In der vergangenen Woche war an dieser Stelle eine Vorschau zu finden, wer aller nach menschlichem Ermessen demnächst neu in den Nationalrat einziehen wird. Heute lesen Sie einen Nachruf, denn ungefähr 70 Abgeordnete werden sich nach dem 15. Oktober vertschüssen müssen.
Die SPÖ wird mindestens 20 ihrer derzeit 51 Nationalräte in die Wüste schicken, darunter gleich fünf langgediente niederösterreichische Parlamentarier. Der pensionierte Justizwachebeamte Otto Pendl, ein gelernter Starkstrommonteur, der frühere ÖBB-Instruktor und nunmehrige Bürgermeister von Böheimkirchen, Johann Hell, der einstige Maurer Anton Heinzl, der ehemalige Polier und AK-Mitarbeiter Johann Hechtl und der langjährige SP-Funktionär Hannes Weninger, der in den blau-gelben Landtag wechseln soll, haben neun bzw. neunzehn Jahre das Privileg genießen dürfen, als Volksvertreter im Hohen Haus zu sitzen. Jetzt aber – im Alter zwischen 56 und 66 – müssen sie Jüngeren Platz machen, auf dass im Nationalrat so etwas wie ein frischer Wind einziehen kann. Gehen müssen wird wohl auch die Mödlingerin Katharina Kucharowits, die sich im Gegensatz zur Herrenpartie noch gar nicht im gesetzten Alter befindet, sondern erst 34 und bloß seit vier Jahren Abgeordnete ist. Sie hat eben viel Pech, weil sie auf einen miserablen Listenplatz gereiht wurde.
Der roten Abordnung aus Oberösterreich wiederum werden der Gewerkschaftssekretär Walter Schopf, der Kaufmann Franz Kirchgatterer, die Diplompädagogin Marianne Gusenbauer-Jäger und der AMAG-Betriebsratsvorsitzende Harry Buchmayr nicht mehr angehören. Von den derzeit sechs steirischen SP-Abgeordneten werden der Gewerkschafter Erwin Spindelberger, die freigestellte Hauptschullehrerin Andrea Gessl-Ranftl und Ex-Heeresminister Gerald Klug ausscheiden. Wenn’s blöd läuft, könnte obendrein die 39-jährige PR-Expertin Elisabeth Hakel, zuletzt SP-Kunst- und Kultursprecherin sowie rote Bereichssprecherin für Start-Ups und Creative Industries, aus dem Nationalrat fliegen.
Ihre parlamentarische Prestige-Funktion vergessen müssen weiters die beiden Wiener SP-Mandatare Angela Lueger, eine einst gemeindebedienstete Gewerkschafterin, und Harald Troch, ein ausgebildeter Historiker. Auslaufmodelle sind auch deren Kärntner Kollegen Christine Muttonen, ehemals HTL-Lehrerin, und Hermann Lipitsch, einst ÖBB-Bediensteter, AK-Kammerrat und nunmehr Gewerkschaftskapo. Ausscheiden werden nicht zuletzt der Vorarlberger Volksschuldirektor im Ruhestand, Elmar Mayer, sowie die beiden Tiroler Max Unterrainer, Chef des dortigen Wirtschaftsverbandes, und die studierte Juristin Gisela Wurm – letztere ist immerhin 21 Jahre lang zwischen Wörgl und Wien hin- und hergependelt.
Die prominentesten Roten, die akut um ihr Leiberl zittern müssen, sind freilich Josef Cap, der seit 19. Mai 1983 im Hohen Haus daheim ist, sowie der ehemalige Finanz-Staatssekretär Christoph Matznetter, der 2002 sein Debüt im Parlament feiern durfte. Die beiden wurden diesmal auf den SP-Kandidatenlisten auf miserable Plätze gereiht und müssen nunmehr trachten, mit Hilfe von möglichst vielen Vorzugsstimmen doch noch irgendwie zu überleben. Keine Angst, ihren Job zu verlieren, müssen dagegen die Noch-Parlamentspräsidentin Doris Bures, Klubchef Andreas Schieder und etliche Langzeit-Abgeordnete haben, darunter etwa der 60-jährige Voest-Konzernbetriebsrat Dietmar Keck oder die seit 18 Jahren im Parlament tätige Ex-SP-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl, eine ausgebildete Soziologin (siehe Kasten unten).
