Der Jahreswechsel und die zweiwöchige Feiertagsruhe haben nicht gerade zu einer Konsolidierung der deutschen Regierung, vor allem auch nicht der die Mehrheit bildenden CDU geführt.
Wenn man in Berlin in die drei Regierungsparteien CDU, CSU und SPD hineinhört, hat man nicht den Eindruck, dass man dort mit große Optimismus in das neue Jahr blickt. Die Situation hat sich nämlich nach der Klärung so mancher Personalfrage vor den Weihnachtsfeiertagen bis heute nicht wirklich beruhigt. Im Vordergrund steht unverändert die Frage, wie lange noch Angela Merkel als Bundeskanzlerin agiert. Bei ihrer Nachfolgerin an der Spitze der Partei, Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK), ist es höchst unsicher geworden, ob sie für den Wechsel ins Kanzleramt überhaupt geeignet ist. Wenngleich man in der CSU aufatmet, dass Horst Seehofer den Parteihut nimmt, so gibt es durchaus Zweifel, ob Markus Söder der richtige Mann für die bayerische Speerspitze ist. Und in der SPD quälen sich viele mit der Frage, ob es angesichts der schlechten Umfragedaten überhaupt noch Sinn macht, in der Koalition zu verbleiben.
Polit-Barometer zeigt Minus an
Das Futter für eine Flut von Debatten, Überlegungen und Spekulationen bildet das aktuelle ZDF-Politikbarometer. Was die Bundesregierung betrifft so kommen die Unionsparteien auf 29 Prozent, was ein Minus von einem Prozent bedeutet. Einen ebensolchen Minuspunkt verzeichnet die SPD, sie liegt jetzt ebenso wie die AfD bei 14 Prozent. Der Opposition geht es da schon besser. Während die Linke bei 9 Prozent stagniert, konnte sich die FDP verbessern und hält jetzt bei soliden 8 Prozent. Einmal mehr zu den Gewinnern zählen die Grünen, die im Vergleich zur letzten Umfrage zwei Punkte zulegen konnten und nun auf 21 Prozent kommen. Um eine mehrheitsfähige Koalition zustande zu bringen würde sich derzeit somit nur ein Zweierbündnis von CDU/CSU mit den Grünen ausgehen.
40 Prozent wären wünschenswert
Um eine Koalition mit der FDP zustande zu bringen, was noch immer von vielen als eine anstrebenswerte Regierung angesehen wird, müssten sich CDU/CSU auf etwa 40 Prozent hinauf katapultieren. Ein machbarer Prozess, bloß die derzeitige personelle Konstellation dürfte dazu nicht ausreichend sein. Nicht nur, weil der bayerische Flügel, die CSU, unverändert schwächelt und mit 34 Prozent in der Wählerzustimmung sogar unter dem schlechten Wahlergebnis liegt, sondern auch bei der CDU noch kein Aufwärtstrend zu bemerken ist. Auch nicht bei der Stimmungslage innerhalb der Partei. Daran hat auch der Rückzug Merkels von der Parteispitze und der Inthronisation von AKK nicht geändert.
Ämtertrennung erweist sich als Problem
Das knappe Rennen zwischen Kramp-Karrenbauer und ihrem Konkurrenten Friedrich Merz, der nicht einmal ein Ministeramt erhielt, hat Spuren hinterlassen. Dass man Merz nun eine Mitarbeit in einem Arbeitskreis für soziale Marktwirtschaft anbieten wollte, hat nicht nur dieser als lächerlich empfunden und dem Plan daher vorerst eine Absage erteilt. Als problematisch erweist sich auch, die Ämtertrennung von Parteivorsitz und Kanzleramt. „Angie“ Merkel hat, das merkt man bei jedem ihrer Auftritte, nicht mehr die nötige Power. Mag sein, dass sie auch tatsächlich selbst amtsmüde geworden ist. Trotzdem, es fehlt ihr jedenfalls der Rückhalt durch die Partei. Und im Gegenzug sind AKKs Auftritte vom Fehlen der Umsetzung ihrer politischen Vorstellungen in die Regierungsarbeit geprägt. Ein in jeder Beziehung für bei beide Seiten unbefriedigender Zustand, der nicht nur Auswirkungen auf die deutsche Regierungsarbeit hat, sondern auch die Rolle Deutschlands in der EU schwächt.
Merz wird als Kanzler kolportiert
Nicht nur in Berliner Politikkreisen ist die Ablöse der Regierungschefin ein Thema. Wobei dieses zunächst das Datum des Abschiednehmens betrifft. Gleichzeitig aber mehren sich die Zweifel, dass Kramp-Karrenbauer gewissermaßen automatisch neue Bundeskanzlerin wird. Sie hat mir ihrem bisherigen Agieren in politischen wie auch personellen Fragen diesen Wunsch nämlich nicht gerade untermauert. Veilmehr mehrten sich die Zweifel. Einmal mehr tritt auch in dieser Funktion wieder Friedrich Merz auf. Ihm würde man die Kompetenz und die Durchschlagskraft für die Funktion des Bundeskanzlers eher zutrauen. Gleichzeitig aber bringen sich wieder einmal einige jüngere, nämlich Ministerpräsidenten in Stellung, so unter anderem mit Armin Laschet, jener des größten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen.
Schmerzliche Personalniederlagen
Er musste freilich gerade eine personelle Niederlage einstecken. Diese dürfte aber mehr mit Merkel als mit Laschet selbst zu tun haben. Im Zuge der Kandidatenaufstellung für die EU-Wahlen im Frühjahr fiel nämlich das EU-Schwergewicht Elmar Brok bei der Wahl im Landesparteivorstand durch. 20 von 37 Mitgliedern stimmten gegen ihn. Dazu muss man wissen, dass er nicht nur das bekannteste deutsche Gesicht im EU-Parlament ist, sondern diesem bereits seit 1980 angehört, was ihn als dienstältestes Mitglied des Europäischen Parlaments ausweist. Mehr noch, Brok war der verlängerte Arm Merkels nach Brüssel und Straßburg sowie gleich einer der engsten Berater „Angies“ in der EU. Aufgrund seiner Europakompetenz wird nun noch einmal ein Anlauf genommen, für ihn doch einen Listenplatz zu finden. Was nichts am Signal ändert, dass man sich von der Ära Merkel sukzessive trennen will. Das bekam auch bereits im Herbst Volker Kauder zu spüren, der überraschend als Unionsfraktionschef abgewählt und durch den Beinahe-No-Name Ralph Brinkhaus ersetzt wurde. Alles zusammen, ein Fanal auch für AKK, die erst vor einem Monat neu gewählte CDU-Parteivorsitzende.
Gebanntes Starren auf die EU-Wahl
Die politische Götterdämmerung anbrechen dürfte, so die Erwartungshaltung in den politisch versierten Kreisen, heuer spätestens nach den drei Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, die allerdings erst im Herbst anstehen. Wenn aber in den nächsten Wochen nicht schon eine innenpolitische Aufbruchsstimmung feststellbar ist, die eigene Nabelschau beendet wird, die Reihen wieder geschlossen wirken, dann könnte es bereits am Tag nach der Europawahl, die am 26. Mai stattfindet, kritisch werden. Für die Unionsparteien ebenso wie für die SPD wäre es mehr als nur wichtig, nach den Tiefschlägen des letzten Jahres wieder Aufwind zu verspüren. Andernfalls ist wohl „Tabula rasa“ angesagt.