In den USA bekämpft der demokratische Teil des Kongresses den republikanischen Präsidenten Donald Trump vor allem mit diesem Vorwurf: Trumps Wahl sei durch Einmischung Russlands beeinflusst worden. Und der sogenannte Sonderermittler Mueller versucht mit der gleichen Anschuldigung sogar, die ganze Mannschaft Trumps aus Wahlkampfzeiten samt allen Russen, derer er habhaft wird, vor den Strafrichter zu zerren.
Was auch immer da konkret an Kontakten gelaufen sein mag: Das Ganze wird aus parteipolitischen Motiven massiv aufgebauscht, ist es doch ziemlich eindeutig, dass die Amerikaner nicht die Russen gebraucht haben, um Hillary Clinton abzulehnen. Die Hysterie ist auch weltpolitisch eine gewaltige Dummheit, denn der Weltfriede ist noch immer primär von einer guten Verständigung zwischen Moskau und Washington abhängig, die man keinesfalls zu einem Verbrechen machen sollte. Und diese Aufregung ist vor allem eine Riesenheuchelei. Denn die US-Demokraten machen jetzt genau das zum Megadelikt, was sie eindeutig selbst gemacht haben: Einmischung in die Politik und Wahlkämpfe fremder Länder.
Sie wollten sich sogar bei einem Verbündeten einmischen, und zwar beim Nato-Mitglied Ungarn. Im letzten Regierungsjahr von Barack Obama haben sie nämlich 700.000 Dollar zum Zweck der Antiregierungs-Propaganda in Ungarn ausgeschrieben. Offiziell wurde das genannt: „Unterstützung objektiver Medien in Ungarn“.
Da jedoch auch die US-Demokraten nicht wissen können, was eigentlich „objektiv“ ist, was die Wahrheit ist, war diese Aktion eindeutig eine Unterstützung der linken Opposition in Ungarn. Sie war eine beleidigende Einmischung in die Innenpolitik eines anderen Landes. Das ist anmaßend und verlogen.
Gewiss stand und steht der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Ungarn Regierungschef Orban sehr nahe. Aber das ist um keinen Deut anders als etwa in Österreich die intime Nähe fast der gesamten ORF-Mannschaft zur SPÖ und ihrer grünen Zubringerpartei. Und die Medienbestechung aus Steuergeld vor allem durch die Gemeinde Wien ist zweifellos noch viel schlimmer, weil kriminell.
Es kann freilich kein Zweifel sein: So sehr dies alles zu kritisieren ist, so skandalös und unakzeptabel wäre es auch für Österreich, wenn eine ausländische Macht beginnen würde, irgendwelche Gegenmedien zu finanzieren.
Eigentlich sollten die Zeiten des Kalten Krieges vorbei sein
In denen hat etwa Moskau viele Jahre lang die österreichische Zeitung „Volksstimme“ (und andere Propagandaplattformen) unterstützt. Aber auch umgekehrt gibt es wenig Zweifel, dass die „Presse“ in ihren ersten Wiedergründungsjahren nach dem Krieg Gelder des CIA bekommen hat.
Die Zeiten des Kalten Krieges sind jedoch längst vorbei. Heute sind Österreich wie Ungarn souveräne Länder, die sich mit allen Mitteln gegen ausländische Einmischung wehren sollten. Natürlich gibt es in Ungarn auch heute sehr regierungskritische Medien (freilich zu wissen, ob die „objektiver“ sind als die regierungsnahen, behaupten nur linke US-Demokraten). So wie es auch in Österreich (zumindest im kostengünstigen Internet und in der Fernsehstation eines Milliardärs) völlig regierungsunabhängige Medien gibt. Gerade in Ungarn kommt dazu, dass dort die umstrittenen Unterstützungen des Amerikaners George Soros eindeutig nur regierungskritischen Vereinen, Plattformen und Universitäten zugutekommen.
Hätten die USA wirklich geglaubt, in Ungarn wären Demokratie und Rechtsstaat am Ende – was ja zwangsläufig die Folge einer Gleichschaltung der Medien wäre – dann wären 700.000 Dollar freilich eine völlig lächerliche Summe, um dagegenzuhalten. Dann hätten die USA vor allem den Ausschluss Ungarns aus dem gemeinsamen Verteidigungsbündnis Nato beantragen müssen. Washington könnte doch nicht ernsthaft die Verpflichtung zur Verteidigung eines Landes beschwören, das keine Demokratie und kein Rechtsstaat mehr ist.
Ungarn ist aber ganz eindeutig sowohl das eine wie das andere. Während übrigens die Türkei weder Rechtsstaat noch Demokratie mehr ist. Hingegen noch immer Nato-Mitglied.
Diese 700.000 Dollar sind also in Wahrheit rein eine parteipolitische Einmischung. Was – trotz des geringen Betrages – weit schlimmer ist als die Geldflüsse von Soros zu seinen befreundeten NGOs. Das ist wenigstens sein privates Geld. Hingegen wollten die USA mit Staats- mit Steuergeld in die Innenpolitik eines befreundeten Landes eingreifen.
