Deutschland wählt in etwas mehr als drei, Österreich in etwas mehr als sechs Wochen. Hierzulande spürt man freilich viel mehr von einer Wahlkampfstimmung als bei unserem deutschen Nachbarn.
Lokalaugenschein in Deutschland. Die deutsche Bundesregierung hat am Wochenende in Berlin zu zwei Tagen der offenen Tür geladen. 135.000 Besucher drängten sich, um einen Blick ins Kanzleramt, in eines der 14 Ministerien zu werfen oder aber an einer offenen Pressekonferenz im Haus der Bundespressekonferenz teilzunehmen. Der Magnet war der Arbeitsplatz von Angela Merkel. „Ich bin gerne mit anderen Menschen zusammen“, ließ die Kanzlerin immer wieder verlauten und begleitete tausende Besucher beim Rundgang durch das Kanzleramt. Und diese erfuhren dabei, warum der Kanzlerin die Gärtnerei im Kanzleramt besonders am Herzen liegt und sie vielleicht nach ihrem Ausscheiden aus der Regierung (vielleicht 2022 oder früher) ein Kochbuch schreibt. Politik als Weichspüler.
Mangel an kontroversiellen Debatten
Der Unterschied zu Österreich könnte nicht größer sein. Während sich hier zum Beispiel der Bundeskanzler und sein Herausforderer mehr als einem Dutzend TV-Diskussionen stellen müssen, findet im Bundestagswahlkampf gerade ein einziges Fernsehduell und das am kommenden Sonntag statt. Beobachtet man den deutschen Wahlkampf genau, so erweckt dieser nicht den Eindruck, als ginge es um Lebens- und Zukunftsfragen, sondern, – so ein altgedienter Parlamentarier im Gespräch mit EU-Infothek – er wirkt wie eine „Seminarveranstaltung“. Einerseits exerziert das Team um Merkel gerade vor, wie man einen unaufgeregten Wahlkampf führt und dabei noch den politischen Gegner auflaufen lässt. Andererseits fehlen auch die großen kontroversiellen Themen, die die Gesellschaft aufrütteln und bewegen. Irgendwie weiß man, dass Deutschland in Europa und der Welt wirtschaftlich und politisch eine Spitzenrolle spielt. Und man gibt sich daher damit zufrieden, dass Merkel so weitermacht, wie bisher.
Applaus im Westen, Pfiffe im Osten
Tatsächlich hat sich alles auf die Bundeskanzlerin Angela Merkel konzentriert, die gerade einmal ein paar öffentliche Vorlesungen hält. Sie erntet Applaus im Westen, muss aber auch mal ein paar Pfiffe im Osten hinnehmen. Das irritiert sie aber nicht. Sie steht unverändert zu ihrer Flüchtlingspolitik, betont aber gleichzeitig, dass verstärkte Schutzmaßnahmen notwendig sind. Dass „Parteifreund“ Horst Seehofer von der CSU wieder einmal eine Flüchtlingsobergrenze fordert, wird registriert, aber führt zu keinem innerparteilichen Konflikt. Merkel stimmt auch nicht in den Chor jener ein, die Dieselautos verbieten wollen, sondern stellt klar, dass Deutschland und seine Industrie weiter Dieselautos brauchen.
Schulz auf „Fernduelle“ angewiesen
Ihr Herausforderer Martin Schulz hat es da viel schwerer. Er sucht verzweifelt nach Aufmerksamkeit. In einem „Fernduell“, ausgetragen über zwei Zeitungen, greift er Merkel persönlich an und wirft ihr vor, abgehoben zu sein und keinen Kontakt zu den Bürgern zu haben: „Die Leute hätten das Gefühl, dass Merkel entrückt ist“. Worauf die Kanzlerin in der für sie typischen, ausweichend-zurückhaltenden Weise reagierte: Sie habe einen Eid geleistet, dem Wohle des deutschen Volkes zu dienen, und versuche, dem gerecht zu werden. „Und das bedeutet, den Menschen im Lande zu dienen.“
Neun etablierte, unzählige Kleinstparteien
Nebst einer Vielzahl von Klein- und Kleinstparteien, so etwa der „Tierschutzpartei“ , der „Bayernpartei“ und der „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“, treten insgesamt neun etablierte Parteien bundesweit an: CDU, SPD, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, CSU, FDP, AfD, die Piratenpartei und die Freien Wähler. In den aktuellen Meinungsumfragen kommen dabei CDU/CSU auf 38 bis 40 Prozent, die SPD auf 22 bis 24, die Grünen auf 7 bis 8, die FDP auf 8 bis 10, die AfD auf 7 bis 10 und die sonstigen Parteien dürfen zusammen mit gerade mal 6 Prozent rechnen.
