Europa ist zu schnell gewachsen, der Euro wurde zu früh und falsch eingeführt, die Völkerwanderung paralysiert den Kontinent. Kann die Wiederbelebung der EFTA den Karren aus dem Dreck ziehen?
Viele Bürger Nord- und Mitteleuropas hat mit der Euro-Krise das Gefühl beschlichen, nicht nur einer unkontrollierbaren Planwirtschafts-Clique in Brüssel ausgeliefert zu sein. Sondern mit der Fesselung an den Euro auch immer mehr Wohlstand an südliche Länder abgeben zu müssen.
Wachstum um jeden Preis
Mittlerweile umfasst das Friedensprojekt bereits 28 Staaten. Darunter „Failed States“ wie Bulgarien (das zugunsten offener Korruption lieber auf EU-Gelder verzichtet), Griechenland (das nicht in der Lage ist, westliche Steuer- und Verwaltungssysteme zu etablieren) oder Kroatien (das mit vollen Segeln auf den Staatsbankrott zusteuert).
Wie das Beispiel Hellas zeigt, haben sich die südlichen und östlichen Mentalitäten nicht der nordeuropäischen angeglichen (davon waren die Euro–Macher immer ausgegangen). Im Gegenteil: sie bringen sich immer stärker auch bei politischen Belangen ein – Stichwort „Putin“.
Transferunion
Mit Griechenland (und bald Spanien) reden nun kommunistische Regierungen in Europa mit. Ihr Ziel: Ein „anderes“ Europa – eines, dass noch mehr Schulden anhäuft, damit seine Bürger im „fortschrittlichen“ Süden weniger (hart) arbeiten müssen. Finanziert mit Geld, das man (nicht-)dankend vom „kapitalistischen“ Norden – bevorzugt von Deutschland, Österreich und Holland – nimmt.
Schon heute ist Deutschland in doppelter Hinsicht Umverteilungsmeister. Im innerdeutschen Finanzausgleich leben 15 (!) Bundesländer von nur drei Nettozahlern; Bayern, Baden-Württemberg und (ein bisschen) Hessen. Und innerhalb der EU ist es wieder Deutschland, das seit 1991 über 200 Milliarden an Euro Netto-Zahlungen nach Europa geleistet hat, 45% der gesamten Beiträge der 10 größten Nettozahler. Und das 70 Jahre nach Kriegsende.
Mach ich nicht – na und?
Wie schwer bei 28 heterogenen Ländern die Entscheidungsfindung mittlerweile geworden ist, demonstriert die Unart, sich an Gesetze nicht zu halten. Ganz ohne Konsequenz.
Griechische Pleite-Banken erhalten 90 ELA-Milliarden, obwohl dies nur für gesunde Institute (und nur kurzfristig) erlaubt ist.
Das von Deutschland initiierte Stabilitätsabkommen („60% Maximal-Verschuldung am BIP“) hätte die Krisen der letzten Jahre zwar verhindert, wurde nur leider schon im ersten Jahr von fast niemandem eingehalten – am wenigsten von Deutschland selber. Und Länder wie Italien oder Ungarn müssten die Flüchtlingstrecks theoretisch an ihren Schengen-Grenzen stoppen (da die Flüchtlinge damit ja sicheren Boden erreicht haben), schicken diese aber ohne Asylverfahren nach Norden weiter, um Geld und Wählerstimmen zu optimieren.
Die EFTA und wir
Kann die Belebung der alten „Europäische Freihandelsassoziation“, EFTA, da noch helfen? Nachdem Österreich, Schweden und Finnland diese 1995 verlassen hatten, besteht sie heute nur noch aus Island, Norwegen und der Schweiz (mit Liechtenstein). Ihr Aktivitäten-Schwerpunkt beschränkt sich auf die interne Zollfreiheit und die in den Vaduzer Konventionen 2002 vereinbarte Annäherung an den Europäischen Wirtschaftstraum EWR.
Ein sich selbst zentral steuerndes System, das als Ziel irgendwann die Vereinigten Staaten von Europa mit einheitlichen Gesetzen und Normen hat, ist die EFTA aber nicht. Und sie will es auch nicht werden, sind ihre Mitglieder für das Verfolgen eigener, unterschiedlicher Wege doch sehr bekannt.
So sind die Schweizer bei der Zuwanderung mittlerweile eher restriktiv, die Norweger hingegen offen. Die Schweiz hat viele Privatkonzerne, Norwegen einige große Staatkolosse, Irland weder noch. Bei der Sozialschutzquote liegen sie allerdings wieder einheitlich bei 25% (Österreich 30%, Eurostat 2011).
Nord-EU, Süd-EU?
Das EFTA-Gründungsmitglied England zierte sich bis 1973, EU-Mitglied zu werden, weil es den Brüsseler Zentralstaat wohl damals schon erahnte. Würde das Inselreich (und vielleicht auch Irland) zur EFTA (zurück-)wechseln, könnte das weitere, unzufriedene Länder wie Deutschland und Österreich mit sich reißen. Damit könnte sich die EFTA zu einem austeritätsorientierten, dezentralen bzw. föderalen EU-Gegenprojekt profilieren.
Innerhalb der EU würden etatistische Kraftzentren wie Frankreich, Italien und Griechenland zwar politisch mehr an Bedeutung gewinnen, wirtschaftlich aber verlieren, weil finanzstarke Geberländer abhandengekommen wären.
Teilung Europas
Zwar würden die Kosten für die einzelnen Mitglieder nun sinken, weil die EFTA wesentlich weniger Aufgaben übernimmt (und auch keine Zahlungen mehr in verarme Flächenstaaten wie Polen oder Rumänien fließen würden).
Die Ungleichheiten innerhalb des Kontinentes würden aber zunehmen, denn weite Teile Europas würden den Anschluss an den Westen verlieren. Auch das Wanderungsproblem bliebe ungelöst. Denn die EU, die ja die meisten EFTA-Länder umgibt, duldet keinerlei Beschränkung der Personenfreizügigkeit. In niedergehenden Staaten wie Rumänien und Bulgarien würde der Druck zur Wanderung in erfolgreichere Länder sogar noch steigen.
Europa, ade´
Der Euro wäre Geschichte, das Friedensprojekt eines verschmelzenden Kontinentes aber auch.
Freilich könnten einzelne EFTA-Mitglieder nun Gesetze beschließen, die auf ökologischem oder sozialem Gebiet strengere Normen als die der alten EU vorsahen. Sie würden aber nicht lange halten, denn um am lebensnotwendigen Freihandel teilnehmen zu können, muss man sich den Normen mächtiger Blöcke beugen.
Aber bei Vorhaben wie TTIP bringt der sich am stärksten ein, der politisch am stärksten ist. Spricht Europa mit zwei Stimmen, gelten sie zusammen weniger als vorher die eine. Homogene Machtblöcke wie China oder die NAFTA (North American Free Trade Agreement; Kanada, USA, Mexiko) hätten leichtes Spiel.
Natürlich belebt Konkurrenz das Geschäft. Aber nach außen hin muss Europa mit einer Zunge sprechen, sonst drohen bisher erarbeitet Standards verloren zu gehen. Was die NAFTA vordergründig schlagkräftiger als Europa macht, ist der Umstand, sich wie die EFTA auf einen gemeinsamen Markt für Güter zu beschränken – und die Staaten ihre Probleme dezentral lösen lässt.
Als Österreicher fragt man sich, ob es hier denn keinen Mittelweg gäbe.