Sehr schlechte Idee: „Übergewinne besteuern“. Sehr gute Idee: „Preissysteme Gas-Strom prompt entkoppeln“.
Die WELT befürchtet, dass die Stromknappheit im Herbst 2022 wesentlich bedrohlicher als die Gaskrise wird.
„Eigentlich sollten zusätzlich angefahrene Kohlekraftwerke helfen, Erdgas einzusparen. Doch die Politik verzögert den Einsatz der dringend benötigten Anlagen – mit dramatischen Folgen: Aus der Gaskrise entwickelt sich eine Stromkrise ungeahnten Ausmaßes.“
Heute fuchst es Regierungskritiker Marnette, dass die Gasverstromung über den Sommer hinweg nicht zurückgefahren wurde, sondern im Gegenteil neue Rekordwerte erreichte. Im Mai und Juli wurde in Deutschland mehr Gas zur Stromerzeugung verbrannt als in den Jahren zuvor, obwohl Kohlekraft bereitstand. „Wie will man dem Bürger denn erklären, er soll sparen oder frieren, wenn zugleich Milliarden Kubikmeter des wertvollen Rohstoffs völlig unnötig verfeuert werden“, fragt Marnette: „Die Fortsetzung der vermeidbaren Verstromung von Erdgas auf hohem Niveau ist verantwortungslos, wenn nicht sogar strafbar.“
Viele in der Industrie teilen die Ausgangsthese. „Wir müssen feststellen, dass die Stromerzeugung aus Gaskraftwerken seit Beginn der Ukraine-Krise kaum zurückgegangen ist“, zitierte das „Handelsblatt“ Christof Bauer, Vorsitzender des Energieausschusses im Verband der Chemischen Industrie (VCI). Dabei hätte man mit Kohlekraft „schnell Entlastung schaffen können“.
Das verzögerte Kohle-Comeback trägt zu einer neuen Krise bei, die nur noch nicht richtig wahrgenommen wird. Denn während die Öffentlichkeit den Gasmarkt im Blick hat und sich vor Kälte und Heizkosten gruselt, braut sich eine ungute Gemengelage auch am Strommarkt zusammen. Das Geschehen dort lässt professionelle Marktbeobachter erbleichen. „Schauen Sie nicht nach oben“, warnte etwa Javier Blas, Experte der Agentur Bloomberg. „Wenn Sie es doch tun, kann Ihnen der europäische Strommarkt eine höllische Angst einjagen.“
Was Blas meint: Nur wer den Kopf weit in den Nacken legt, kann in der Ferne noch die Spitze der Strompreiskurve sehen, die sich in den letzten Wochen in ungeahnte Höhen geschraubt hat. Am Terminmarkt wird Strom zur Lieferung 2023 schon zu 450 Euro pro Megawattstunde gehandelt – fast eine Verzehnfachung des früheren Niveaus. „Der Preisanstieg ist wirklich atemberaubend“, sagt Lion Hirth, Energieexperte der Hertie School: „Das gab es in der Geschichte des Strommarkts noch nie.“
„Es ist möglich, dass wir in Deutschland vor einer Gasknappheit noch eine Stromknappheit bekommen könnten“, sagt Energieexperte Alexander Weiss, Senior Partner der Unternehmensberatung McKinsey.
„Dass die Bundesregierung den Einsatz von Kohlekraftwerken vor diesem Hintergrund nicht mit mehr Dringlichkeit betreibt, verwundert“, sagt Holger Lösch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Tatsächlich würden unnötige Regularien das Wiederanfahren der Kraftwerke massiv verzögern.
So macht es der Gesetzgeber etwa zur Auflage, neben den Kraftwerken einen Kohlevorrat aufzuschütten, der für 30 Tage durchgehenden Betrieb auf maximaler Leistung reicht. Die Kosten sind hoch, wie das Beispiel des Essener Unternehmens Steag zeigt, das mit 2,3 Gigawatt eine erhebliche Menge Kohlekraft zurück an den Markt bringen will.
Nur: Zum Stichtag 1. November muss die Steag erst einmal 700.000 Tonnen Steinkohle beschaffen. Beim aktuellen Weltmarktpreis von 342 Euro pro Tonne kostet das 240 Millionen Euro – eine Summe, höher als der operative Gewinn des letzten Jahres. Doch ob die Kohle auch verfeuert werden kann, weiß die Steag nicht. Die Erlaubnis zur Kohleverfeuerung endet laut Verordnung schon am 30. April 2023. Wird die „Alarmstufe“ des Gasnotfallplans zurückgenommen, erlischt die Erlaubnis zur Kohleverstromung. Die Kraftwerker, gerufen in der Not, würden auf ihren teuren Brennstoffhalden sitzen bleiben.
Doch Habecks Kohleverordnung bestimmt, dass Braunkohle-Kraftwerke erst dann zum Einsatz kommen dürfen, wenn die Steinkohlekraftwerke nicht mehr ausreichen, um die Nachfrage zu decken. Obwohl die Betreiber Leag und die rheinische RWE bereits damit begonnen haben, Hunderte Mitarbeiter aus dem Vorruhestand zu holen, werden sie im Unklaren darüber gelassen, ob und wann die Kraftwerke überhaupt wieder produzieren dürfen.
Die dringende Entkoppelung von Strom- und Gaspreisen wird noch immer nicht ernsthaft diskutiert oder gar gelöst.
Ausgenommen Energie-Lobbyisten und Profiteuren dieser unsinnigen Koppelung beider Preise an eine Energiebörse, welche durch besonders niedrige Marktbedeutung auffällt, ist keinem Bürger, keinem Strom- oder Gaskunden klar, weshalb die EU noch immer an dieser zwischenzeitlich für die Existenz der Bürger und Unternehmen extrem gefährlichen „Regel“ festhält.
Jeder „Ausweichversuch“, diesen Unsinn als „in Stein gemeißelt“ beizubehalten und dafür sogenannte „Übergewinne“ der Energiewirtschaft zu besteuern, bestärkt nur das in diesem Falle ganz gewiss unvertretbare System der politischen Einflussnahme auf die Wählergunst.
Durch „Umverteilung“, also Besteuerung der „Über-Gewinne“ erhält der Staat, also indirekt wieder die politischen Parteien“, großen Einfluss und Mittelzufluss, der dann gnädig der jeweiligen politischen Klientel zum „Geschenk“ dargebracht wird.
Besser, sinnvoller, nützlicher, mit direkter Wirkung für die Energiekonsumenten, auch vor allem für die Wirtschaft, ist die sofortige Abkoppelung des Strom- vom Gaspreis und damit eine deutliche Reduktion des lebenswichtigen Strompreises.
Quelle:
- Strompreis fast verzehnfacht – Diese Kurve ist Vorbote der nächsten Mega-Krise, welt.de, 16.08.2022
Die aktuelle Politik und deren langsamen Entscheidungen erinnern an die 5 Jahres Pläne der Kommunisten . Unflexibel und in modernen Zeiten nicht nachvollziehbar für die Bevölkerung. Politiker müssten lernen anders zu denken und eher Unternehmerisch handeln……! Hoffentlich keine unlösbare Aufgabe für die Politik……?!