Dienstag, 5. November 2024
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Europas Politik macht Hitzeferien

Die Regierung macht Urlaub, das Parlament ist geschlossen / Bild: VW Camper @pixabay, CC0 Creative Commons

Wer täglich brav die heimischen Zeitungen studiert, der könnte derzeit den Eindruck gewinnen, dass Sozialministerin Beate Hartinger-Klein als einziges Regierungsmitglied die Stellung hält. Mit ihrem absurden Statement, dass man mit 150 Euro pro Monat das Auslangen finden könne, ist sie seit fast zwei Wochen ständig im Gespräch.

Dass alle übrigen Ressorts derzeit ohne Chef auskommen müssen, täuscht natürlich: Auch Innenminister Herbert Kickl dürfte in Amt und Würden sein, gilt es doch vorrangig, geeignete Pferde für seine geplante Reiterstaffel zu rekrutieren. Die noch nicht gefundenen Vierbeiner sind zurzeit ein innenpolitisches Topthema.

Schließlich ist im „Kurier“ zu erfahren, dass sich offenbar auch Außenministerin Karin Kneissl noch keine Ferien gönnt, denn sie hadert gnadenlos mit der Tatsache, dass sie von Journalisten nicht besonders ernst genommen wird und spielt daher mit dem Gedanken, in Zukunft nur ganz besonders Vertraute auf Dienstreisen mitzunehmen, damit nicht wieder irgendwo ein Malheur passiert wie zuletzt in Moskau.

Kroatien ist das beliebteste Reiseziel

Und sonst? Da im August traditioneller Weise das innenpolitische „Sommerloch“ ausbricht, machen so gut wie alle Würdenträger, vom Bundespräsidenten abwärts, Urlaub. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Österreich seit 1. Juli die Präsidentschaft im EU-Rat innehat, weshalb ab September ein Megastress angesagt ist.

Alexander Van der Bellen etwa reist von Festspiel zu Festspiel, um dazwischen in seinem Tiroler Kaunertal etwas auszuspannen. Kanzler Sebastian Kurz, der in jüngster Zeit reisemäßig ganz schön gefordert war, hat das Kulturspektakel in Salzburg bereits absolviert und möchte daher eine Woche Auszeit in Kroatien genießen. Finanzminister Hartwig Löger wiederum führte kürzlich am Rande der Salzburger Festspiele ein Arbeitsgespräch mit seinem portugiesischen Amtskollegen Mário Centeno, der bekanntlich auch Präsident der Eurogruppe ist, um sich sodann – ebenfalls in Kroatien – zu entspannen. Ebendort sind in diesen heißen Tagen Verteidigungsminister Mario Kunasek, der mit seiner frisch Angetrauten im Wohnwagen flitternd durch das Land tourt, Bildungsminister Heinz Faßmann sowie  dem Vernehmen nach auch Infrastrukturminister Norbert Hofer anzutreffen – die beiden zuletzt Genannten freilich nicht im Wohnwagen, sondern im Strandhotel.

Während also im August mehr rot-weiß-rote Regierungsmitglieder in Kroatien weilen als in Wien, bevorzugt Vizekanzler Heinz-Christian Strache samt Entourage wie gewohnt Ibiza; Kanzleramtsminister zieht es nach Frankreich, und Staatssekretärin Karoline Edtstadler setzt auf zwei sonnige Wochen auf Mallorca.

Die Medien unternehmen in der so genannten Sauren-Gurken-Zeit notgedrungen den Versuch, mit Hilfe von „Sommergesprächen“, „Bürgerforen“ und wie das alles heißt die heimische Innenpolitik künstlich am Leben zu halten. Dabei erhalten naturgemäß auch Oppositionspolitiker wie SPÖ-Chef Christian Kern, der zur Stunde am Millstätter See Kraft tankt, die Chance, sich braungebrannt ausführlich zu präsentieren.

Das Parlament ist geschlossen

Bevor es an dieser Stelle zu einem Missverständnis kommt: Selbstverständlich ist festzuhalten, dass allen heimischen Politikern ein (vielleicht nicht in allen Fällen) wohlverdienter Urlaub zu gönnen ist – aber müssen sie unbedingt gleichzeitig – und das stets im August – blau machen? Ist es denn wirklich undenkbar, dass ein Minister beispielsweise im Jänner auf einem thailändischen Strand das Leben genießt, eine Ministerin etwa im Februar auf einer Schweizer Skipiste wedelt oder ein anderes Regierungsmitglied im Mai die Loire-Schlösser besichtigt?

Die Antwort lautet anscheinend: Ja, das geht nicht, weil die Politik im August schon immer Pause gemacht hat. Und zwar in großem Stil: Die letzte der seit Jahresbeginn ohnedies nur 18 Nationalrats-Sitzungen fand am 5. Juli statt – die nächste folgt am 26. September. Der Bundesrat, der sich heuer mit nur neun Sitzungstagen begnügte, tagte zuletzt am 12. Juli – und macht bis 11. Oktober die Luken dicht.

Das heißt: Auf diese Weise entsteht der (wohl mehrheitlich unrichtige) Eindruck, dass sämtliche Abgeordneten extrem lange untätig sind. Wenn das Hohe Haus, ähnlich wie unsere Schulen, Universitäten und Bundestheater, so lange die Rollbalken runterlässt, braucht sich niemand zu wundern, dass sich Bürgerinnen und Bürger über Politiker auf dieselbe Tour mokieren wie über die Lehrer.

Zur Entlastung muss freilich erwähnt werden, dass wenigstens die beidem parlamentarischen Untersuchungsausschüsse bereits am 4. bzw. 6. September zu hackeln beginnen, sprich: in Sachen BVT und Eurofighter 18 bzw. 11 Auskunftspersonen befragen werden.

Auch Brüssel macht Pause

Das Sommerloch im August ist jedenfalls gar kein österreichisches Phänomen: In Deutschland etwa sind derzeit ebenfalls so gut wie alle namhaften Politiker von Angela Merkel abwärts abgetaucht, und zwischen 7. Juli und 10. September finden im Bundestag keine Plenartagungen statt. In eben diesem Zeitraum ist im EU-Parlament zu Straßburg und Brüssel ebenfalls tote Hose angesagt, was den Abgeordneten ausreichend Möglichkeiten für Urlaubstrips und ausgedehnte Aufenthalte in der Heimat bietet.

Auf der Homepage der EU-Kommission datiert momentan die letzte „aktuelle“ Nachricht vom 26. Juli: Unter dem Titel „Eine neue Phase unserer transatlantischen Partnerschaft“ geht es um den durchaus erfolgreichen Auftritt von Jean-Claude Juncker bei US-Präsident Donald Trump. Wetten, dass sich der EU-Kommissionschef längst irgendwo vom Stress erholt? Obendrein ist es kein Geheimnis, dass Junckers Kommissarinnen und Kommissare wie gewohnt bereits geschlossen ihre Büros verlassen haben. So nach dem Motto: Im August macht die Politik Hitzeferien, da bleibt der Laden zu…

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