Freitag, 22. November 2024
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Das Bankgeheimnis ist bald passé

Nicht bloß das Thema Ausländer wird im heurigen Wahlkampf eine zentrale Rolle spielen – auch die hohen Wohnkosten, die so genannte Reichensteuer, die Abschaffung des Bankgeheimnisses oder die  Begrenzung von Spitzengagen in der Wirtschaft werden Gegenstand  brutaler rhetorischer Hick-hack-Aktionen aller Wahlkämpfer sein.

[[image1]]Derzeit sind die Standpunkte der Parteien so meilenweit voneinander entfernt, dass nicht einmal mit faulen Kompromissen zu rechnen ist. Gleich in zwei von vier Fällen führt Brüssel im Hintergrund dezent Regie: Zum einen fordert die EU Österreich auf, als letztes Mitgliedsland sein Bankgeheimnis – sprich: die finanzielle Privatsphäre von ausländischen Sparern und Investoren – zu opfern, damit Steuerbetrug jeglicher Art, Schwarzgeld-transaktionen sowie Geldwäsche auf internationaler Ebene leichter zu ahnden und der Steuerflucht Einhalt geboten werden könne. Zum andern will die Union demnächst einen Vorschlag für eine gesamteuropäische Regelung präsentieren, wie Top-Bezüge von Managern limitiert und beispielsweise absurd hohe Bonuszahlungen torpediert werden sollten – zum Beispiel, wie in Deutschland diskutiert wird, durch eine stärkere Einbeziehung der Shareholders.

Die Reaktionen der rot-weiß-roten Spitzenpolitiker nehmen sich fürs Erste höchst unterschiedlich aus: Während die SPÖ in Gestalt ihres Kanzlers  verhandlungsbereit ist, weil „Maßnahmen gegen Steueroasen und Steuerhinterziehung das Gebot der Stunde“ wären, wie es Werner Faymann so treffend formulierte, blocken die ÖVP-Spitzen Michael Spindelegger und Maria Fekter gnadenlos ab, weil es ihnen bei dieser hoch-emotionalen Materie vorrangig um „den Schutz der Privatsphäre“ gehe und mehr Transparenz ihrer Einschätzung nach auch gar nicht nötig sei. Die Volkspartei, im Moment auf Brüssel gar nicht gut zu sprechen, will obendrein von der drohenden Begrenzung von Supergehältern nichts wissen, die den roten Granden indes hervorragend ins politische Konzept passt. Die jeweiligen Lobbys ziehen im Hintergrund die Fäden und liefern in beiden Causen stoßweise Argumente pro und contra, um das Meinungsklima im Lande in ihrem Sinn zu prägen. Der oberste Repräsentant des Sparkassenverbandes etwa, Michael Ikrath, der praktischer Weise auch im Parlament sitzt, läuft auf seiner Homepage gegen „beamtete Voyeure, die willkürlich in monetären Schlafzimmern unserer Bürger und Bürgerinnen ein- und ausgehen können“ Sturm. Und  Herbert Stepic, CEO der Raiffeisen Bank International, punktet derzeit mit einer großzügigen Aktion, die zeigen soll, dass großzügigst honorierte Topmanager beileibe keine Unmenschen sind: Er zahlte nämlich zwei der fast fünf Millionen Euro, die er im Vorjahr bezogen hat, freiwillig an das Institut zurück – seine Bezüge, sagte er, stünden nämlich „nicht im Einklang mit meinem Selbstverständnis sowie dem Wertefundament unserer Bankengruppe“.

Topgagen sollen tabu bleiben

Angesichts der relativ komplizierten Materien, die zahlreiche Wähler und Wählerinnen heillos überfordern dürfte, ist es jedenfalls ein Segen, dass es diesbezüglich in Österreich keinen Volksentscheid geben wird – denn dabei würden wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit Emotionen wie Angst und Neid den Ausschlag geben. Zum einen scheint die Vermutung – wie von den Lobbyisten geschürt – beträchtlich zu sein, dass die Abschaffung des rot-weiß-roten Bankgeheimnisses nicht wie geplant etwa superreiche Oligarchen, die bei uns ihr Geld bunkern, treffen werde, sondern den kleinen österreichischen Sparer. Zum andern neigt die so genannte breite Masse schon immer dazu, die als horrend empfundenen Einkommen von Spitzenmanagern prinzipiell herb zu kritisieren, und sie hätte folglich rein gar nicht dagegen, wenn die da oben endlich weniger verdienen würden. Das heißt: Das Volk würde mit ziemlicher Sicherheit NEIN zur Abschaffung des Bankgeheimnisses und JA zur Kürzung der Gagen von Wirtschafts-kapitänen sagen.

Die heimische Politik wird sich allerdings für das genaue Gegenteil entscheiden müssen – erstens bleibt  Österreich, will es nicht imagemäßig für eine schmuddelige Steueroase gehalten werden, kein anderer Ausweg, als dem Druck aus Brüssel nachzugeben und einer weiteren Aufweichung des Bankgeheimnisses zuzustimmen. Und zweitens sollte sich die Regierung einhellig gegen jeglichen Versuch stemmen, die Manager-bezüge letztlich nach oben begrenzen zu wollen. Die Gründe, die im ersten Fall dafür und im zweiten dagegen sprechen, liegen auf der Hand: Einerseits ist der Versuch der EU, gerade nach den bitteren Erfahrungen mit Zypern, legitim, die Schlupflöcher für internationale Steuersünder großflächig zu stopfen – doch dabei müssen alle Mitgliedsstaaten an Bord sein und darf keines auf einen Sonderstatus pochen. Österreich wird sich also vor dem geforderten automatischen Informationsaustausch nicht drücken können. Anderseits gehen die Ambitionen der Europäischen Union, Managerbezüge einheitlich reglementieren zu wollen, eindeutig zu weit. Dass sie den exorbitant hohen Bankerboni, die selbst bei maroden Kreditinstituten gang und gäbe waren, den Kampf angesagt hat, war ja noch verständlich und richtig. Ein ähnlicher Eingriff bei Top-Gagen in der Privatwirtschaft ginge allerdings viel zu weit, weil das dem marktwirt-schaftlichen Grundprinzip widerspräche, dass jedes Unternehmen frei entscheiden könne, wie gut seine Manager honoriert werden. Die EU sollte sich folglich lediglich mit der gängigen Einkommenspolitik staatlicher bzw. staatsnaher Unternehmen befassen, die bekanntlich in etlichen Ländern für genügend makabre Ungereimtheiten sorgt, doch die Finger von privaten Unternehmen lassen – die verprassen nämlich keine Steuergelder …

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