Sonntag, 22. Dezember 2024
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Die G 7 – das Potemkinsche Dorf der Weltwirtschaft

G7-Gipfel, Biarritz, Frankreich, 24-26/08/2019 / Bild: European Union, 2019, EC – Audiovisual Service

Die so genannten G7 empfinden sich als die Gruppe der bedeutendsten Industrienationen der Welt. Die Wirklichkeit sieht etwas anders aus.

Zwei Tage lang blickte die Welt in das französische Biarritz. Unter dem Vorsitz von Frankreichs Staatspräsidenten Emmanuelle Macron trafen sich die Regierungschefs der G7, um der Öffentlichkeit zu vermitteln, sie wären gewissermaßen der Nabel der Welt. Sie hätten es in der Hand, die großen Probleme zu lösen. Mitnichten. Zum einen, ist die G7 genau genommen, zu einem Potemkinsches Dorf geworden, weil es längst auch andere Big Player gibt, die von diesem Kreis ausgeschlossen sind, aber vor allem wirtschaftlich eine große Rolle spielen. Zum anderen zeigte sich einmal mehr, dass es an den entsprechenden Führungspersönlichkeiten mangelt. Donald Trump und Boris Johnson hinterließen den Eindruck eines Kabarettisten-Duos, das sich der Verantwortung, die sie zu tragen hätten, nicht bewusst sind. Die Staatschefs von Deutschland, Kanada und Italien wiederum kämpfen derzeit in ihren eigenen Ländern mit hausgemachten Schwierigkeiten – und sollen nun Krisenfeuerwehr in der Welt spielen.

Vor 45 Jahren war die Welt noch anders

Der Lauf der Geschichte hat genau genommen, die Bedeutung der G7 überrollt. Man hat es nur noch nicht zur Kenntnis genommen. Dabei ist die Faktenlage eindeutig. Ein Blick zurück in die letzten 45 Jahre sowie auf die tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten macht deutlich, dass die Zeit zu einer Veränderung längst gekommen ist. Die Idee des Zusammenschlusses der weltgrößten Industrienationen geht zurück bis in das Jahr 1973. Damals trafen sich erstmals die Finanzminister und Zentralbankchefs der USA, Deutschlands, des Vereinigten Königreichs und Frankreichs in der Bibliothek des Weißen Hauses, um wirtschaftliche Entscheidungen abzustimmen und zu akkordieren. Bereits zwei Jahre später, und zwar im Zuge eines Kamingespräches auf Schloss Rambouillet wurden auch noch Italien und Japan miteinbezogen. Kurz darauf kam noch Kanada hinzu. Ab diesem Zeitpunkt war von der Gruppe der G7 die Rede. Und diese Zusammensetzung entsprach damals auch der Realität, was den Einfluss auf die Finanz- und Währungspolitik betraf.

Die G8 war noch ein mächtiger Klub

War man zunächst nur mit Finanz- und Währungsfragen beschäftigt, so begann sich der Themenbereich alsbald zu erweitern. Mittlerweile geht es unterhalb des einmal jährlich stattfindenden Politikergipfels auf Experten- und Beamtenebene auch um Gesundheits- und Bildungspolitik, Wirtschaft, Bevölkerungsentwicklung, Umwelt, Klimawandel, Außenpolitik, Fragen des internationalen Rechtes, Strafverfolgung, und internationaler Handel. Von den Treffen der G7 gingen immer wieder weitreichende Entscheidungen aus. Der Fall des Eisernen Vorhangs, das Ende des so genannten Kalten Kriegs, der Zusammenbruch des kommunistischen Ostblocks hatte schließlich – fast logischerweise die Folge – dass 1998 auch Russland zu diesem erlauchten Kreis dazu stieß. Die nunmehrigen G8 – sie beherrschten 45 Prozent der Weltwirtschaftskraft – waren somit ein wenn auch nur informeller aber doch schwergewichtiger Zusammenschluss  nicht nur von Industrienationen sondern auch von Staaten, die weltpolitisch ein Wort zu sagen haben.

