In einem funktionierenden marktwirtschaftlichen System scheiden schlecht geführte Unternehmen aus dem Wettbewerb durch Abwicklung einer Insolvenz aus. Gerade bei einem Unternehmen wie der HAA. deren Probleme schon seit langem bekannt sind, wäre dies der logische und rechtsstaatliche Weg. Dabei verlieren die Eigentümer ihre Anteile, die Gläubiger werden aus der verbliebenen Vermögensmasse im Verhältnis ihrer anteiligen Finanzierungsbeiträge befriedigt.
[[image1]]Im Fall der HAA haben die österreichische Bundesregierung und ihre Einflüsterer jedoch entschieden, einen anderen Weg zu gehen. Zwar verlieren die österreichischen Bürger ebenso den Wert ihrer Anteile (inklusiver diverser Nachschüsse), zusätzlich will die Bundesregierung ein Gesetz erlassen – und die parlamentarische Koalition wird es brav durchwinken, wonach die österreichischen Bürger im Effekt auch noch die Gläubiger und Financiers der HAA schad- und klaglos halten werden müssen.
Bisher ist die Bundesregierung eine Begründung schuldig geblieben, auf welcher ideologischen Grundlage eine solche „Koalition zulasten Dritter“ basiert. Juristisch liegt ein Fall der Gläubigerbegünstigung vor. Selbst wenn über ein „Gesetz zur Abbau-Bank“ ein gesetzlicher Rahmen geschaffen wird, so bleibt immer noch die Frage, ob für eine so weitreichende Änderung der rechtsstaatlichen Prinzipien nicht doch eine qualifizierte Mehrheit im Parlament oder gar eine Volksabstimmung erforderlich ist.
Welchen wirtschaftlichen Vorteil ziehen die Gläubiger aus diesem Akt der Begünstigung?
Unter „normalen Bedingungen“ steht ihnen im Rahmen der Insolvenz eine Quote zu, die ihrem Anteil an den gesamten Verbindlichkeiten der HAA entspricht.
Die Kalkulation auf Basis der Bilanz zum 31.12.2012:
€ 26,1 Mrd Verbindlichkeiten der HAA
€ 23,6 Mrd bei professioneller Abwicklung der HAA zu erwartende Erlöse der Insolvenzmasse
€ 2,5 Mrd Unterdeckung
entspräche einer Quote von 90,4 %
somit eines Ausfallsrisikos von 9,6 %
Siehe nähere Details.
Folgende Details und Annahmen sind dabei zu berücksichtigen:
1) Etwa € 8 Mrd sind den SEE-Tochterbanken der HAA zuzurechnen und somit nicht insolvenzverfangen. Das heißt: die Unterdeckung ist von weniger Gläubigern zu schultern – deren Ausfallsrisiko steigt somit auf 13,8 %
2) Seit Anfang 2013 soll die HAA ihre Verbindlichkeiten um € 5 Mrd reduziert haben. Allerdings reduzieren sich die bilanziellen Verbindlichkeiten der HAA-Töchter ebenfalls, und die Republik hat Eigenmittel zur Erhöhung des Haftungstopfes nachgeschossen.
Bleiben etwa € 15 Mrd für jene Gläubiger, die die Unterdeckung tragen müssen, also eine effektive Quote von 16,7 %
3) Diese Kalkulation geht davon aus, dass im Insolvenzfall die Forderung der BayernLB als eigenkapital-ersetzendes Gesellschafterdarlehen qualifiziert wird und somit zu den übrigen Gläubigern nachrangig positioniert ist. (Siehe dazu auch später Goldesel XIV)
4) In obigen Zahlen sind eine Folgeinsolvenz des Landes Kärnten und der daraus entstehende Schaden für die HAA noch nicht berücksichtigt. Diesbezüglich können nur Schätzungen vorgenommen werden.
Die maximale Verschuldungshöhe des Landes Kärnten bei der Hypo dürfte bei etwa € 1,6 Mrd gelegen sein. Wieviel davon tatsächlich ausgenutzt ist, wissen wir nicht.
Bei einem Totalausfall des Landes Kärnten würde sich nämlich die Unterdeckung auf € 4,1 Mrd erhöhen.
Ein signifikanter Teil dürfte aber mit dem Verkauf der HAA Österreich an die Anadi Gruppe „mitgewandert“ sein. Dafür sprechen die öffentlichen Äusserungen von Kärntner Politikern, wonach der berühmte Zukunftsfonds als Haftung für Ausleihungen des Landes Kärnten bei der Anadi-Bank eingesetzt sei.
Für die Zwecke dieses Artikels wird davon ausgegangen, dass maximal noch eine halbe Milliarde Euro Ausfall durch das Land Kärnten verursacht werden würde – netto abzüglich einer von Kärnten zu erwartenden Insolvenzquote.
Diese einmalige Chance, das Land Kärnten und seine Bürger aus dem Würgegriff der unseligen Haftungen – und anderer Folgen der Mißwirtschaft der letzten Jahrzehnte – entkommen zu lassen, hat die österreichische Bundesregierung mit ihrer Entscheidung ebenfalls vertan; oder darf man sagen: sie hat sich bewusst dagegen entschieden.
