Donnerstag, 21. November 2024
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Die neue China-Connection

„Verbotene Stadt“ im Zentrum von Peking / Bild © Creative Commons Pixabay (Ausschnitt)

Bei einem perfekten Staatsbesuch in Peking hat Österreich neue Freunde gefunden.

Der eine ist für unzählige Anhänger anderer politischer Glaubensrichtungen noch immer zu grün, mit 74 Jahren auch zu alt, obendrein etwas zu schrullig und nicht zuletzt übertrieben langweilig.

Der andere wiederum muss sich von vielen politisch Andersdenkenden nachsagen lassen, mit 31 zu jung und zu unerfahren, zugleich aber auch zu machthungrig und autoritär zu sein.

Das ungleiche Duo, das trotz klarer Wahlsiege nicht nur Zuspruch verspürt, sondern auch mit Gegenwind konfrontiert ist, hat seine unterschiedlichen Kritiker allerdings soeben eines Besseren belehrt: Die China-Reise von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz an der Spitze einer 250-köpfigen Delegation war nämlich alles in allem ein Riesenerfolg – und große Klasse.

Bislang hat es kaum jemals einen derart perfekten Auftritt österreichischer Politiker im Ausland gegeben: Präsident und Kanzler, im Schlepptau vier Minister, der WKO-Präsident und nicht weniger als 170 rot-weiß-rote Wirtschaftskapitäne (darunter ganz wenige Kapitäninnen), sind in Peking von Staatspräsident Xi Jinping mit allen Ehren empfangen worden; sie haben im Diao Yu Tai State Guest House mit Ministerpräsident Li Keqiang ein Arbeitsgespräch geführt und sich weiters in der Großen Halle des Volkes mit dem Vorsitzenden des Volkskongresses, Li Zhanshu, getroffen.

Am Programm stand, neben einigen touristischen Highlights wie eine Führung durch die Verbotene Stadt, die Unterzeichnung von rund 30 schriftlichen Abkommen zwischen der winzigen Alpenrepublik und der monströsen Volksrepublik: Österreich und China wollen künftig u. a. in so unterschiedlichen Bereichen   wie Rechtshilfe in Strafsachen, angewandte Forschung und Innovation, E-Commerce, Kultur und Sport eng kooperieren – das war auch an der Zeit.

Die bilaterale Harmonie ist vielschichtig: Ein so genanntes Memorandum of Understanding, das Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck unterfertigen durfte, soll eine bessere wirtschaftliche Kooperation beider Länder ermöglichen und den chinesischen Supermarkt für österreichische Exporteure öffnen. In einer Absichtserklärung, die Minister Norbert Hofer zu unterschreiben hatte, wurde wiederum Österreichs Ja zur Neuen Seidenstraße, dem gigantischen Prestigeprojekt der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission Chinas, offiziell dokumentiert, wobei insbesonders die Modernisierung der Orient-Ost-Mediterranen Bahnachse von Piräus bis nach Wien den Österreichern etliche Großaufträge bescheren könnte.

Damit sind wir beim wohl wichtigsten Aspekt der China-Expedition angelangt: Im Schlepptau des Bundespräsidenten wurden von österreichischen Firmenrepräsentanten rund 30 Verträge im Gesamtvolumen von 1,5 Milliarden Euro unterfertigt. Anlass zur Freude hatten beispielsweise der Vorarlberger Weltmarktleader Doppelmayr, der für die Olympischen Winterspiele 2022 neun  Seilbahnanlagen errichten wird, und der steirische Anlagenbauer Andritz, künftig mit dem chinesischen Energieriesen Three Gourges bei ausländischen Projekten zusammenarbeiten wird.

