Wie PROFIL und APA berichten, freute sich Peter Sidlo, als „Erster“ den im April 2019 fertiggestellten, nunmehr zweiten Entwurf für eine Novellierung des Glücksspielgesetzes seinen CASAG-Vorstands- und Aufsichtsratskollegen übermitteln zu können – und, nach menschlichem Ermessen – auch Karl Komareks SAZKA-Gruppe zur Kenntnis gebracht zu haben.
Dieser Vorgang wäre wenig erwähnenswert, gäbe es nicht die schon fast kindliche Vorfreude auf „Goodies“, welche Peter Sidlo in seiner „Vormerkliste für Prämien“ handschriftlich verewigte.
Ja, auch wäre nicht weiters zu bemerken, dass eben derartige „Vorab-Informationen“ seit Jahrzehnten für die CASAG-Lotterien-Gruppe, auf Grund ihrer langjährigen, personellen Verflechtungen mit der Glücksspielabteilung im Finanzministerium, zum „Tagesgeschäft“ gehörten.
Wirklich beachtenswert ist das, was NACH der Vorlage des im Großen und Ganzen fertigen Entwurfes der neuesten Glücksspielnovellierung weiter passierte: nämlich NICHTS. Zumindest nichts „Offizielles“.
Zur Erinnerung – EUI berichtete darüber sehr ausführlich:
Drei hochrangige Beamte, zuständig im BMF für die Erstellung der Glücksspielgesetzestexte, wurden leider erst etwa 8 Monate NACH der anonymen Strafanzeige über angeblichen „Tausch Vorstand gegen Online-Glücksspiellizenz“ zeugenschaftlich befragt und erklärten, dass ihnen über eine neue, weitere Online-Glücksspiellizenz (oder andere Lizenzen) nichts bekannt war und ist und diese Fakten sich auch im neuesten Novellierungsentwurf darstellen.
Die anonyme Anzeige, welche zu zahlreichen Hausdurchsuchungen, Mobiletelefon-Beschlagnahmungen und „Zufallsfunden“ führte, konnte durch die Zeugenaussagen der langjährig dienenden, hohen Beamten des Finanzministeriums in diesem Punkt nicht bestätigt werden.
Der erst im Frühjahr 2020 den Behörden und der Öffentlichkeit bekannt gewordene Novellierungsentwurf – also etwa ein Jahr nachdem Mag. Peter Sidlo diesen Novellierungsentwurf vorliegen hatte – hatte offenbar Inhalte, welche einigen handelnden, mächtigen Playern der legalen und illegalen Glücksspielindustrie nicht gefallen hat:
Zuallererst die IP-Sperre, welche es illegalen, aus Malta, Gibraltar oder anderen Inseln in Österreich anbietenden illegalen Glücksspielbetreibern mächtig erschwert hätte, ihr steuerschonendes, spieler-plünderndes Geschäftsmodell weiter zu betreiben – hier handelt es sich immerhin um einen Kundenkreis von mehr als einer Million Österreicher, welche bei den illegalen Anbietern in der Kundendatei stehen.
Sehr wahrscheinlich fehlten den Machthabern der CASAG-Lotterien-Gruppe in diesem Entwurf aus dem Frühjahr 2019 eine erhoffte, dringendst erwartete weitere Reduktion der Glücksspielsteuern- und Abgaben. Eine derartige massive Reduktion für die CASAG-Lotterien-Gruppe gab es bereits im Jahre 2010/2011 – eine Fortsetzung der Steuergeschenke würde die finanzielle Situation von Karl Komareks Investment-Gruppe massiv verbessern und die Chance bringen, aus dem Abenteuer „Österreichische CASAG-Lotterien-Gruppe“ ohne große finanzielle Blessuren herauszukommen.
Durch verlässliche Informationsquellen bestätigt, sind bisher diese zwei genannten Interessen-Gruppierungen eifrig und permanent am Lobbyieren, um ihre jeweils diametral, aber nicht unbedingt konkurrierenden, Interessen an der neuen Gesetzgebung für die österreichische Glücksspielindustrie durchzusetzen.
Aus menschlicher Erfahrung und, vor allem, aus der mehr als 50-jährigen Erfahrung in der Glücksspielindustrie darf geschlossen werden:
Diese letzte Novellierung wurde seit April 2019 politisch auf Eis gelegt – nicht nur wegen dem Regierungswechsel, sondern weil diese einigen Machthabern „nicht passt“.
Jetzt wird es besonders spannend: die bisher anonymen Briefschreiber haben ein Motiv, welches, das wird von deren Auftraggebern erwartet, bald positiv erfüllt werden muss.
Die Anschwärzung des NOVOMATIC-Konzerns, ebenso zahlreicher, bisher völlig unbescholtener, erfolgreicher (vorwiegend ÖVP-naher) Politiker und Manager, war, aus Sicht des Beobachters, nur eine „angenehme“ Nebenfront.
Jetzt geht es ums „Eingemachte“, ums Geld: die Steuer- und Glücksspielabgaben, inklusive der Sonderrechte, wie steuerlich schonend behandelter Begrüßungs-Jetons, sind für die CASAG der größte finanzielle Brocken. Der Steuer- und Abgabenprozentsatz ist für europäische Verhältnisse sehr tief und günstig – für die CASAG-Eigentümer.
Eine weitere Reduktion dieser Abgaben und Steuern könnte einem fairen internationalen Vergleich nicht standhalten.
Es wäre an der Zeit, dass diese, wegen des drängenden, besseren Spielerschutzes, wirklich zeitnah, gemeinsam von allen fünf Parlamentsparteien, beschlossen werden könnte.
Es stellt sich die auch sehr politische Frage: Wie lange sollen eine Million Österreicher weiterhin ohne jedwede Kontrolle abgezockt und der österreichische Fiskus weiterhin – pro Jahr – etwa 150 Millionen und mehr verlieren?
Und: jagen Politik und Medien derzeit nicht den „falschen Stier durchs Dorf“? Deshalb kann mit Fug und Recht festgestellt werden: Mag. Peter Sidlos „Enthüllung“, dass er bereits im Frühjahr 2019 (!) diesen bis April 2020 geheimen, neuesten Novellierungsentwurf vorliegen hatte, erzählt eine dramatische, allerdings auch typisch österreichische Geschichte.
Anhang:
APA News Artikel – Sidlo bekam Gesetzesentwurf von FPÖ-Informantin