Der „unter normalen Bedingungen“ zu erwartende Ausfall für die Gläubiger in Höhe von € 3,1 Mrd. ist auf Beschluss der österreichische Bundesregierung von der österreichischen Bevölkerung zu tragen. Diese Gunstbezeugung ergibt einen Vermögensvorteil für die Gläubiger, der in der End-Aufstellung der HAA-Profiteure nicht fehlen darf.
Dies ist umso bedeutungsvoller, als zumindest die Anleihegläubiger mit einer solchen Gunstbezeugung gar nicht gerechnet hatten:
Die Kurse der (meisten) Anleihen hatten in den letzten Jahren regelmäßig Abschläge von 5 – 15% aufgewiesen – je nach Restlaufzeit – und zwar im Vergleich zu einer risikolosen Anleihe mit demselben Zinssatz.
Die Anleihegläubiger hatten also schon längst eine Insolvenz und damit verbundene Ausfälle erwartet und sind offensichtlich bei ihren Berechnungen auf weitgehend idente Ergebnisse gekommen.
Auch aus dieser Erkenntnis heraus ist die ordnungspolitische Absicht der Bundesregierung „hinterfragenswert“.
Wer sind nun die Gläubiger? Wer sind die Empfänger der Gunstbezeugungen der österreichischen Bundesregierung zulasten der österreichischen Bevölkerung?
Einer der ständigen Mythen der öffentlichen Diskussion war die Behauptung, man wisse nicht, wer die Gläubiger seien. Diese Aussage darf man als massiven Angriff auf unseren Hausverstand werten. (Oder werden Zinsen tatsächlich „an Unbekannt“ ausbezahlt?)
Bezüglich der Großanleger bzw. Direkt-Gläubiger würde ein Blick der Eigentümer-Vertreter in die Buchhaltungsunterlagen genügen, um sich Klarheit zu verschaffen.
Etwas komplizierter ist die Situation bei den Anleihegläubigern:
– einerseits ist im zu jeder Anleihe existierenden Anleihebuch genau verzeichnet, wer die jeweilige Anleihe hält, und in welchen Stückelungen
– in der Regel scheinen Finanzinstitutionen auf: diese können die Anleihen für ihr Eigen-Portfolio erworben haben (eher selten), sie können sie in von ihnen verwaltete Anleihen-Investment-Fonds beimischen, oder sie wurden im Rahmen der Vermögensverwaltung direkt auf Kundenkonten deponiert (für die sie i.d.R. die Stimmrechte ausüben, auch bei Insolvenz)
– Unabhängig von der Form der Verwaltung liegt de facto die Verfügungsmacht immer bei den gemeldeten Finanzinstituten.
Im folgenden findet sich ein Auszug einiger der größeren Inhaber von HAA-Anleihen, soweit sie aus öffentlich zugänglichen Informationen rekonstruiert werden können:
1. Bank of Al And Fund Management
2. Allianz SE
3. Bawag PSK Invest Austria
4. Landesbank Berlin
5. Blackrock, US
6. Casa 4 Funds Lux European Asset Management
7. Deutsche Bank AG
8. Erste SparInvest
9. Ges FIBanc SA / Spain
10. GLRIFonds SA
11. Invesco Ltd., UK
12. Kepler-Fonds KAGmbH
13. Banque et Caisse d’Epargne de Luxembourg
14. Masterinvest
15. Sarasin, CH
16. Security KAG
17. Carl Spängler Kapitalanlage
18. UBS AG, CH
19. UniCredit SPA
20. Universal Investment Co
21. Vanguard Growth, US
Die Aufzählung in alphabetischer Reihenfolge gibt keinen Aufschluß über die tatsächliche Höhe des Engagements. Größter Inhaber von HAA-Positionen soll DWS, eine Gesellschaft der Deutschen Bank-Gruppe, mit bis zu € 390 Mio gewesen sein. Maximales Ausfallsrisiko für DWS als Gruppe wäre somit etwa € 65 Mio.
Diese Liste erlaubt dennoch einige wesentliche Erkenntnisse:
– Die Liste der HAA-Gläubiger könnte dem „Who is Who“ der europäischen und internationalen Finanzwelt entstammen.
– Alle genannten Institutionen sind professionelle Verwalter, die mit Risiko umzugehen wissen.
– Offensichtlich haben sie HAA-Papiere ihren Portfolios und Kunden beigemischt, um höhere Renditen – bei bekannt höherem Risiko – zu erzielen.
– Ein insolvenzbedingter Ausfall von maximal € 65 Mio (pro Gruppe) hätte keine einzige dieser Institutionen – und wahrscheinlich auch keine ihrer Klienten – in irgendwelche erwähnenswerte Schwierigkeiten gebracht. Im Gegenteil: sie sind gewohnt mit Risiko umzugehen, müssen ähnliche und größere Risken täglich managen, und haben auch im Falle der HAA bereits mit einem realistischen Ausfall gerechnet.
Umso überraschender ist es, dass der österreichischen Bundesregierung das Wohlwollen dieser Finanzinstitutionen wichtiger ist als das Wohl der österreichischen Bevölkerung ….
Lesen Sie auch: Goldesel Hypo V – Berater nach der Verstaatlichung