Russland fehlt im Konzert

Den ersten Bruch gab es 2014, als aufgrund der Annexion der Krim, Russland ausgeschlossen wurde. Was vor allem zur Folge hatte, dass es in Punkto Außenpolitik immer wieder zu einer Konfrontation der nunmehrigen G7 mit Russland kam. Inzwischen gibt es freilich – siehe Iran – auch bereits eine kontroversielle Diskussion zwischen den G7-Mitgliedern, wobei es vor allem die USA sind, die aus der Linie ausscheren und nun – nach dem Brexit – auf die Unterstützung Großbritanniens hoffen. Ein weiteres Problem ist aber vor allem, dass sich nicht nur seit der großen Weltfinanzkrise 2014 die Gewichte innerhalb der G7 verschoben haben sondern vor allem neue Industrienationen auftreten, die einfach nicht mehr länger ignoriert werden dürfen, die wirtschaftliche Potenz haben und auch politischen Einfluss ausüben wollen.

Verschiebungen in der Rangliste

Die Daten liefert der Internationale Währungsfonds. Noch sind die USA mit einem BIP von 20.494, 05 Billionen US-Dollar die größte Weltwirtschaft der Erde. Allerdings befindet sich schon seit längerem China auf einer rasanten Aufholjagd und hält augenblicklich bei 13.407,40 US-Dollar. Am dritten Platz liegt übrigens ein weiteres asiatisches Land, nämlich Japan, das auf ein BIP von 4.971,93 Billionen US-Dollar verweisen kann. Erst dahinter folgen drei europäische Staaten, nämlich der Reihe nach Deutschland, Großbritannien und Frankreich. Charakteristisch für den Zeitenwandel, ja Paradigmenwechsel sind die nächsten Plätze. Italien – das Sorgenkind der Europäischen Zentralbank wurde nämlich bereits – von Indien überholt und Brasilien hat Kanada auf den zehnten Platz zurückgedrängt. Dahinter folgen dann gleich noch Russland und Südkorea, womit die Gruppe der größten zwölf Volkswirtschaften komplett wäre.

Die EU „könnte“ ein Machtfaktor sein

Genau genommen ist die Zeit der G7 abgelaufen und wäre es an der Zeit, wirklich jene Staaten an den Verhandlungstisch zu bringen, die wirtschaftlich ein Gewicht haben und die auch politisch einen erheblichen Faktor darstellen. Wie China, aber auch Indien und Brasilien. Diesen Nachdenkprozess einzuleiten und zu beginnen, und zwar ehe es zu spät ist, sollte die eigentliche Schlussfolgering des Gipfels von Biarritz sein. Bei dieser Gelegenheit sollte sich aber auch Europa bewusst sein, über welche Stärke und Einfluss es theoretisch noch verfügt. Nur noch vier europäische Staaten finden sich unter den ersten zehn gewichtigsten Industrienationen. Würde hingegen die EU als kompakte wirtschaftliche und politische Macht auftreten, würde es mir einem BIP 17.578,72 Billionen US-Dollar beinahe die Spitzenposition der USA streitig machen und China auf den dritten Platz verdrängen. Der gesamte europäische Binnenmarkt, also auch inklusive Russlands, würde es sogar auf den ersten Platz schaffen.

Ein Kommentar vorhanden

  1. „Die G 7 – das Potemkinsche Dorf der Weltwirtschaft“ Sehr richtig definiert, denn mehr ist dieser Gipfel tatsächlich nicht ! Denn, es handelt sich lediglich um eine Machtdemonstration einzelner Länder/Politikerr ohne substanziellen Inhalt ! Ein Treffen der Mächtigen, um den kleinen Würsteln zu zeigen, wer die Macht inne hat ! Genauso wie im 18. Jhdt. Grigori Potjomkin mit der Errichtung dieser Dörfer die Macht von Katharina II von Russland demonstrieren wollte ! Alles nur Trug, alles nur Schall und Rauch !

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