Schwarze außer Mode
Bekannte Namen werden künftig auch dem türkisen Kurz-Team nicht mehr angehören: Ihren Platz räumen müssen – ob freiwillig oder nicht tut nichts zur Sache – die Ex-Ministerinnen Maria Fekter und Beatrix Karl, weiters der 69-jährige Bauernbund-Präsident und Raiffeisen-Grande Jakob Auer, der sich den Stress im Hohen Haus immerhin bereits seit 1983 antat, Landwirtschaftskammer-Präsident Hermann Schultes, 64 und 17 Jahre im Parlament, und Ex-Bauernbund Chef Fritz Grillitsch, 58 und 15 Jahre im Nationalrat. Fix ist, dass ÖVP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg nicht mehr kandidiert, und so manches deutet darauf hin, dass es diesmal auch keine Chance mehr für den 65-jährigen Gesundheitssprecher Erwin Rasinger geben wird, der 23 Jahre lang im Hohen Haus herumdoktern durfte. Selbst auf ÖVP-Frauenchefin und Vize-Klubobfrau Dorothea Schittenhelm, 63, wartet am 15. Oktober eine Zitterpartie, die für die gebürtige Burgenländerin negativ enden könnte.
Doch damit nicht genug: In Tirol wird der frühere Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle, mit 68 längst im Pensionsalter, eben so wenig zum Zug kommen wie seine wesentlich jüngeren Abgeordneten-Kollegen Josef Lettenbichler und Ex-ÖVP-Generalsekretär Johannes Rauch. In Oberösterreich stehen drei weitere Parlamentarier – die Physiotherapeutin Claudia Durchschlag, der Landesvertragsbedienstete Manfred Hofinger und der Landwirt Nikolaus Prinz – vor dem Abgang. Von den derzeitigen Wiener Abgeordneten scheiden – altersbedingt – auf alle Fälle Seniorensprecherin Gertrude Aubauer und die ehemalige Wiener Wirtschaftskammer-Chefin Brigitte Jank sowie – nicht altersbedingt – die Fraktionsführerin im Eurofighter-Ausschuss, Gabriele Tamandl, sowie die beiden einstigen Spindelegger-Entdeckungen Andreas Zakostelsky und Michaela Steinacker aus.
Relativ ungewiss ist die Zukunft von Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl, für den die Sache noch eben so wenig gelaufen ist wie für den Josefstädter Bauträger-Manager Andreas Ottenschläger oder den niederösterreichischen Abgeordneten Werner Groiß, einen bald 50-jährigen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Mit Sicherheit das Handtuch werfen, um etwas anderes zu machen, wird schließlich der 29-jährige Salzburger Kurz-Intimus Asdin El Habbassi; das ist insofern eine Sensation, als zu befürchten war, dass der mächtige Basti das Parlament bevorzugt mit seinen Spezis von der Jungen Volkspartei bestücken werde. El Habbassi sorgt jedenfalls für einen kleinen Gegenbeweis.
Exodus bei den Grünen
Ein trauriges Kapitel für sich sind die Grünen. Von ihren 24 Abgeordneten haben sich Peter Pilz, Bruno Rossmann und Wolfgang Zinggl entschlossen, es mit einer eigenen Liste zu versuchen. Die grünen Promis Gabriela Moser, 63, und Karl Öllinger, 66, wiederum müssen sich auf nahezu chancenlosen Plätzen der Wahl stellen – sie gelten, so wie die Wienerinnen Alev Korun, 48, und Helene Jarmer, 46, als Wackelkandidaten. Und angesichts der Tatsache, dass die Partei gut und gern die Hälfte ihrer Stimmen von 2013 verlieren dürfte, gelten auch die österreichweiten Grün-Abgeordneten Barbara Neuroth, Eva Mückstein, Tanja Windbücher-Souschill, Birgit Schatz, Wolfgang Pirklhuber und Georg Willi als parlamentarische Auslaufmodelle. Wenn alles schiefliefe, müsste übrigens auch der 55-jährige Steirer Werner Kogler seinen Job vergessen. Im Klartext: Bis zu 14 Grün-Abgeordnete könnten bald Vergangenheit sein.
