Der von der Wirtschaftskammer OÖ und der Industriellenvereinigung OÖ organisierte Europatag in Linz am vergangen Montag stand ganz im Zeichen von Wachstumsstrategien für Europa. Antonio Tajani, Vizepräsident der EU-Kommission, sprach sich dabei für eine Reindustrialisierung und weniger Bürokratie sowie gegen eine Abkehr vom Sparkurs aus.
[[image1]]Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl brachte es in seinen Grußworten auf den Punkt: „Auf Europa entfallen sieben Prozent der Weltbevölkerung, Tendenz sinkend, 25 Prozent der Wirtschaftsleistung, Tendenz ebenfalls sinkend, aber 50 Prozent der Sozialleistungen, Tendenz steigend. Wie sollen wir uns das künftig leisten können?“
Eine Antwort darauf ist laut Tajani, der in Brüssel für Industrie und Unternehmertum zuständig ist, eine Reindustrialisierung in Europa. Seit 2008 ist nämlich die Industrie um acht Prozent zurückgegangen, dazu kommt ein starker Druck aus den USA und aus Asien. So dürfe man etwa die Stahlindustrie nicht mit überzogenen Forderungen beim Klimaschutz zur Abwanderung zwingen, erklärte der aus Italien stammende EU-Kommissar zur Freude von Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer in Richtung voestalpine. „Wir brauchen Rahmenbedingungen, die es der Industrie gestattet, Wohlstand zu schaffen, so Tajani. Er werde daher gegen eine zusätzliche CO2-Reduktion – derzeit lautet das Ziel minus 20 Prozent – eintreten. Zudem wolle die EU bis 2020 rund 80 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung zur Verfügung stellen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, brauche es auch Zugang zu Krediten, entsprechende Energiekosten und einen Bürokratieabbau.
„Müssen Regelwerk auf EU- und nationaler Ebene durchforsten“
Die Vereinfachung der Verwaltung ist für den für Regionalpolitik zuständigen EU-Kommissar Johannes Hahn eine geeignete Maßnahme, um das Wachstum anzukurbeln. „Derzeit kann man nur in Estland binnen drei Tagen ein Unternehmen gründen. Wir müssen das Regelwerk auf EU- und nationaler Ebene durchforsten“, erläuterte Österreichs oberster Vertreter in Brüssel. Hinsichtlich der künftigen Regionalpolitik werde man den Förderschwerpunkt weg von Infrastrukturförderungen hin zu Wirtschaftsförderungen legen. Ziel müsse es sein, die unterschiedliche Performance in den Regionen auszugleichen und die innereuropäische Migration zu verringern. Es werde auch in der neuen Finanzperiode Förderungen für Oberösterreich geben, schließlich sei das Land ob der Enns vorbildhaft bei der Clusterpolitik.
Um Wachstumsmaßnahmen setzen zu können, brauche man stabile Verhältnisse, betonte Vizekanzler Michael Spindelegger. Dies bedeute auch eine klare Absage an die Schuldenpolitik, die EU-Mitgliedsländer müssten ihre Haushalte in Ordnung bringen. Generell sei es notwendig, so Spindelegger, weniger über die Probleme und mehr über die Leistungen Europas und die sich bietenden Chancen zu sprechen. So habe man in der EU in den vergangenen zwei Jahren immerhin einen Fiskalpakt und einen Stabilitätsmechanismus (ESM) geschaffen.
Ein großes Lob der Referenten gab es für den auf die Bereiche Industrie und Telekom spezialisierten oberösterreichischen EU-Parlamentarier Paul Rübig, der am Montag seinen 60. Geburtstag feierte. „Dass nur 14 Prozent der Österreicher laut einer aktuellen Umfrage für einen Austritt aus der Europäischen Union sind, ist auch Dein Verdienst“, sagte Leitl.