Zu den Glücklichen, die in China zum Zug kommen, zählen weiters Exportkaiser wie Umdasch, Magna, Borealis, ÖBB Rail Cargo und die einstige Voest Alpine Industrieanlagenbau (VAI), die mittlerweile als Primetals firmiert, in London sitzt und im Reich der Mitte ein Kaltwalzwerk errichten darf. Geschäftliche Erfolge konnten desgleichen etwa die auf Chipkarten und Zutrittssysteme spezialisierte Salzburger Axess, der seit kurzem in chinesischem Besitz befindliche Wiener Neustädter Kleinflugzeugbauer Diamond Aircraft sowie der Flughafen Wien fixieren, der die Hainan Airlines zu zwei Wien-Flügen pro Woche motivieren konnte.

Wann kommt Xi Jinping?

Auch wenn niemand ernsthaft annehmen wird, dass derartige Aufträge von der Politik akquiriert werden – das ist naturgemäß in mühsamer Kleinarbeit den Unternehmen vorbehalten -, so fällt bei Staatsbesuchen stets ein klitzekleines Stückchen des Ruhms für die Politiker ab. Diesmal ist es freilich gar nicht so klitzeklein, weil Van der Bellen und Kurz ihren Job ausgezeichnet erledigt haben, indem sie in China mit Kompetenz, Professionalität, Diplomatie, Engagement und Sympathie punkten konnten.

Lobend erwähnt müssen auch die – bislang alles andere als selbstverständlichen – ministeriellen Initiativen werden: Margarete Schramböck etwa traf Vertreter der chinesischen Branchenführer Huawei und Alibaba; Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger wiederum, die mit dem chinesischen Landwirtschaftsminister ein Abkommen zum Export von österreichischem Schweinefleisch unterzeichnete – die heimischen Schlachtbetriebe haben darauf seit jeher gehofft -, konzentrierte sich gleich auf ihre nächsten Anliegen, sprich: Milch- und Obst-Exporte aus Österreich. Nicht zuletzt hat Kanzler Kurz den Chairman der weltgrößten Industrial and Commercial Bank of China besucht, die in Wien eine Filiale eröffnen möchte. Und zum Drüberstreuen stattete Van der Bellen dem Gründer der HNA-Group, Chen Feng, eine Kurzvisite ab – der ist immerhin größter Aktionär der Deutschen Bank.

Die Strategie, als kleines Land mit einer pompösen Delegation in Peking vorstellig zu werden, war gerade in dieser welthandelspolitisch schwierigen Phase goldrichtig, weil die Volksrepublik künftig ein besonders wichtiger Wirtschaftspartner Österreichs sein wird: Derzeit sind 900 heimische Firmen in China präsent – das Potenzial ist gewaltig; im vergangenen Jahr stiegen unsere Exporte nach China um 11,6 Prozent auf rund 3,7 Milliarden Euro – auch hier ist noch viel Luft nach oben. Nicht zu vergessen sind die derzeit 900.000 Touristen aus China, die 2017 zu uns kamen – für mehr ist übrigens noch ausreichend Platz…

Wenn es gelingt, die beträchtlichen Chancen auf diesem allmählich offener werdenden Markt wahr zu nehmen, wird Österreichs Wirtschaft auch den Auswärtstrend bei den zuletzt um 6,6 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro gestiegenen Einfuhren aus der Volksrepublik in Kauf nehmen. Es wäre wünschenswert, dass China, derzeit nach den USA unser zweitwichtigster Markt in Übersee, in allen Belangen tatsächlich zu einem verlässlichen Partner Österreichs und die Kultur- und Skination stets mit Wohlwollen im Visier behält. Van der Bellen hat den chinesischen Präsidenten Xi Jinping samt dessen musikalischer Ehefrau Peng Liyuan schon einmal nach Österreich eingeladen, vielleicht zum nächsten Neujahrskonzert oder zu den Salzburger Festspielen. So wie’s aussieht, werden die beiden kommen – freilich erst nach Wladimir Putin, der schon für Juni angesagt ist…

PS: Auf einen Besuch von Donald Trump können wir allerdings gerne verzichten…

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