Die Linke ist gerade dabei einen neuen Krieg der Worte zu erfinden.
Das funktionierende Wechselspiel von Regierung und Opposition ist ein Wesensmerkmal der Demokratie. Bedingt durch die mittlerweile hohe Zahl von Wechselwählern, die bunter werdende politische Landschaft sind stabile Mehrheiten beinahe nicht mehr der Regelfall. Da kann es schon sehr schnell passieren, dass man plötzlich weg vom Fenster und nur noch Zuschauer ist. Dazu kommt, dass es auch gilt gewisse Realitäten zur Kenntnis zu nehmen. So etwa, dass sich in der Gesellschaft eine Verschiebung des politischen Spektrums in Richtung Mitte-Rechts ergeben hat. Das schmerzt Linke und auch so manche sich liberal wähnende Gruppen, die sich als „Gutmenschen“ verstanden wissen wollen und glauben, für den Inbegriff der „political correctness“ zu stehen.
Austeilen aber nicht einstecken können
Verfolgt man in der Öffentlichkeit und in den Medien die Auftritte und Äußerungen linker und auch so manch liberaler Protagonisten, so fällt ein Wandel in der Wortwahl auf. Mehr noch, man hat den Eindruck, dass da ein Krieg der Worte angezettelt wird, der nur darauf abzielt, bewusst zu provozieren, politisch anders Denkende und Handelnde als gesellschaftliche Außenseiter hinzustellen. Sie nehmen Worte wie Gerechtigkeit, Menschenrechte, Freiheit und Frieden selbst gerne und oft in den Mund, überschreiten aber in der Diskussion Grenzen des Anstands und der Achtung. Das Sprichwort „wer austeilt, muss auch einstecken können“ wurde gewissermaßen außer Kraft gesetzt.
Die „Böswilligen“ als neues Feindbild
Ein Musterbeispiel für die Abqualifizierung all jener, die nicht der Meinung der linken und linksliberalen Minderheit sind, lieferte zum Beispiel ein Kommentar im „Standard“. Natürlich in Zusammenhang mit der Migrationspolitik, die derzeit gerne als Vorwand für Attacken gegen jene genommen wird, die von der Illusion einer allzu gutgläubigen Willkommenspolitik Abschied genommen haben, die den Flüchtlingsstrom hinterfragen, zwischen Asylwürdigen und Asyltouristen eine Trennlinie ziehen. So wenn dort geschrieben wird, dass von „keiner Achse der Willigen“, sondern nur noch der „Böswilligen“ die Rede ist. Und der Autor steigert sich noch hinein, wer von „Willkür, Wahnsinn, Chaos und Hysterie“ spricht, die sich über Europa breit gemacht hat. Die Unterstellung liegt auf der Hand, die Linken sind die Gut-, alle anderen die Böswilligen.
Unterstellung unmenschlichen Verhaltens
Auch SPÖ-Parteivorsitzender Christian Kern, der in der Partei um sein Leiberl rennt, weil er einfach nicht die Bodenhaftung zu den eigenen Mitgliedern und Wählern gefunden hat, scheut vor keinen brutalen Verbalismen zurück, wenn es um eine Generalabrechnung mit der Regierung geht. So wenn er erklärt, dass er “nicht dafür zu haben” sei, Menschen im Mittelmeer “ersaufen” zu lassen. Da wird der Regierung, die sich in Akkordanz mit der EU für ein rigoroses Abschieben und Zurückschicken von nicht asylwürdigen Flüchtlingen ausspricht, ein geradezu unmenschliches Verhalten unterstellt. Dieses Zitat zeigt aber auch die Zerrissenheit der SPÖ. Während Kern damit sein linkes Klientel zu bedienen versucht, setzt sein möglicher Nachfolger Hans Peter Doskozil voll auf die andere Karte und verlangt die rasche Abschiebung von angeblich 250.000 illegalen Flüchtlingen, die sich im Land befinden sollen.
Aufruf zum Aufstand
Wenn schon Kern gerne Kraftausdrücke verwendet, dann dürfen sich die sozialistischen Gewerkschafter nicht lumpen lassen, scheint die neue Devise an der personell erneuerten ÖGB-Spitze zu sein. Politische Beobachter sehen darin sogar ein Anzeichen, dass sich Wolfgang Katzian für eine mögliche Kern-Nachfolge anmeldet. Er lässt die verbalen Muskeln spielen und will sich so als Konterpart zur derzeitigen Regierung in Stellung bringen. Aus Partnerschaft wird da schnell Gegnerschaft: „Wir reichen ihnen schon die Hand. Aber wenn sie sie wegschlagen, kann’s schnell a Faust werden. Wir sind keine Hosenscheißer“. Und der Bauarbeiter-Gewerkschafter Josef Muchitsch legt noch eines drauf. Er greift zum Mittel der Drohung, ruft zum Machtkampf auf und prophezeit „der Regierung einen heißen Herbst“. Erinnert an den Klassenkampf und klingt wie ein Aufruf zum Aufstand.
So genannte Künstler spielen Missionare
Wenn schon Politiker in die unterste Lade greifen, dann dürfen auch so manche Künstler nicht fehlen. Man erinnert sich an den so genannten Republikanischen Klub, der 1986 alles versuchte hatte, um den damaligen Präsidentschaftskandidaten Kurt Waldheim gewissermaßen als „alten Nazi“ hin- und ihm das unmittelbare Wissen von NS-Gräueltaten zu unterstellen. Heute ist es die Aktion „Oma-Künstler gegen rechts“. Es sind vor allem Schriftsteller, aber auch bildende Künstler, die glauben, dass sie kraft ihres Künstlerseins eine politische Mission erfüllen müssen. Eine Mission, die sich natürlich gegen „rechts“ richtet, also gegen die gegenwärtige Regierung. Wenn sie schon die Qualität beim Schreiben vermissen lassen, so wollen sie zumindest als politische Wortführer auf sich aufmerksam machen. Wie etwa Feridun Zaimoğlu, der gleich den Patrioten zum Feindbild erkoren hat. Und sich vor dem Bachmann-Forum in Klagenfurt zur Behauptung verstieg: „Es gibt keinen redlichen rechten Schriftsteller.“
Redlichkeit gilt für alle
Bloß bei den links Denkenden darf die Redlichkeit nicht in Frage gestellt werden. So ein Fall ist der an sich normalerweise angesehene Schriftsteller Michael Köhlmeier. Eingeladen von der Bundesregierung zum Festakt anlässlich des heurigen Gedenkjahres, glaubte er, einen Vergleich zwischen der Schließung der Balkan-Route für die Flüchtlinge und der NS-Zeit ziehen zu müssen: „Es hat auch damals schon Menschen gegeben, die sich damit brüsteten, Fluchtrouten geschlossen zu haben“. Ein Eingeständnis, damit über ein Ziel gestoßen zu sein, eine verletzende Unterstellung getroffen zu haben, gab es freilich nicht. Findet man sich doch gewissermaßen sakrosankt, erhaben über jede Kritik und übersieht dabei, wie tendenziös und eitel man ist, von einem gnadenlosen und moralisierenden Ich getrieben wird.