Die FPÖ hingegen scheint – so wie die NEOS – voll auf Kontinuität zu setzen und wenig von frischem Wind zu halten: Sofern die Freiheitliche ihre (inklusive Neuzugang Robert Lugar) 38 derzeitigen Mandate halten – wovon auszugehen ist – wird zum einen der wegen seiner blöden Sager in Verruf geratene Anwalt Johannes Hübner künftig nicht mehr von der Partie sein. Zum andern dürfte der 15. Oktober auch für den steirischen Parlamentarier Günther Kumpitsch und den Kärntner Volksvertreter Wendelin Mölzer keine „gemähte Wiese“ werden – mit ihrem Ausscheiden ist zu rechnen. Bei den NEOS schließlich, für die Rainer Hable nicht mehr kandidieren möchte, treten hinter Matthias Strolz und Irmgard Griss alle bisherigen Abgeordneten an – ihre politische Zukunft hängt letztlich im Einzelfall vom konkreten Wahlresultat ab. Im Moment sehen die Meinungsforscher die Strolz-Partei im Aufwind, sodass wieder acht, neun Mandate möglich zu sein scheinen. Wenn es schlechter läuft, werden ein paar Pinke, etwa die Oberösterreicherin Karin Doppelbauer, 42, oder der Wiener Michael Bernhard, 36, das Weite suchen müssen.
Wilde Experimente
Ein kleiner Nachtrag zum Schluss: Von den 14 Abgeordneten, die derzeit keinem Klub angehören, dürfen sich lediglich die drei auf der Liste Pilz Hoffnung machen, weiterhin im Hohen Haus zu bleiben. Die übrigen werden so wie Ex-FPÖ-lerin Susanne Winter und der Rest vom Schützenfest des in der Versenkung verschwindenden Team Stronachs vermutlich bald Geschichte sein. Es ist nämlich höchst unwahrscheinlich, dass etwa die frustrierte Ex-Freiheitliche Barbara Rosenkranz, die so wie die weiteren wilden Abgeordneten Rupert Doppler, Gerhard Schmid und Martina Schenk ihr Glück bei der vom Ex-FPÖ-ler Karl Schnell gegründeten „Freien Liste Österreich“ versucht, in der Politik bleiben wird.
Und noch absurder scheint die verzweifelte Initiative von drei anderen Wilden zu sein: Ex-„Miss-World“ Ulla Weigerstorfer und ihre Ex-Kollegen vom Team Stronach, Waltraud Dietrich und Leo Steinbichler, haben ganz im Geheimen die Kandidatur der „Weißen“ ermöglicht – offensichtlich um womöglich den eigenen Job zu retten. Die drei müssten freilich einsehen: It’s time to say Goodbye…
Wer sicher bleiben wirdAbgesehen von den oben genannten Politikern – etwa Doris Bures oder Andreas Schiefer – werden im neuen Nationalrat mit Sicherheit wieder folgende prominente Namen vertreten sein:
Die blaue Truppe rund um dieses Trio wird beinahe geschlossen wieder an Bord sein, wobei freilich der Bekanntheitsgrad der freiheitlichen Abgeordneten nicht gerade überwältigend ist – anders formuliert: Kaum einer von ihnen ist bislang wirklich positiv aufgefallen (negativ schon – siehe Johannes Hübner, früher Susanne Winter etc.) Fix dabei sein werden weiterhin – sofern die Partei am Wahl-Sonntag die 4 Prozent-Hürde nicht verfehlt – NEOS-Chef Matthias Strolz und höchstwahrscheinlich dessen Vertraute Sepp Schellhorn und Niki Scherak. Von den Grünen dürfte der bislang praktisch unsichtbare Julian Schmid, 28, erneut mit von der Partie sein, dessen Nominierung der Partei monströse Kalamitäten beschert hat. So wie’s aussieht wird es auch der grüne Ex-Methusalem Peter Pilz, 63, schaffen, weiterhin im Parlament zu sitzen – ihm dürften die zitierten Kalamitäten neuen Schwung verliehen haben. Im Übrigen bleiben uns noch viele schwarze, rote, blaue und grüne Volksvertreter erhalten, die bisher allerdings großteils im Verborgenen „blühten“ und folglich in der Öffentlichkeit so gut wie nicht präsent waren. Diese Herrschaften – egal, ob sie nun Johann Höfinger (V), Markus Vogl (S), Roman Haider (F) oder Harald Walser (G) heißen – sollten sich jedenfalls glücklich schätzen, weiterhin einen von hier zu Lande nur 183 Elite-Jobs als Volksvertreter ausüben zu dürfen. Und sie müssen sich obendrein anstrengen, im Hohen Haus nicht nur als Hinterbänkler oder Mitläufer mitzumischen, sondern endlich Gas geben und für ihre Gage mehr sichtbare Leistungen erbringen… |