Sonntag, 22. Dezember 2024
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Die Bilanz eines Wahlkampfes

Im nun ablaufenden Wahlkampf um das österreichische Präsidentenamt gab es zum Glück keine groben Fouls. Österreich hat sich hier als reife Demokratie gezeigt. Dafür wurden wir vor allem von Massenmedien mit viel Schwachsinn konfrontiert.

Dieser drohte, das Amt des Staatsoberhaupts auf das Niveau Seitenblicke-Dancing-Stars herunterzudrücken: Die Kandidaten mussten kochen, Melodien erraten oder Süßigkeiten verteilen. Das gehört alles nicht wirklich zur Job description, wird aber offenbar von Agenturen und Medien als wichtig angesehen.
Generell waren alle Sechs fast durchwegs bemüht, nicht allzu viele Kanten zu zeigen. Was ja an sich verständlich ist – solange es sich in akzeptablen Grenzen der Glaubwürdigkeit hält. Wirklich schlimm ist aber, dass sich die gesamte Kandidatenschar von der Kronenzeitung erpressen und unter Druck setzen hat lassen.
Alle sechs sprachen sich auf Verlangen der Zeitung gegen das geplante transatlantische Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA aus. Sie taten das vermutlich alle – oder zumindest die meisten von ihnen – wider besseres Wissen. Denn es ist ganz eindeutig, dass gerade die seit Jahren darniederliegende österreichische Wirtschaft und damit der von wachsender Arbeitslosigkeit geplagte Jobmarkt die Möglichkeiten von TTIP (und ähnlichen Abkommen mit anderen Weltregionen) dringend benötigen würden.

Die Kandidaten hatten aber alle panische Angst vor einer Schmutzkampagne der Krone gegen ihre Person und knickten daher ein (trotz der rapide schwindenden Marktanteile der einstigen Zeitung Hans Dichands).

Was aber gar nicht nötig gewesen wäre, wie das Exempel des letzten Politikers zeigt, der es gewagt hat, sich den Drohungen der Krone frontal entgegenzustellen. Das war Wolfgang Schüssel im Jahr 2000, als er sich trotz kämpferischer Krone-Aufmacher (für Rot-Schwarz) für Schwarz-Blau entschied. Schüssels Entscheidung hatte so großen Erfolg, dass das damals noch auflagenmächtige Dichand-Blatt nach einer Woche komplett die Richtung ihrer Kampagne ändern musste und zum großen Verteidiger der Regierung wurde.

Vieles von dem, was da im Wahlkampf von den Kandidaten angekündigt wurde, ist reiner Nonsens. Denn fast nichts davon wird angesichts der realen politischen und rechtlichen Machtverhältnisse Wirklichkeit werden.

Weder wird der eine Kandidat eine Regierung mit einem blauer Bundeskanzler verhindern können, noch der andere einen Regierungsrücktritt durchsetzen noch der dritte rot-schwarze Regierungen verhindern können. Das sind alles realitätsfremde Planspiele. Genausowenig wird der neue Bundespräsident das kranke Pensionssystem reformieren oder ein neues Schulfach einführen können. Das ist alles leeres Wortgeklimper oder ahnungslose Machtphantasie.
Das heißt aber nicht, dass es irrelevant wäre, was für eine Persönlichkeit der Bundespräsident ist. In Stunden der extremen Staatsnot – wie etwa 1938 – ist es durchaus wichtig, wer da in der Hofburg sitzt. Dann kann er auch die Verfassung ausnützen.

Ansonsten ist das Staatsoberhaupt vor allem das oberste Gesicht des Landes nach außen. Er kann guten oder schlechten Wind in der Welt für ein Land machen. Nach innen kann er zwar nicht die Regierung stürzen, aber er hat vor allem bei Personalentscheidungen das letzte Wort, ob es nun um Botschafterernennungen oder Schuldirektoren geht. Wobei der letztgenannte Punkt freilich ein reiner Anachronismus ist: Denn längst sollten solche Direktorenbestellungen Sache der Eltern und Lehrer sein und nicht eine der Politik.

Und jedenfalls kann ein Bundespräsident durch gelegentliche – also nicht zu häufige! – öffentliche Stellungnahmen ein gewichtiges Wort in einzelnen Sachfragen äußern. Damit hat er zwar keine direkte Macht, aber sehr wohl traut sich im obrigkeitsgläubigen Österreich kaum jemand, einem Bundespräsidenten direkt zu widersprechen.

Der Rest der Aufregungen und Themen der letzten Wochen – und auch der bevorstehenden Stichwahl – wird wohl bald vergessen sein. Und es bleibt hoffentlich das Positive: Bei keinem der fünf Kandidaten mit Erfolgschancen müssen sich die Österreicher genieren, wenn er (oder sie) es wird.

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