Mittwoch, 13. November 2024
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Ende der „Groko“ auf EU-Ebene

EU-Parlament in Brüssel / Bild © CC0 Creative Commons, Pixabay (Ausschnitt)

Drei Monate vor der EU-Wahl zeichnet sich ab, dass die Zeit der großen Koalition (also von Schwarz und Rot) bei der EU vorbei sein dürfte. Die Liberalen haben die Chance, zum Dritten im Bunde aufzurücken.

Ab kommender Woche, also drei Monate vor den EU-Wahlen Ab Montag sollen zwei Mal pro Monat Umfragen veröffentlicht werden, aus denen die Trends für die mögliche Zusammensetzung des neuen Europaparlaments ablesbar sind. EU-Infothek liegt bereits die erste Meinungsumfrage hervor, die erkennen lässt, wie es um die gesamteuropäische politische Stimmung bestellt ist.

EVP und S&D fallen unter 50 Prozent

Die Datenlage wurde von „Poll of polls“, einem österreichischen Umfrage-Network erstellt, das imstande ist, aufgrund nationaler demoskopischer Erhebungen eine gesamteuropäische Hochrechnung durchzuführen. Demnach zeichnet sich zum Stichtag 12. Februar, und das bereits basierend auf dem Brexit, folgendes Ergebnis ab. Die Europäische Volkspartei (EVP) und die Sozialdemokraten (S&D) werden im künftigen Parlament über keine absolute Mehrheit mehr verfügen, also unter die 50-Prozentmarke fallen. Grund ist vor allem die anhaltende Krise bei den sozialdemokratischen Parteien. Stabiler Faktor bleiben die christdemokratischen und konservativen Volksparteien.

Liberale kommen in den EU-Olymp

Und wie sieht es mit den übrigen Parteien aus? Nun, als dritte Kraft dürfte künftighin die liberale ALDE fungieren, die damit auch in den EU-Olymp aufsteigen wird. Soll heißen, sie wird bei den künftigen Postenbesetzungen ein starkes Wort mitreden, was schon immer deren Traum war. Ihr sind nicht nur einige, bisher fraktionslose Parteien beigetreten, die Chance auf eine Wiederwahl haben, sondern sie profitiert  vor allem von Emmanuel Macron, der zwar nicht der Liberalen Fraktion beitreten, aber mit ihr einen Schulterschluss bilden will.

Populisten klar vor den Grünen

Interessant ist, dass die populistischen Parteien zwar insgesamt zulegen werden, aber durch ihre Aufsplitterung (siehe Italien, wo die Lega rechts- und Cinque Stelle linkslastig ist). Die rechtspopulistische ENF, bei der auch die FPÖ mit dabei ist, kommt demnach auf den vierten Platz. Die immer wieder hochgelobten Grünen müssen mit einem eher bescheidenen Abschneiden rechnen, sie werden sich wohl mit dem siebten Platz begnügen müssen, wenn der Trend anhält und sich festigt.

Noch unsichere Fraktionsbildungen

Abgesehen von den beiden großen Fraktionen könnte sich bei den übrigen Parteiformationen noch einiges ändern. Das betrifft insbesondere das gesamte Lager der Populisten, wo noch nicht endgültig feststeht, wer mit wem eine Fraktion bilden wird. Davon betroffen ist übrigens auch die ENF, weil es hier intern erhebliche Meinungsverschiedenheiten mit der ehemaligen Front National gibt, die nunmehr als „Rassemblement National“ formiert und ein stärkeres Gewicht in der Gruppe haben möchte. Unsicher ist bedingt durch den Brexit auch der Bestand der konservativen ECR, die mit dem Ausscheiden der britischen Konservativen einen schweren Aderlass erleidet und damit die größte nationale Partei verliert.

EVP bleibt weiterhin klare Nummer 1

Aufgrund der vorliegenden demoskopischen Daten kann man übrigens auch schon ein Mandatsverhältnis erkennbar machen. Umgerechnet auf künftig nur noch 705 Mandate im Europäischen Parlament, wird derzeit mit 176 Mandaten für die Europäische Volkspartei, 136 für die Sozialdemokraten und 94 für die Liberalen gerechnet. Die Grünen erhalten demnach 44 Mandate. Dass die EVP wiederum die stärkste Gruppierung wird, daran lässt sich nicht rütteln und daraus leitet auch deren Spitzenkandidat Manfred Weber den Anspruch auf den Kommissionspräsidenten ab. Bei allen weiteren Spitzenpositionen werden aber die Liberalen ein gewichtiges Wort mitreden wollen.

CDU/CSU doppelt so stark wie SPD

Was die Stimmungslage auf nationaler Ebene betrifft, sieht die Situation in Deutschland so aus, dass der CDU/CSU 30, der SPD 15, den Grünen 18, der FDP 8 sowie der AfD 13 Mandate zugetraut werden. In Frankreich könnte es passieren, dass die Rechtsaußen-Bewegung von Marine Le Pen 21 Mandate erhält und damit sogar knapp vor Macron zu liegen kommt, der es derzeit nur auf 20 Mandate bringt. In Italien beginnt die Lega ihren Regierungspartner Cinque Stelle abzuhängen, hier steht das Mandatsverhältnis 29 zu 22. Die Alt-Parteien wie die konservative Forza Italia und die sozialdemokratische Partito Democratico bringen es vorerst nur auf 7 bzw. 15 Mandate.

FPÖ auf Augenhöhe mit SPÖ

In Österreich, wo seit den letzten EU-Wahlen vor fünf Jahren ÖVP und SPÖ jeweils 5 Mandate innehaben, darf die Volkspartei mit einem Zuwachs von 2 Mandaten rechnen, also den ersten Platz nicht nur verteidigen, sondern sogar ausbauen. Die FPÖ wird dafür mit den Sozialisten gleichziehen und ebenfalls 5 Mandate erhalten. NEOS und Grüne haben eine Zitterpartie vor sich. Für sie ist jeweils bestenfalls ein Mandat in Griffweite. Spannend wird vor allem, wer das Rennen macht, nämlich die alten Grünen oder die Spalt-Pilz-Bewegung.

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