminal für den österreichischen SPORT zweckgebunden eingehoben werden soll, zumal es sich, wie der Begriff es schon sagt, um Wetten auf „SPORT“-Ereignisse handelt, und diese Ereignisse BASIS des Wettgeschäftes sind.

Gleichzeitig solle damit – so die Anregung – der Wildwuchs an illegaler Werbung von illegalen Online-Glücksspielanbietern bei Sportereignissen zurückgedrängt werden und die Sportvereine damit indirekt eine bessere, weil dann auch legale, Sportförderung erhalten.

Nun sind wir wieder zurück beim ANONYMEN Anzeiger:

Offensichtich wurden die Begriffe für „Online-Casinolizenz“ mit „Online-Sportwetten“ absichtlich oder tatsächlich falsch verwendet.

Keine Frage: die Materie ist auch für Fachleute, die mit Glücksspiel und Sportwetten vertraut sind, ziemlich kompliziert und verwirrend.

Hier kann es leicht passieren, dass „ahnungslose“ Politiker, aber auch Manager, von einer „Online-Lizenz“ sprechen, aber in Wahrheit die hier zitierte „Online-Wettkonzession“ (welche ein konzessioniertes GEWERBE ist) meinen, aber den Eindruck erwecken, als sprechen sie von einer „Online-Glücksspielkonzession“ bzw. diese beiden in Wahrheit sehr unterschiedlichen Begriffe NICHT deutlich genug voneinander und unterschiedlich genug darstellen.

Durch diese Vermengung der Begriffe wurden durch den anonymen Anzeiger die Ermittlungen in eine für die Beteiligten fatale Richtung gedrängt.

Ausschnitt: Anonymer Brief

Es ist ein gravierender Unterschied, ob eine oder mehrere neue, weitere Online- und Casinolizenzen als „Gegenleistung“ für einen Vorstandsjob verlangt werden oder ob es sich in der Kommunikation um ordnungspolitisch absolut notwendige, sinnvolle Maßnahmen zu Gunsten des Spielerschutzes und zu Gunsten des Fiskus und/oder der Sportförderung handelt.

Auszug aus Chatverkehr

In einem der Chats gibt es das zwischenzeitlich in allen Medien verbreitete Zitat vom „Leuchtturm-Projekt“. Diese Äußerung ist nunmehr verständlich – immerhin würde mit der Umsetzung der monatlichen Pauschale auf Wettterminals ein sehr großer zusätzlicher Betrag für die Sportförderung fließen, welcher noch dazu die Eindämmung der Anzahl von Wettterminals bewirkt.

Auszug aus Chatverkehr

Sobald eine Fix-Gebühr pro Gerät und Monat zu bezahlen ist, rentieren sich sehr viele Wettterminals NICHT. Eine WIN-WIN-Situation für die Republik, den Sport und alle korrekten Anbieter, vor allem auch für den Spielerschutz. Die Anzahl der Wettterminals geht zurück.

Der ANONYME Vernaderer hat auch als „Beweis“ seiner Thesen den Besuch des STS DDr. Hubert Fuchs auf der Londoner Glücksspielmesse angeführt. Dieser Besuch wurde übrigens von der CASAG-Lotterien-Vorstandsvorsitzenden Dr. Bettina Glatz-Kremsner organisiert, welche auch am Vorabend der Messe in London gemeinsam mit DDr. Hubert Fuchs und dem österreichischen Botschafter fein dinierte.

Auszug aus Chatverkehr

Ein argumentativer Lapsus ist dem feigen Briefschreiber ebenfalls passiert: er erwähnt, dass die „drei Eigentümer“ eine entsprechende Vereinbarung über die zukünftige Vorstandsbesetzung getroffen hätten, welche dann angeblich nicht eingehalten wurde. Eigentümer, so ist das nun eben üblich, sprechen fast immer nur geheim – unter sich – über derartige Angelegenheiten, bestenfalls sind Vertraute bei derartigen Gesprächen anwesend.

Man kann getrost davon ausgehen, dass sich zwei der drei Eigentümer nicht selbst angezeigt haben.

Mit diesem hier von EU-Infothek dargestellten Sachverhalt und den in diesem Zusammenhang intensiven Recherchen kann auch von EU-Infothek mit gebührender Sorgfalt davon gesprochen werden: es gibt und gab im fraglichen Zeitraum KEINE gesetzlichen Vorhaben und KEINE gesetzlichen Entwürfe für neue Online-Glückspielkonzessionen oder glücksspielrechtliche Maßnahmen zu Gunsten eines der LEGALEN Glücksspielbetreiber.

Allerdings gab es ein der Staatsanwaltschaft bekanntes Protokoll einer Telefonüberwachung. In diesem verschrifteten Protokoll wird von zumindest einem der Staatsanwaltschaft und den Finanzbehörden bestens bekannter, seit Jahrzehnten umtriebiger Betreiber illegaler Glücksspielautomaten erkannt, welcher sehr ausführlich davon spricht, dass „seine Gruppe der illegalen Online- und Automatenglücksspielbetreiber“ sich regelmäßig trifft und darüber berät, wie sie einige politische Entscheidungsträger (offenbar durch Korruption) dazu bringen wird, sich für eine Liberalisierung des österreichischen Online-Glücksspielmarktes und eine Liberalisierung des Automatenglücksspielmarktes einzusetzen.

Auch ein „Verein der illegalen Online-Glücksspielanbieter“ (er heißt tatsächlich etwas anders) spielt hier eine wesentliche Rolle – auch das ist den Behörden zwischenzeitlich bekannt.

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