Samstag, 21. Dezember 2024
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Hollande erteilt Änderung der EU-Verträge eine Absage

Beim französisch-britischen Gipfeltreffen auf dem britischen Luftwaffenstützpunkt Brize Norton konnte in der Kernfrage keine Einigkeit erzielt werden. Damit werden den Reformwünschen des britischen Premiers enge Grenzen gesetzt.

[[image1]]Klarer hätte er es kaum ausdrücken können: „Die Überarbeitung des EU-Vertrages hat für uns keine Priorität“, sagte der französische Präsident François Hollande und machte damit die Hoffnungen seines Gastgebers David Cameron zunichte. Zwar wolle auch Frankreich, dass die Eurozone „besser koordiniert und integrierter“ werde. Im Übrigen wünsche sich sein Land, dass das Vereinigte Königreich in der EU bleibt. Das allerdings erhöhe die Dringlichkeit für eine Überarbeitung der Verträge keineswegs und: Man könne nicht erwarten, dass alle Länder Europas dem Beispiel eines einzigen folgen würden. Das vom Vereinigten Königreich genannte Ziel, Kompetenzen nach London zurück zu verlagern werde nur dann Zustimmung erhalten, wenn hier gleiches Recht für alle gelte, betonte Hollande. Klartext des sozialistischen Staatschefs, der es satt hat, von den Briten ständig wegen der Schwächen der französischen Wirtschaft und den negativen Folgen des auf 75 Prozent erhöhten Spitzensteuersatzes belehrt zu werden.

Für Cameron ist das ein Problem

Der britische Premier hatte dagegen zuvor erneut um Unterstützung für sein Projekt geworben und darauf gepocht, dass sein Land auf Neuverhandlungen bestehe, die zwangsläufig zu einer Änderung der bestehenden Verträge führen würden. Schließlich steht er bei seinen Landsleuten im Wort, denen er vor einem Jahr versprach, er werde eine Reform der EU und ein neues Verhältnis zwischen Großbritannien und der Union aushandeln und das Ergebnis dann im Falle seiner Wiederwahl 2017 zum Gegenstand einer Volksabstimmung machen. Cameron will eine Verschlankung der EU und Kompetenzen nach London zurückholen. Bisher gibt es dafür zwar keine konkrete Liste, doch ein Teil der bereits bekanntgewordenen Änderungswünsche des Premiers in den Bereichen Einwanderung, Einwanderung und Justiz würde wohl in der Tat eine Änderung der Verträge erfordern. Für ein solches Vorhaben allerdings braucht Cameron die Zustimmung der anderen EU-Mitgliedsstaaten. Und hier gibt es nicht nur sachliche Hürden sondern auch Widerstand gegen den von Cameron anvisierten knappen Zeitplan. „Ja, Europa braucht Wandel aber die Partnerstaaten wehren sich gegen den willkürlichen Zeitplan von David Cameron“, so ein EU-Sprecher. Hinzu kommt der Wahlkalender: 2017 finden in Frankreich die nächsten Präsidentschaftswahlen statt. Für Hollande, der ohnehin mit schwachen Popularitätswerten zu kämpfen hat also kein Anlass, sich auf das Minenfeld einer Vertragsänderung einzulassen, die in Frankreich ein Referendum zur Folge haben dürfte. Kopfschütteln löst im Übrigen bei den Partnerländern Camerons neuer Widerstand gegen zusätzliche Schritte zur Erweiterung der EU und seine Vorschläge zur Einschränkung der Freizügigkeit aus: schließlich waren die Briten bisher immer lautstarke Befürworter der Aufnahme neuer Mitglieder.

Den Konservativen droht die Spaltung

Das EU-Referendum hatte Cameron seinen Landsleuten im Januar 2013 unter dem Druck der Euroskeptiker in seiner Partei und angesichts der zunehmenden Ablehnung der EU in Großbritannien zugesagt. Doch nun erhielten seine Pläne einen Dämpfer: Das Oberhaus des britischen Parlaments lehnte den Textvorschlag für die Frage zur Volksabstimmung vor einer Woche mehrheitlich ab. Der Vorgang wurde damit an das Unterhaus zurückverwiesen. Cameron findet im Ausland inzwischen mehr Sympathie für seine Europapolitik als im heimischen Großbritannien. „Was Europa braucht ist eine Dosis praktischen Menschenverstandes konservativer Prägung“ erklärte er dieses Jahr beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos“. Unglücklicherweise droht ihm zu Hause nun aber die Spaltung seiner Konservativen Partei. Wiederholt sich die Geschichte? Wie in der Vergangenheit unter den Premierministern Margaret Thatcher und John Major stachelt die öffentliche Debatte die Euroskeptiker unter den Tories zu immer neuen Forderungen an. Das gipfelte nun darin, dass Mitglieder des rechten Flügels mit einer Reihe von Zusatzanträgen eine deutliche Verschärfung des Gesetzesentwurf der Regierung zur Neuregelung der Einwanderungspolitik erzwingen wollten. Eine Splittergruppe machte sich etwa dafür stark, zunächst bis Ende 2018 wieder Einreisebeschränkungen für Rumänen und Bulgaren einzuführen.

Einige dieser Anträge gingen so weit, dass sie klare Verstöße gegen geltendes EU-Recht darstellten. Statt aber Farbe zu bekennen und die Euroskeptiker in ihre Schranken zu verweisen, äußerte Cameron prinzipielles Verständnis für ihr Anliegen, empfahl seinen Ministern jedoch gleichzeitig, sich der Stimme zu enthalten. Dieser Wackelkurs führte dann dazu, dass der Regierungsentwurf ohne die Unterstützung der oppositionellen Labour-Partei im Unterhaus gescheitert wäre. Fazit: Während in einigen Ländern Europas durchaus Sympathie für Camerons Plan besteht, die EU demokratischer, flexibler und wettbewerbsfähiger zu machen droht das Projekt an mangelndem diplomatischen Geschick im Umgang mit den EU-Partnern und am Kleinkrieg innerhalb der konservativen Partei Großbritanniens zu scheitern. 

 

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