„Die Zeit“ berichtet aktuell: In Salzburg steht ein Detektiv vor Gericht, weil er mit Drogen gehandelt haben soll – er gilt auch als Verdächtiger in der Ibiza-Affäre.
Vor dem Landesgericht Salzburg beginnt demnächst ein Drogenprozess, der von ungewöhnlich hohem öffentlichen Interesse begleitet wird. Es handelt sich, so nennt es der Sprecher des Gerichts, um einen „Nebenstrang der Ermittlungen zum Ibiza-Video“, jener Affäre also, über die im Sommer 2019 die österreichische Regierung stürzte. Die Staatsanwaltschaft Wien wirft dem Privatdetektiv Slaven K. (53 Jahre) und seiner Komplizin Katarina H. (34) vor, zwischen Anfang 2017 und Ende 2019 rund 3,1 Kilogramm Kokain erworben und teilweise weiterverkauft zu haben. In einer Pressemitteilung teilte das Gericht jetzt mit, dass der Prozess am 25. September in Salzburg stattfinden soll.
In einem zweiten Ermittlungsverfahren wird Slaven K. von den Ermittlern zudem verdächtigt, mit dem Ibiza-Video zu tun zu haben, das im Juli 2017 auf einer Finca der Mittelmeerinsel gedreht wurde. Auf dem Video sind die damaligen FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus zu sehen, die über verschleierte Parteispenden, anrüchige Geschäfte und die versuchte Übernahme von Österreichs einflussreichster Tageszeitung fabulieren und damit einen tiefen Einblick in ihre Gedankenwelt offenbaren. Die Vorgänge rund um das Ibiza-Video selbst sind allerdings nicht Teil der Ende September in Salzburg stattfindenden Gerichtsverhandlung.
Versteckt im Handstaubsauger
Auf die Kokain-Spur waren die Ermittler bei einer Razzia gegen mehrere Ibiza-Verdächtige im November vergangenen Jahres gestoßen. Sie hatten unter anderem bei Slaven K. und seiner Bekannten Katarina H. durchsucht – und fanden eine Kokainpresse und rund 140 Gramm Kokain, das in einem Handstaubsauger sowie in einem Auto versteckt war. Außerdem stellten die Polizisten eine scharfe Schusswaffe Crvena Zastava 99, Kaliber neun Millimeter, sicher, die offenbar Slaven K. gehörte. Die Anklage wirft ihm deshalb nicht nur Drogenhandel, sondern auch den fahrlässigen Verstoß gegen das Waffengesetz vor.
In der Anklageschrift behauptet die Staatsanwaltschaft, der Privatdetektiv habe sich 2016 dazu entschieden, „durch den gewinnbringenden Verkauf von Kokain eine zusätzliche Einkommensquelle zu schaffen, durch die er den aufwendigen Lebensstil, insbesondere die Anschaffung zahlreicher Luxusartikel (hochwertige Markenkleidung, Schmuck, Uhren, Urlaube)“ finanzieren konnte. Beim Verkauf des Kokains habe ihm Katarina H. geholfen, die das Kokain zu jeweils 40 bis 50 Euro pro Gramm weiterverkauft habe.
„Kokain in Blöcke gepresst“
In mehreren Vernehmungen hatte Katarina H. gestanden, nicht nur selbst regelmäßig Kokain zu konsumieren, sondern auch mit dem Suchtstoff gehandelt zu haben. In ihren Aussagen belastet sie nicht nur Slaven K., sondern auch einen ehemaligen Arbeitskollegen von ihm, den Privatdetektiv Julian H. Laut Süddeutscher Zeitung ist Slaven K. „ein langjähriger Bekannter von Detektiv Julian H.“, beide haben in der Vergangenheit für das gleiche Sicherheitsunternehmen gearbeitet.
In der Anklageschrift schildert die Staatsanwaltschaft Wien mehrere angebliche Treffen, bei denen Slaven K. und Katarina H. Kokain von Julian H. erhalten haben sollen. Zudem habe Slaven K. noch von einem anderen Dealer Kokain bezogen. Der Anklage liegen mehrere Vernehmungen von Katarina H. zugrunde, die in Haft umfangreich aussagte. Die Frau „behauptet, Detektiv Julian H. habe in ihrem Beisein Kokain in Blöcke gepresst, und er habe ihr und einem ihrer Freunde drei Mal größere Mengen Kokain zum Weiterverkauf übergeben, was sie dann auch getan hätten. Außerdem habe Julian H. sie mit einer Waffe bedroht und eingeschüchtert“, berichtet die Süddeutsche Zeitung über die Aussagen von Katarina H. Allerdings habe sie „in den Vernehmungen mehrmals ihre Version der Vorgänge“ geändert.
Schusswaffe gefunden
Sein Mandant mache von „seinem Recht, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu schweigen, Gebrauch“, teilte Julian H.s Anwalt auf Anfrage der ZEIT mit. In einer Stellungnahme an die Wiener Staatsanwaltschaft kritisiert der Anwalt die „mangelnde Konsistenz“ der Aussagen von Katarina H. und führt „Zweifel hinsichtlich der Zeugenfähigkeit und Glaubhaftigkeit der Angaben“ an. Katarina H. widerspreche sich und habe „gelogen“. Zudem sei sie bereits in der Vergangenheit wegen „Verleumdung, falscher Beweisaussage aufgefallen“. Der zuständige Staatsanwalt spricht hingegen von „glaubwürdigen, nachvollziehbaren und durch viele Abnehmer belegten Angaben“ von Katarina H.
Slaven K. hat in seinen Vernehmungen eingeräumt, in den Monaten vor seiner Festnahme mindestens „ein bis zwei Gramm Kokain täglich konsumiert zu haben“, teilweise seien es sogar bis zu drei Gramm pro Tag gewesen. Die bei einer der Razzien gefundene Schusswaffe will er laut eigener Aussage von Julian H. erhalten haben; Julian H.s Anwalt ließ eine Frage der ZEIT dazu unbeantwortet. Slaven K. hat in der Vergangenheit nach eigenen Angaben als V-Mann für das Österreicher Bundeskriminalamt gearbeitet. Auch Julian H. hat eingeräumt, zeitweilig für eine Sicherheitsbehörde im Einsatz gewesen zu sein.
„Mein Mandant wird sich teilweise schuldig bekennen, aber die Mengen an Drogen sind deutlich zu hoch“, sagt Slaven K.s Anwalt Timo Gerersdorfer der ZEIT. K. habe das Kokain allerdings nicht von Julian H. erhalten. Auch sei er nicht an der Erstellung des Ibiza-Videos beteiligt gewesen. „Mein Mandant war noch nie in Ibiza und hat damit nichts zu tun“, sagt Gerersdorfer. Er habe nur „zwischen Strache und Julian H. vermitteln wollen“, nachdem das Video öffentlich geworden sei. Slaven K. und Katarina H. droht eine mehrjährige Haftstrafe.
Quelle:
- Der V-Mann und das Kokain, zeit.de, 07.08.2020