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Ibiza-Gate: Wusste BK Wien bereits 2018 vom Video?

Das Ibiza-Video / Bildmontage: EU-Infothek / Quelle: Spiegel, SZ / Süddeutsche Zeitung

Am 10. März 2020 ging bei der Staatsanwaltschaft St. Pölten ein zehnseitiger Brief von einem Salzburger Beamten ein.

Die STA St. Pölten hat am 10. März dieses brisante Schreiben an die Wiener Staatsanwaltschaft, welche in der Ibiza Affäre ermittelt, weitergeleitet. Der Salzburger Beamte M.P. beschreibt darin, wie er den zwischenzeitlich in U-Haft befindlichen Freund des „Detektivs Julian Haller“ kennengelernt hatte.

S.K. hat dem Beamten während des ersten Treffens angeboten, ihm Auskünfte aus dem kriminellen Milieu in Salzburg und Umgebung, insbesondere in Bezug auf Suchtgifthandel, zu geben und erwartete dafür als Gegenleistung eine übliche Erfolgsprämie des BMI. So kam es am 29.3.2019 zu einem angeordneten Scheinkauf im Bereich von Vösendorf, bei welchen S.K. als Informant eingesetzt war und in der Folge insgesamt 19 kg hochwertiges Heroin sichergestellt werden konnten.

Der Beamte schreibt weiter in seinem Brief an die STA:

Aufgrund der Tätigkeit als Informant bei dem angeführten Scheinkauf wurden S.K. nach telefonsicher Auskunft vom 29.03.2019 durch Chefinspektor XY mir gegenüber EUR 20.000 vom Büro 5.3. des BK (Bundeskriminalamt) zugesprochen. Die vorab telefonisch zugesprochene Summe von EUR 20.000 wurde S.K., wie mit Chefinspektor XY vereinbart, vorerst nicht mitgeteilt.

Weiters: Rund zwei oder drei Wochen nach dem durchgeführten Scheinkauf kam es zu einem Telefonat zwischen dem LKA Salzburg, Oberst VV, und Chefinspektor WW vom BK Büro 5.3. Dabei wurde mitgeteilt, dass die Belohnung nur EUR 15.000 betragen würde und die Auszahlung vorerst gestoppt sei, da noch etwas zu überprüfen wäre.

Weiters schreibt der Beamte: Selbige Information wurde auch von Chefinspektor XY an Oberst VV sowie an mich weitergegeben. Damit ist der vorübergehende Auszahlungsstopp der Belohnung gemeint.

S.K. behauptet in einem Gespräch mit dem Beamten: BK wusste bereits 2018 vom Ibiza Video

Der Beamte schreibt weiter. Im Laufe des Treffens wurde auch das veröffentlichte Video zum Gesprächsthema, worauf ich S.K. fragte, woher er das denn alles gewusst hat. Daraufhin gab dieser an, dass halb Wien von dem Video weiß. Auf Nachfrage, ob er das auch alles Chefinspektor XY erzählt hat, gab S.K. an, dass er diesem das alles schon im Jahr 2018 erzählte und dieser auch einen entsprechenden Bericht verfasst hatte.

Weiters sei er sich sicher, dass anhand der von ihm an Chefinspektor XY herangetragenen Informationen bereits Ermittlungen geführt würden, zumal Julian („Detektiv Haller“) auch ein ehemaliger Informant von Chefinspektor XY sei.

Bei den handelnden Personen würde es sich nur um ehemalige Gesprächspartner von S.K. handeln, weshalb er auch die Namen der Personen kenne.

Weiters schreibt der Beamte:

Bei den genannten Treffen bot S.K. an, seinen ehemaligen Geschäftspartner „Julian Haller“ zu fragen, ob er das Video verkaufen würde.

Ein weiterer Gesprächsteilnehmer wies darauf hin, dass die Sache anders verlaufen wäre, wenn er vor der Veröffentlichung des Videos von dessen Existenz erfahren hätte.

Dabei erwiderte S.K. abermals, dass das bereits seit zumindest 2018 bekannt sei und das BK über alles Bescheid wissen. Er habe XY (Chefinspektor beim BK) bereits damals alles erzählt.

