Heuer werden in Österreich von innovativen Unternehmen und der öffentlichen Hand fast elf Milliarden Euro für Forschung & Entwicklung ausgegeben. Damit liegt die Forschungsquote bereits zum dritten Mal über drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Für diesen Wert muss sich die Republik keineswegs genieren: Laut OECD-Statistik rangiert Österreich unter 37 Staaten an achter Position – freilich deutlich hinter den einschlägigen EU-Musterländern Finnland, Dänemark und Schweden. Der Abstand zu den weltweiten Forschungskaisern Korea, Israel oder Japan ist naturgemäß noch größer. Dennoch können sich zahlreiche rot-weiß-rote Paradeunternehmen – darunter etwa AT&S, AVL, FACC, KTM, Rosenbauer oder die Voestalpine – am Weltmarkt in führender Position behaupten.
Bereits vor fünf Jahren hat sich die rot/schwarze Bundesregierung das Ziel gesetzt, die Forschungsquote bis zum Jahr 2020 auf rund 3,8 Prozent zu steigern und das Land zumindest europa-weit zum „Innovation Leader“ zu machen. Dieses ehrgeizige Vorhaben wird allerdings ein Wunschtraum bleiben müssen, weil dieser Indikator leider kaum zu erreichen sein wird: Das liegt bestimmt nicht an den forschungsintensiven Betrieben, die schon jetzt die Hälfte aller Forschungsinvestitionen aufbringen – das Problem ist die Politik. Die öffentlichen Hände, die etwas mehr als ein Drittel vom Kuchen beisteuern, werden nämlich infolge knapper Budgetmittel zusehends auslassen. Die eigentliche Crux besteht aber darin, dass es hierzulande keine klare politische Strategie für Innovation, einen enorm wichtigen Erfolgsfaktor für die Zukunft, zu geben scheint.
Die Rahmenbedingungen für dieses zentrale Zauberwort sind folglich alles andere als optimal: Dass in Österreich nicht weniger als 216 Förderstellen vorhanden sind und Subventionen nach 136 verschiedenen Programmen verteilt werden, ist eine von mehreren Absurditäten. Die zahlreichen Hürden, die innovationsfreudigen Firmen in Wien, den Bundesländern und natürlich auch von Seiten Brüssels in den Weg gestellt werden, sind obendrein kontraproduktiv. Daher ist es nur logisch, dass Österreich im „European Innovation Scoreboard“ der EU-Kommission über Rang Zehn nicht hinauskommt. In dem von der renommierten Business School Insead publizierten „Global Innovation Index“ scheint das Land gar nur an zwanzigster Stelle auf.
16 Minister in 16 Jahren
Der Begriff Innovation ist für die Bundesregierung erst seit dem Jahr 2000 sozusagen amtlich: Damals wurde das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie – kurz VIT – geschaffen, das erst den Beweis erbringen müsste, ob es tatsächlich fit für die Zukunft ist. Bislang wurden lediglich von Zeit zu Zeit so genannte „Forschungsoffensiven“ angekündigt, stets vollmundig mit Milliardenbeträgen jongliert und im gewohnten politischen Selbstbeweihräucherungsverfahren vermeintliche Erfolgserlebnisse bejubelt, um auf diese Weise konzeptionelle Schwächen zu kaschieren. Die strategische Konstanz war bislang, zum Beispiel auf Grund vieler Personalrochaden, ebenso wenig vorhanden wie eine überzeugende fachliche Kompetenz der handelnden Personen. In 16 Jahren gab es nicht weniger als neun (!) für Innovation zuständige Minister, für den Bereich Wissenschaft zeichneten im genannten Zeitraum sieben Bundesminister verantwortlich, die noch dazu drei Parteien angehört haben.
Besonders glücklich oder gar innovativ war man bei der Selektion der vielen Ressortchefs nie, was am Beispiel des VIT-Ministeriums mühelos zu dokumentieren ist: Im September 2014 wurde es vom vormaligen Gesundheitsminister Alois Stöger übernommen, der – als er so halbwegs in die neue Materie eingearbeitet war – nach 16 Monaten bereits wieder ins Sozialminister weiterziehen musste. Dann folgte, nachdem er seine Soldatna zu verlassen hatte, der frühere Heeres- und Sportminister Gerald Klug, dem beim besten Willen nicht einmal eine minimale Themenaffinität nachzusagen wäre – dafür blieb er auch nur rund vier Monate im Amt, um sodann in die Wüste geschickt zu werden.
Sein Nachfolger heißt Jörg Leichtfried und ist vom Typus her auch nicht gerade der geborene Innovationskaiser: Der Neo-Minister stammt aus der Steiermark, hat sich nicht wie Stöger und Klug als Gewerkschafter, sondern bei der Arbeiterkammer hochgedient, brachte es 2004 zum EU-Abgeordneten und wurde Mitte 2015 schließlich als steirischer Verkehrslandesrat aus Brüssel heimgeholt. Dort hatte sich Leichtfried nachweislich vor allem mit Fragen des internationalen Handels befasst, im Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr betätigt und um bessere Beziehungen zu Brasilien gekümmert – Innovation war jedenfalls nicht sein Lieblingsthema. Deshalb war es mehr als verwunderlich, als Christian Kern ausgerechnet ihn nach Wien beordert hat. Man kann dem neuen Minister nur wünschen, dass er sich rasch mit der wichtigen Materie vertraut macht – und nicht schon bald wieder abgelöst wird.
Im Übrigen darf man sich damit trösten, dass Innovation ohnedies eine Domäne der Wirtschaft ist und bleibt – und vom Staat keine Wunderdinge zu erwarten sind…