Auf Grund der anhaltend guten Konjunktur sowie eines historisch unerreicht hohen Beschäftigungsstandes von mehr als 42 Millionen Menschen in Arbeit schwimmen die Sozialversicherungsträger in Deutschland im Geld. Dies gilt auch für die gesetzliche Rentenversicherung.
[[image1]]Nach den jüngsten Berechnungen steigt die sogenannte Nachhaltigkeitsreserve bis zum Ende des Jahres auf circa 31 Milliarden Euro, also das 1,75 fache einer Monatsausgabe. Die Ingenieure der gesetzlichen Rentenversicherung haben für diesen Fall vorgesorgt. Ihre Bestimmungen sehen vor, dass die Beitragssätze angesichts dieser Geldflut sinken müssten. Und zwar von 18,9 % des Bruttoeinkommens auf 18,3%.
Diese Beitragssenkungsdynamik würde dazu führen, dass den großen Koalitionären weniger Verteilungsspielräume zustehen. Dies stände im Gegensatz zum erklärten Ziel der drei Koalitionspartner, die gesetzliche Rentenversicherung zu einem großen Umverteilungsvehikel zu machen. Jeder will seine Klientel bedienen und sei es auf Kosten der gegenwärtigen Beitragszahler. Die Union, angeführt von der siebenfachen Mutter von der Leyen, drängt auf eine Verbesserung der Renten für Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren sind. Je nach Berechnung könnte dies zwischen 6 bis 7 Milliarden Euro jährlich kosten.
Gleichgewicht der gesetzlichen Rentenversicherung gefährdet
Die SPD, angeführt von ihrer Generalsekretärin Nahles wirbt für ihr Projekt einer sogenannten abschlagsfreien Rente mit 63 Jahren. Hierauf sollen alle jene ein Recht haben die auf 30 Beitragsjahre zurückblicken können. Kosten dieser „Reform“, circa 5 Milliarden Euro jährlich. Doch damit nicht genug: Im Willy-Brandt-Haus wird auch eine Solidarrente für Geringverdiener in Höhe von 850 Euro erwogen. Damit hätte die deutsche Sozialdemokratie neben ihrem Klassiker des Mindestlohns auch eine Mindestrente in den Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU durchgesetzt. Die Zeche zahlen nicht nur die gegenwärtigen Beitragszahler, sondern werden alle jene zu spüren bekommen, die im Zuge der Vergreisung der deutschen Gesellschaft (demografischer Wandel) in 10 bis 20 Jahren in den Genuss einer Rente kommen werden. Bis dahin wird nicht nur die Nachhaltigkeitsreserve der gesetzlichen Rentenversicherungen abgeschmolzen sein. Vielmehr ist zu befürchten, dass das gesamte Gleichgewicht der gesetzlichen Rentenversicherung gefährdet wird. Das der Bund bei Defiziten der gesetzlichen Rentenversicherung zu Zuschüssen verpflichtet ist, löst die finanzpolitische Gleichung nicht.
Angesichts von circa 20 Millionen wählenden Rentnern in Deutschland sind die Versuchungen demokratischer Politiker, das Füllhorn der Rentenkasse zu leeren und kurzfristige Zustimmung gegen langfristige Defizite zu erreichen, groß.
Die Rentenpolitik der großen Koalitionäre beweist einmal mehr, dass eine Demokratie die Solidität der Finanzwirtschaft nicht garantiert. Denn die verbliebende Opposition im Bundestag, Linke und Grüne, werden gewiss in das gleiche Horn wie CDU/CSU und SPD stoßen. Der Aufschrei von Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden, die auf Grund der paritätischen Beitragszahlungspflicht kein Interesse am Erhalt des hohen Beitragsniveaus haben, nützt nichts. Wirtschafts- und finanzpolitische Vernunft scheint in der Demokratie keinen Anwalt zu haben.
Das Kurzfristdenken der großen Koalitionäre wird mittelfristig nicht nur zu einer Schieflage der Rentenversicherung sondern auch zu einer schweren Belastung der öffentlichen Finanzen führen. Denn es ist nicht davon auszugehen, dass die rosige Konjunktur in Deutschland auch noch die nächsten 20 Jahre andauern wird. Kurzfristig kann die Transferpolitik nur dazu führen, dass sich einzelne Beitragszahler vor den zuständigen Gerichten darüber beschweren, dass die Beitragsätzte entgegen der gesetzlichen Vereinbarungen nicht gesenkt werden. Einmal mehr kommt es also auf den Bürgerprotest an.