Weiters schreibt der Beamte zum Thema Ausspionieren der Beamten der Soko Ibiza im BK:

Zum einen verfüge ich werde über berufliche noch private biografische Informationen von Mag. A.H. (Anmerkung der Redaktion: Leiter der Soko Tape) und zum anderen wurde ich am 10.6.2019 von S.K. mittels dem Chat-Programm „Threema“ kontaktiert, wobei ich gefragt wurde, ob ich AH kennen würde. Dieser sei von Hallein, hätte in Salzburg gearbeitet und würde die Soko Ibiza leiten.

Weiters schreibt der Beamte: Weiters gibt auch S.K. in seiner Zeugenvernehmung an, dass er die Informationen über Mag. AH von „Julian Haller“ (Detektiv) erhalten hat, zumal dieser noch äußerst gute Kontakte in das BK habe.

Dass der „Detektiv Julian Haller“ weiterhin sehr gute Kontakte in das BK haben soll, geht auch aus den Amtsvermerk von 14.6.2019, Seite 12, hervor, indem S.K. gegenüber D. angibt, dass egal was passiert, er, also „Haller“ (Detektiv), sofort Info hat (hochrangige Beamte im BK).

Weiters schreibt der Beamte:

Zum Beweis, dass das BK, hier zumindest das Büro 5.3., bereits vor der Veröffentlichung des Videos von dessen Existenz wusste und hätte entsprechende Ermittlungen einleiten sollen oder eventuell eingeleitet hat, kann ich noch angeben, dass es wie bereits umseitig angeführt, zur Verweigerung der Auszahlung der Belohnung in Höhe von EUR 15.000 gekommen ist. Dies war bereits im April 2019, also vor der Veröffentlichung des Videos.

Der Beamte schreibt: In der Zusammenschau auf den Zeitablauf, sprich der Verweigerung der Auszahlung, geht eindeutig hervor, dass das BK, vor allem das Büro 5.3., von der Existenz des Videos gewusst haben muss, da doch bereits im April (2019) die Auszahlung gestoppt, aber das Video erst im Mai (2019) veröffentlich wurde.

Weiters gab Chefinspektor XY gegenüber Oberst VV an, dass er bereits im Jahre 2018 von dem Video erfahren und einen entsprechenden Bericht an das BK Büro 5.,3. Weitergeleitet hat.

Auch gab S.K. gegenüber K.G. an, dass dieser bereits seit 2018 Informationen darüber habe (siehe Amtsvermerk von 14.6. 2019, Seite 17).

Der Beamte schreibt weiters:

Nur mit dieser damaligen Aussage des S.K. mir gegenüber, sprich dass es ein Video von Strache aufgetaucht und diese im „Arsch“ sei, wären noch keine Anhaltspunkte oder Verdachtslagen für Ermittlungen gegeben gewesen. Im Gegenteil stellt sich die Frage, warum nicht schon im Jahr 2018, als Herr S.K. die Informationen an Chefinspektor XY und dieser in weiterer Folge an das BK, Büro 5.3., weitergeleitet hat, die entsprechenden Ermittlungen eingeleitet wurden?

Dieser schriftliche Bericht des Beamten wirft noch die wichtige Frage auf, wer aus der mehrfach zitieren Abteilung 5.3. im BK (zuständige für Suchtgift) bereits im Frühjahr 2018 Informationen über das Ibiza Video hatte.

Sehr wesentlich ist auch die Beantwortung der Frage, ob und wie der sogenannte „Detektiv Haller“ seinerseits versucht hatte und noch immer versucht, das BK in seinem Sinne zu instrumentalisieren oder ob der „Detektiv Haller“ von hochrangigen Beamten des BK selbst instrumentalisiert wurde.

2 Kommentare

  1. Was ist BK? Ich versteh die Abkürzung leider nicht.

  2. Sehr interessanter Brief. Da werden ja glatt Erinnerungen an den Lucona-Fall wach, wo auch ein kleiner Kieberer zusammen mit einem Privatdetektiv ein Erdbeben bis in höchste politische Kreise verursacht hat. Ob das heute auch noch ginge, darf bezweifelt werden. Nach Lucona ist nämlich umgehend mit der StPO-Reform der unabhängige Untersuchungsrichter wegreformiert und durch der weisungsgebundenen Staatsanwalt ersetzt worden. Es ist also zu befürchten, dass man von dem Brief nichts mehr hören wird…

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