Apropos Soros: Der Mann und sein Netzwerk kommen einem auch angesichts der gewaltigen Aufregung in den Sinn, die derzeit in etlichen Ländern um den Amerikaner Steve Bannon tobt. Der Gründer des erfolgreichen Nachrichtenportals „Breitbart“ (der eine Zeitlang auch im Team von Donald Trump gewesen ist, bevor er dort verabschiedet worden ist) gründet jetzt eine Stiftung in Europa, die vor allem rechtspopulistische Parteien und Bewegungen unterstützen soll.
Viele, die da jetzt gegen Bannon „Skandalöse Einmischung!“ rufen, sind widerliche Heuchler, weil sie nie die diversen politisch-ideologischen Finanzierungsaktionen des George Soros kritisiert haben. Man ist völlig unglaubwürdig, wenn man sich moralistisch nur über die Finanzierungsaktivitäten eines ideologisch Andersdenkenden erregt, die der eigenen Sympathisanten aber wie selbstverständlich in Ordnung findet.
Wenn man um Rechtsstaat, Demokratie und Souveränität besorgt ist, sollten eigentlich Europas Staaten – oder auch die EU-Länder gemeinsam – intensiv die Diskussion beginnen: Soll man die offene oder versteckte Finanzierung politischer oder politiknaher Aktivitäten aus dem Ausland nicht verbieten? Oder soll man alternativ die genaue Registrierung und Veröffentlichung jedes aus dem Ausland kommenden Geldbetrages vorschreiben, der in NGOs, Parteien, Medien, Universitäten usw. fließt, ohne aber Auslandsfinanzierungen prinzipiell zu verbieten? Aber war genau eine solche Registrierungspflicht nicht vielleicht auch in dieser Form ein Element des Abbaus der russischen Demokratie, da die ausländischen Gelder ja ein kleines Gegengewicht zum Missbrauch der gesamten Staatsgewalt für den Machterhalt von Wladimir Putin darstellen?
Fast alles spricht jedenfalls gegen Verbote
Hingegen spricht vieles für ein deutliches Mehr an Transparenz – vor allem innerhalb eines Landes, vor allem bei öffentlichen Geldern, vor allem bei Geldflüssen rund um NGOs, Parteien, Medien und Universitäten. Das Medientransparenzgesetz war etwa in Österreich ein guter Anfang in diese Richtung. Hingegen gelingt es den Mächtigen Österreichs wie auch vieler anderer Staaten weiterhin sehr gut, viele Geldflüsse hinter einer dichten Betonwand aus „Amtsgeheimnis!“ und „Datenschutz!“ zu verbergen. Echte Transparenz gibt es nur in Skandinavien.
Freilich muss man auch offen zugeben: Die Herstellung von Transparenz ist gerade in diesem Gebiet politischer und ideologischer Finanzierungen extrem schwer, egal ob sie national oder grenzübergreifend erfolgen.
Überlegen wir etwa im Falle der Agitation der beiden Supermächte oder der Herren Bannon und Soros, wie schwierig, ja auch unsinnig es wäre, das in den Griff zu bekommen: Was ist etwa, wenn jemand im Ausland ein Wirtschaftsunternehmen gründet, und dieses dann gleichsam als Inländer politische Aktivitäten finanziert? Was ist, wenn jemand vom Ausland aus in ein Land hinein Propaganda betreibt, Fernsehsender, Blogs oder Internet-Trolle unterhält? Was ist mit dem russischen Propagandasender RT oder den amerikanischen RFE und Radio Liberty? Soll man etwa beginnen, die linken amerikanischen Medienbetriebe CNN und Netflix oder das rechte Fox zu verbieten und stören? Ist dann nicht auch die BBC, eigentlich jener Sender, der globaler Rundfunk-Objektivität wohl am nächsten kommt, genauso zu sehen? Fallen dann auch die Propagandaaktivitäten der EU (die ja mit Erfolg Schriftsteller wie Medien für sich beeinflusst hat) ins gleiche Kapitel? Sind solche Registrierungspflichten und Verbote nicht der erste Schritt zu totalitären Staaten, in denen es keine Freiheit mehr gibt? Und natürlich wird es jedenfalls immer unkontrollierbar bares Schwarzgeld geben, das sich manche mit dem Koffer aus Botschaften eines anderen Staates abholen können …
Jedenfalls aber scheint Druck in Richtung mehr Transparenz gut und richtig. Zu Transparenz sollten vor allem die eigenen Regierungen in Ort, Land, Republik und EU verpflichtet werden, die ja über Steuergeld verfügen und die immer verleitet sind, die eigene Machtbasis mit solchen Geldflüssen abzupolstern.
Und jedenfalls ist ein Doppelstandard heuchlerisch und widerlich, wenn ein anderes Land sagt: Ich darf, aber du darfst nicht. Selbst wenn man dieses Land nicht wirklich zu einem anderen Verhalten zwingen kann.
Die größten Heuchler sind derzeit jedenfalls die US-Demokraten, die Schaum vor dem Mund bekommen, weil Russland angeblich den US-Wahlkampf beeinflusst hat, die aber selber ganz offen Geld für Propaganda im Hinterhof eines eigenen Verbündeten bereitgestellt haben.