Nach 19 Stunden haben die EU-Finanzminister am frühen Samstag Morgen ihre Verhandlungen über die Bankenabwicklung abgebrochen, um an diesem Mittwoch in Luxemburg einen neuen Anlauf zu nehmen. Das zähe Ringen um die neuen Regeln für marode Banken beweist, wie lange der Weg zur Bankenunion ist. Erst wenn auf EU-Ebene die Bedingungen für die Bankenabwicklung geklärt sind, wird Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier einen Vorschlag für die Bankenabwicklung in der Eurozone vorlegen, dem zweiten Pfeiler der Bankenunion.
[[image1]]Bei der Bankenabwicklung geht es vor allem darum, dass künftig die Steuerzahler entlastet werden sollen, wenn Banken ihr Geschäft einstellen. Die Eigentümer der Bank und die Einleger sollen herangezogen werden. Über die genaue Reihenfolge wird allerdings noch gestritten. Nach den Wirren bei der Zypern-Rettung, bei der es vorübergehend so aussah, als ob auch Anleger unter 100.000 Euro zur Kasse gebeten würden, sind sich die Finanzminister nun einig, Beträge bis zu dieser Marke grundsätzlich von einem Bail-In auszunehmen.
Privatanleger mit Anlagen über 100.000 Euro sollen den größten Schutz genießen, also im Notfall als Letzte einspringen müssen.
Kleinunternehmen beim Bail-In besser schützen
Auch kleine und mittlere Unternehmen mit Einlagen über 100.000 Euro sollen einen verstärkten Schutz genießen. Beim zypriotischen Bail-In bekamen sie keine Vorzugsbehandlung, wodurch die Existenz von Betrieben nun bedroht ist. Weil dies der Volkswirtschaft schadet, soll dies künftig vermieden werden. Den geringsten Schutz sollen künftig große Unternehmen und institutionelle Anleger mit Einlagen über 100.000 Euro genießen.
Die EU-Mitgliedsstaaten sind sich bisher aber noch nicht einig, wie verbindlich die neuen Regeln ausfallen sollen. Deutschland und weitere Staaten wie die Niederlande fordern, dass die Mitgliedsstaaten möglichst wenig Spielraum bekommen sollen. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte, der Kompromiss werde auf „limitierte Flexibilität“ hinauslaufen. Eine Gruppe von Ländern um Frankreich fordert dagegen, dass Regierungen die Umstände der Bankenabwicklung im Einzelfall entscheiden könnten. Die deutsche Regierung will dies vermeiden, weil Mitgliedsstaaten dann höchst unterschiedlich verfahren könnten – was dem Gedanken einer Bankenunion widerspricht.
Teufelskreis brechen
Am Donnerstag hatten sich die Finanzminister der Eurozone auf die Grundsätze der direkten Bankenrekapitalisierung aus dem Rettungsfonds ESM geeinigt, ein Element der Bankenunion, auf das vor allem die Südländer großen Wert legen. Die Staats- und Regierungschef hatten dieses Instrument vergangenen Juni beim Gipfel beschlossen, um den Teufelskreis aus Staatschuldenkrise und Bankenproblemen zu brechen.
Die Bankenhilfen wird es nur unter bestimmten Bedingungen geben. In Frage kommen ausschließlich systemrelevante Großbanken, die noch sanierungsfähig sind. Außerdem ist ein Restrukturierungsplan Voraussetzung, der die Bank verkleinert. Vorläufig sollen maximal 60 Milliarden Euro des Kreditvolumens des ESM von 500 Milliarden Euro für die Banken zur Verfügung stehen. Die Finanzminister der Eurozone könnten zu einem späteren Zeitpunkt beschließen, diesen Betrag zu erhöhen. Um den Anreiz für die direkte
Bankenrekapitalisierung zu senken, müssen sich Mitgliedsstaaten daran beteiligen. Für die ersten zwei Jahre der neuen Regelung ist ein Anteil von 20 Prozent des Mitgliedsstaates vorgesehen.
In Einzelfällen soll die ESM-Hilfe auch rückwirkend zum Einsatz kommen. Deutschland hatte sich dagegen stark gewehrt, weil es befürchtet, dass Länder wie Irland versuchen, ihre Altlasten aus dem Bankensektor auf den ESM abzuwälzen. Viele Experten gehen davon aus, dass in weiteren Ländern der Währungsunion Banken Risiken kaschieren.
Die direkte Bankenrekapitalisierung wird erst zum Einsatz kommen, wenn die gemeinsame europäische Bankenaufsicht funktioniert. Nach aktueller Planung dürfte es im Herbst 2014 der Fall sein. Der Startschuss für die gemeinsame Aufsicht verzögert sich, weil die Europaabgeordneten mit der Europäischen Zentralbank ein stärkeres Mitspracherecht bei der Auswahl des Spitzendpersonals fordert. Europaabgeordnete hatten von Anfang an gewarnt, dass der Aufbau der gemeinsamen Aufsicht viel Zeit in Anspruch nehmen würde, da etwa die Mitarbeiter nicht auf die Schnelle gefunden werden könnten. Auf dem Weg zur Bankenunion droht noch so mancher Stolperstein.