Die Salzburger Nockerln haben den 28 EU-Regierungschefs sichtlich gemundet. Eine echte Bewegung in die starren Fronten ist weder beim Brexit noch bei Frontex feststellbar.
Nach außenhin versucht man die Situation zu kaschieren. So lobt im offiziellen Kommunique EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker die österreichische Gastfreundschaft und resümmiert: „Es war ein nützlicher und positiver informeller Gipfel“. Nachdem die informellen Ratssitzungen keine Geschäftsordnung kennen, gibt es auch keine Beschlüsse sondern gab es nur einen Gedankenaustausch. Dementsprechend heißt es im Pressetext weiter im üblichen Diplomatendeutsch, „dass eine Reihe von Vorschlägen, die die Kommission vergangene Woche präsentiert hatte, auf breite Zustimmung gestoßen sind, auch wenn Detailaspekte noch debattiert werden müssen“. Was nichts anderes heißt, dass sich am Status quo nichts geändert hat.
Brexit in der Warteschleife
Das zeigte sich bereits bei der Brexit-Debatte. Während Premierministerin Theresa May sich von der EU ein Entgegenkommen und Kompromissbereitschaft wünschte, beharrten die 27 Regierungschefs auf den Abschluss eines Austrittsvertrages und eines Freihandelsabkommens „ohne Extra-Zuckerln“. Mehr noch, sie plädierten für eine nochmalige Volksabstimmung, die aber May kategorisch ablehnte. Verständnis zeigte man für die schwierige innerparteiliche Lage der britischen Regierungschefin, die noch einen Parteitag der Torys zu überleben hat. Daher, so Ratspräsident Donald Tusk, „wird erst beim EU-Gipfel im Oktober die Stunde der Wahrheit schlagen. Gibt es einen Durchbruch, so soll am 17. und 18. November ein Sondergipfel stattfinden, um die Einigung formell unter Dach und Fach zu bringen“. Oder anders ausgedrückt, die Hoffnung stirbt zuletzt. Denn mit einem „No deal“ will man sich noch nicht abfinden.
Orban-Salvini-Achse
In der Causa Frontex klaffen Dichtung und Wahrheit noch mehr auseinander. So heißt es offiziell, „dass man in Sachen Außengrenzschutz ebenfalls vorangekommen wäre“. Tatsächlich freilich hat man derzeit das Thema einer solidarischen Verteilung der Flüchtlinge überhaupt abgehakt, weil sich vor allem die Oststaaten gegen die Aufnahme von Flüchtlingen unverändert wehren. Und auch Abschlagszahlungen nicht akzeptieren. Was den Außengrenzschutz betrifft, so wird dieser zwar befürwortet, es gibt aber keine Einigung über die Kompetenzen der Grenzschutztruppe. Die drei Mittelmeerstaaten und Ungarn sind nicht bereit auf ihre Souveränitätsrechte zu verzichten, wobei insbesondere Ungarns Premier Viktor Orban und Italiens Innenminister Matteo Salvini einen Schulterschluss vollzogen haben.
Gipfel-Tourismus
Von den hohen Erwartungen an den Salzburg.-Gipfel übrig geblieben ist, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz das Mandat erhalten hat, mit Ägypten sowie weiteren nordafrikanischen Staaten eine Lösung nach dem Vorbild des EU-Türkei-Deals zu verhandeln. Allerdings will Kairo vorerst noch nichts von der Errichtung einer so genannten „Anlandeplattform“ wissen, wo bereits Asylanträge behandelt werden sollen. Bereitschaft zu einer Kooperation mit der EU, um die Flüchtlingsroute vom Nildelta übers Mittelmeer in Richtung Europa dicht zu machen und dafür auch finanzielle Unterstützung für die notleidende Wirtschaft zu erhalten, ist aber vorhanden. Und auch die Hoffnung auf ein gesamthaftes Migrationspaket hat Kurz nicht aufgegeben. Diesbezüglich hat er sich nun den Dezember-Gipfel zum Ziel gesetzt. Anstelle einstimmige politische Entscheidungen zu treffen, hat man sich auf einen Gipfel-Tourismus verständigt.