FDP wieder im Bundestag
Interessant ist daher auch der Wahlkampf jener Parteien, die theoretisch für eine Koalitionsbildung in Frage kommen. Allen voran hat die FDP unter ihrem Parteichef Christian Lindner gegenüber der letzten Bundestagswahl, bei der sie unter der 5-Prozent-Marke zu liegen kam, wieder deutlich Terrain gewonnen und gilt als eine für liberale Wähler wieder attraktive Partei, die sich auch in vielen politischen Standpunkten nicht nur von der SPD, sondern auch von der CDU/CSU deutlich abhebt.
Grüne in der Identitätskrise
Ähnlich wie in Österreich befinden sich die Grünen/Bündnis 90 in einer Krise und debattieren, ob sie mehr in die Mitte oder wieder mehr nach Links rücken sollen. Hätte der baden-württembergischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann mehr Gewicht bei den Grünen, so hätte er vielleicht sogar Chancen, bei Merkel ein Wunsch-Koalitionspartner zu sei werden. Die Linkspartei will weg vom DDR-Geruch, spricht auch Wohlstandsverlierer im Westen an, kämpft für Mindestrente und Millionärssteuer, hat aber den Glauben an Rot-Rot-Grün verloren. Die AfD kommt nach dem teilweisen Rückzug von Frauke Petry nicht wirklich weg vom Fleck und spielt die Rolle des gesellschaftlichen Außenseiters, findet aber ebenso wie die Linken auf Zustimmung vor allem im Osten Deutschland. AfD Sympathisanten sind nur „rechte Recken“ sondern reichen weit ins bürgerliche Klientel.
CDU-CSU-FDP die wahrscheinlichste Variante
Geht es nach Koalitionsbildungen, so gibt es vor der Wahl noch keine fixen Ansagen, aber an sich sieht es danach aus, dass CDU/CSU wieder gerne eine Koalition mit der FDP bilden würden. Die Kardinalfrage ist nur noch, ob sich ein solches Bündnis mathematisch ausgeht. Aus der SPD dagegen hört man schon sehr stark den Wunsch, nach einer Fortsetzung der Großen Koalition. Auf der Oppositionsbank will man nicht wirklich landen. Mit den Linken liebäugelt man zwar, aber so richtig traut man sich doch nicht, mit der SED-Nachfolgepartei ins Bett zu legen. Und die Grünen scheiden dank ihrer eigenen Festlegung aus dem Rennen. Sie wollen nur eine Koalition mit einer Partei eingehen, die für die Abschaffung der Dieselautos eintritt. Dafür ist aber auch die SPD nicht zu haben.
Die AfD hat viele sehr gute Spitzenpolitiker
Zitat: „Die AfD kommt nach dem teilweisen Rückzug von Frauke Petry nicht wirklich weg vom Fleck und spielt die Rolle des gesellschaftlichen Außenseiters, […]“
Die AfD hat mit Petry, Meuthen, Weidel, Gauland, Frau von Storch, usw. sehr viele Spitzenpolitiker. Welche Partei kann da mithalten? Im Bundestagswahlkampf stehen vor allem auf Grund ihrer Funktion Weidel und Gauland im Vordergrund.
Ich habe in diesem Wahlkampf zwei Veranstaltungen mit AfD-Spitzenpolitikern besucht. In Neutraubling war Herr Prof. Meuthen der Hauptredner. In Schwandorf waren Frau Dr. Weidel und Herr Boehringer (Autor von „Holt unser Gold heim“) die Hauptredner. Beide Veranstaltungen waren spitze und sehr gut besucht. Es wurde kompetent argumentiert. Sie wurden der Überschrift des Artikels gerecht. Die AfD hatte früher sogar den Spitznamen Professoren-Partei.
Joachim Datko – Physiker, Philosoph
Die AfD hat viele sehr gute Spitzenpolitiker
Zitat: „Die AfD kommt nach dem teilweisen Rückzug von Frauke Petry nicht wirklich weg vom Fleck und spielt die Rolle des gesellschaftlichen Außenseiters, […]“
Die AfD hat mit Petry, Meuthen, Weidel, Gauland, Frau von Storch, usw. sehr viele Spitzenpolitiker. Welche Partei kann da mithalten? Im Bundestagswahlkampf stehen vor allem auf Grund ihrer Funktion Weidel und Gauland im Vordergrund.
Ich habe in diesem Wahlkampf zwei Veranstaltungen mit AfD-Spitzenpolitikern besucht. In Neutraubling war Herr Prof. Meuthen der Hauptredner. In Schwandorf waren Frau Dr. Weidel und Herr Boehringer (Autor von „Holt unser Gold heim“) die Hauptredner. Beide Veranstaltungen waren spitze und sehr gut besucht. Es wurde kompetent argumentiert. Sie wurden der Überschrift des Artikels gerecht. Die AfD hatte früher sogar den Spitznamen Professoren-Partei.
Joachim Datko – Physiker, Philosoph