In Norwegen wird der Prozess für einen entemotionalisierten Massenmörder in die Wohnzimmer der Welt übertragen. Eine Bühne des Grauens für ein Monster geschaffen. Das Verfahren wird etwa drei Monate dauern. Eine überraschend lange Zeit, um festzustellen, dass ein Irrer am Tod von 77 Menschen schuld ist. Kurz im Verhältnis zu anderen Prozessschauplätzen. Oder ist doch etwas faul im Staate Österreich?
In Norwegen wird der Prozess für einen entemotionalisierten Massenmörder in die Wohnzimmer der Welt übertragen. Eine Bühne des Grauens für ein Monster geschaffen. Das Verfahren wird etwa drei Monate dauern. Eine überraschend lange Zeit, um festzustellen, dass ein Irrer am Tod von 77 Menschen schuld ist. Kurz im Verhältnis zu anderen Prozessschauplätzen. Oder ist doch etwas faul im Staate Österreich?
Im Fall Meinl kritisierte das Oberlandesgericht Wien die Staatsanwaltschaft, das Verfahren durch den Streit um Gutachter unnötig in die Länge zu ziehen. Dadurch sei das Recht auf ein zügiges Verfahren verletzt worden. Wer soll sich da noch auskennen? Will Meinl denn überhaupt ein zügiges Verfahren? Beurteilt man die Flut der Anträge der Meinl Anwälte, so könnte man eher zur gegenteiligen Ansicht gelangen. Laut Staatsanwaltschaft werde es – Gutachterstreit hin und her – trotzdem keine rasche Expertise geben, da man auf Unterlagen der Hausdurchsuchung aus Liechtenstein und der Schweiz warten müsse, ohne die der Fall nicht abgeschlossen werden kann. Bei der Meinl Bank gab man sich überrascht, dass drei Jahre nach Meinls Verhaftung die Unterlagen noch immer nicht da seien.
So überraschend kann es wiederum nicht sein, ist doch erst im Fall Grasser – und der unterhielt bekanntlich auch Konten bei der Meinl Bank – festgestellt worden, dass man auf Unterlagen aus Liechtenstein bis zum St. Nimmerleinstag warten wird müssen. Die dort bei einer Hausdurchsuchung bei Grassers Wirtschaftstreuhänder aufgefundenen Dokumente, die verbotene Geldflüsse beweisen sollen, werden laut Beschluss des Obergerichtes in Vaduz nicht an die österreichischen Behörden herausgegeben. Für einen Wirtschaftstreuhänder gelte ein Zeugenentschlagungsrecht. Wie dieses personenbezogene Recht auf die im Rahmen einer Hausdurchsuchung sichergestellten Dokumente ausgeweitet werden kann, ist eine überraschende Rechtsansicht – selbst wenn diese scheinbar auch in Österreich geteilt wird, wo ebenfalls das OLG Wien die Herausgabe von beim österreichischen Steuerberater Grassers sichergestellten Unterlagen an die Korruptionsstaatsanwaltschaft verhindert.
Nach dem Motto: Wir haben da eine Kiste, die beinhaltet nebst einem Video und Tatwaffe mit Fingerabdrücken ein Geständnis, wo schwarz auf weiß drinnen steht, dass der Mörder der Gärtner war, aber wir geben es dir nicht, weil wir es bei der Ehefrau des Gärtners gefunden haben und die muss dazu nichts sagen, weil sie erstens mit ihm verheiratet und zweitens noch seine Anwältin ist.
Aber gehen wir doch bitte von der Unschuldsvermutung und der Beweisumkehr aus. Vielleicht steht in all diesen versiegelten Unterlagen einfach nur drinnen, dass Grasser und Meinl Unschuldslämmer sind. Also dann her damit! Vielleicht ist Grasser schlicht nur schlecht beraten. Hat ihm sein Anwalt schon einmal vorgeschlagen, die Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater von ihrer Schweigepflicht zu entbinden, damit er endlich wieder der schöne, unbefleckte Sunny Boy sein kann? Kaum vorstellbar, dass die „Berufsgeheimnisträger“ ihre Klienten lieber im Gefängnis oder zumindest im Zwielicht sehen wollen und deswegen entlastendes Material mit Erlaubnis und auf Anweisung ihrer Mandanten nicht eilfertig herausrücken. Aber undurchsichtige Verfahrensstrategien sollen nicht unser Problem sein, wir haben ja Vertrauen in unser Justizsystem …
Nichtsdestotrotz können die langsam mahlenden Mühlen der Justiz selbst den entemotionalisierten Betrachter mit ihren Rechtsblüten zuweilen in Rage versetzen. Bleibt abzuwarten, wie das Dreiländer- catch me if you can – Unterlagenversteckspiel endet. Überraschende Gerechtigkeit nicht ausgeschlossen.