Donnerstag, 14. November 2024
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Freies Spiel der Kräfte im Parlament: Wo war da die mahnende Stimme des HBP?

Parlamentssaal in der Wiener Hofburg. Bild © CC Oktobersonne/Wikimedia (Ausschnitt)

Im Parlament spielten 181 Abgeordnete letzte Woche „Wünsch Dir was“. Nicht unerwartet. Bloß von Alexander Van der Bellen war nichts zu hören.

Die nächste Regierung, die nach den Wahlen vom kommenden Sonntag gebildet wird, bekommt noch vom alten Parlament einen ordentlichen Rucksack aufgebürdet. Die Parteien, allen voran SPÖ, Grüne, NEOS und Liste Pilz nützten die Chance nach dem Ende der türkis-blauen und dem Zwischenspiel der beamteten Regierung, um mit einer Reihe von so genannten „Wahlzuckerln“ das eigene Wählerpotential zu beglücken. Der derzeitige Finanzminister Eduard Müller erhob zwar noch eine warnende Stimme, „ich kann nur an die Parlamentarier appellieren, die budgetäre Komponente miteinzubeziehen“, die aber geflissentlich überhört wurde.

Nur die Steuerreform ist budgetiert

Es sind sechs Milliarden Euro, die von den Abgeordneten und zwar 1,33 Milliarden bei der Parlamentssitzung im Juli und 4,7 Milliarden, die jetzt an den beiden Sitzungstagen im September, so mir nichts dir nichts über die Bühne gingen. Budgetiert davon war freilich nur die noch von der Regierung Kurz-Strache beschlossene Steuerreform in der Höhe von 2,78 Milliarden Euro. Ungeplant sind jetzt 3,13 Milliarden Euro dazu gekommenDarunter fallen die außertourliche Pensionsanhebung (+3,6 Prozent) und die Ausfallfinanzierung für den Pflegeregress (1,8 Milliarden bis 2023). Gleichzeitig wurden freilich nur 853 Millionen Euro an neuen Einnahmen beschlossen, so unter anderem die Digitalsteuer und eine höhere Tabaksteuer. Damit erhielt der nächste Finanzminister gleich eine ordentliche Hypothek aufgebürdet. Er muss für die Deckung dieser zusätzlichen Ausgaben sorgen und vom alten Budgetziel, eines Überschuss 2020 oder eines Nulldefizits wohl Abschied nehmen.

Erinnerung an das Jahr 2008

Auffallend an den letzten Tagen war indessen das Schweigen des Herrn Bundespräsidenten, kurz HBP genannt. Er hatte es vorgezogen, sich in den Flieger zu setzen und zum Welt-Klimagipfel nach New York zu reisen. Ein ohne Zweifel wichtiger Termin, der es aber durchaus möglich gemacht hätte, vor dem Abflug den Politikern ins Gewissen zu reden. So wie er dies auch im Zuge des Ibiza-Video-Skandals tat. Sowohl beim HBP als auch den Medien in Vergessenheit geraten ist seine Pressekonferenz am 9. Juli dieses Jahres. Damals forderte er die Parlamentsparteien auf, beim „freien Spiel der Kräfte“ vor der Wahl im Herbst die Erfahrungen des Jahres 2008 zu berücksichtigen. Damals war die Regierung Alfred Gusenbauer – Willi Molterer zerbrochen und die Abgeordneten beschlossen in der letzten Parlamentsnacht vor der Wahl außertourliche Gesetzesvorhaben in Milliardenhöhe. Er selbst, so van der Bellen wörtlich, habe damals als Abgeordneter „hautnah miterlebt“, wie schwer es gewesen sei, gegen Vorhaben zu stimmen, wenn einem das bei der Wahl habe schaden können: „Ich bitte alle Oldtimer und Newcomer im Parlament, daran zu denken, wie das 2008 war.“

Das Schweigen aus der Hofburg

Genau diese Worte, wären vor einer Woche noch einmal angebracht gewesen. Umso mehr als sich dieses milliardenschwere freie Spiel der Kräfte bereits im Voraus abgezeichnet hatte. Dazu kommt, dass Van der Bellen ohnedies immer so viel Wert auf die Einhaltung demokratischer Spielregeln, die Grundwerte unseres Staates legt und betont, dass er seine Rolle vor allem im Dienste der Bürger des Landes sieht. Eine gute, ja notwendige Chance, diesem Auftrag und Selbstverständnis wieder gerecht zu werden. Die Abgeordneten vor der Leichtfertigkeit der Beschlüsse ohne finanzielle Rückendeckung, für die letztlich wieder die Steuerzahlen aufkommen müssen, zu warnen, wäre genau genommen eine Pflicht des HBP in dieser Situation gewesen. Der ORF und die privaten TV-Sender hätten ihm dazu gerne Sendezeit, die Zeitungen gerne breiten Raum in der Berichterstattung gegeben. Und eine solche Erklärung hätte dem Wahlkampf auch noch gut getan.

Ein Kommentar vorhanden

  1. Da es hier nicht darum ging der FPÖ eines „auszuwischen“ hatte der Bundespräsident für alle keinen Grund hier etwas zu sagen.
    Idiotisch diese „Wahlzuckerlidee“ in Milliardenhöhe!
    Möchte gerne wissen wie viele Wähler nun die Parteipräferenz wechseln, weil sie ein „Wahlzuckerl“ bekommen habe! Hunderet?? Fünfhundert?? – mehr sicher nicht!!

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