In ungewöhnlich scharfer Form rügte vor kurzem der österreichische Rechnungshof sowohl die Struktur als auch die Gebarung des österreichischen Auswärtigen Dienstes und empfahl, die diplomatischen und konsularischen Vertretungen in finanziell angespannten Zeiten wie diesen zu redimensionieren und deren Aufgaben zu bündeln.
[[image1]]Fügt man dieser volkswirtschaftlichen bzw betriebswirtschaftlichen Feststellung aber noch die europarechtliche bzw –politische Frage hinzu, ob es – bei einem in Kürze sachlich und personell voll ausgebauten Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) der EU – überhaupt noch Sinn macht, dass ein EU-Mitgliedstaat eine vergleichsweise so große diplomatische und konsularische Außenvertretung wie Österreich unterhält, kommt man nicht umhin, ganz grundlegende (außen-)politische Überlegungen anzustellen.
Rügen des Rechnungshofes
Im Unterkapitel „Struktur österreichischer Vertretungen innerhalb der EU“ seines Prüfberichts 2014[1] geht der Rechnungshof mit Österreich bzw dem (damaligen)[2] Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA) scharf ins Gericht und stellt in seinen Schlussfolgerungen wörtlich fest: „Das BMEIA verfügte im Jahr 2011 über 36 Vertretungen innerhalb der EU (nachgeordnete Dienststellen). Dazu zählen 27 Botschaften, drei Generalkonsulate, vier Kulturforen und zwei Ständige Vertretungen bei internationalen Organisationen (IO). Im EU-Vergleich zählte Österreich zu jenen 9 von 27 Mitgliedstaaten, die in jedem EU-Land mit einer Botschaft vertreten waren.
Entscheidungsgrundlagen für die Struktur des Vertretungsnetzes (Standorte und Ausstattungen von Vertretungen) und Entscheidungsprozesse für Strukturmaßnahmen waren nicht nachvollziehbar. Inhaltliche Zielvorgaben und konkrete Aufgabenprofile des BMEIA für die Botschaften sowie regelmäßige Evaluierungen lagen nicht vor. Steuerungssysteme für die Aufgabenerfüllung (Leistungserbringung) waren ausbaufähig. Bei der Nutzung von Liegenschaften traten Ineffizienzen auf.
Die Ausgaben des BMEIA für die Vertretungen innerhalb der EU beliefen sich im Jahr 2011 auf 52,20 Mio. Euro. Sie hatten sich trotz Bemühungen des BMEIA um Einsparungen (insbesondere durch Schließung des Generalkonsulats in Hamburg und Reduktion bzw. Ersatz von entsandtem Personal durch Lokalangestellte) seit 2008 um 0,9 Prozent erhöht“.[3]
Da der Rechnungshof vor der Abgabe dieses Prüfberichts ja dem BMeiA Gelegenheit zur Stellungnahme und damit auch zur Rechtfertigung seines Verhaltens gegeben haben muss, verwundert die Schärfe der Kritik, vor allem der Hinweis auf die fehlenden inhaltlichen Zielvorgaben und konkreten Aufgabenprofile für die Botschaften sowie, ganz allgemein, die Rüge wegen der Unterlassung regelmäßiger Evaluierungen. Auf diese Vorhalte wird nachstehend nicht eingegangen sondern vielmehr versucht, die Dimensionierung des österreichischen auswärtigen Dienstes im Hinblick auf die Funktionsaufnahme des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) zu relevieren.
Struktur der diplomatischen/konsularischen Vertretungen Österreichs
Österreich unterhielt 2011 weltweit zu 194 Staaten diplomatische Beziehungen und mit der PLO sonstige Beziehungen.[4] Aufgrund einer Reihe von Mehrfachakkreditierungen bzw „Roving Ambassadors“ stellte sich die Situation dieser Vertretung Ende 2011 institutionell folgendermaßen dar:
- 81 bilaterale Botschaften
- 5 Ständige Vertretungen bei IO
- 10 Generalkonsulate
- 6 selbständige Kulturforen
- 1 sonstige Vertretungsbehörde.[5]
Was hingegen die Vertretung innerhalb der EU – die Auswertung 2011 bezieht sich noch auf die EU der 27 Mitgliedstaaten[6]) – betrifft, so stellt sie sich folgendermaßen dar:
- 27 Botschaften
- 3 Generalkonsulate (Krakau, Mailand, München)
- 4 selbständige Kulturforen (Budapest, London, Rom, Warschau)
- 10 unselbständige Kulturforen (Berlin, Brüssel, Bukarest, Krakau, Laibach, Madrid, Mailand, Paris, Prag, Pressburg)[7]
- 2 Ständige Vertretungen bei IO (EU/Brüssel, Europarat/Strassburg).
Von diesen insgesamt 36 Vertretungen waren neun kleine, 20 mittlere und sieben große Vertretungen.
Im Gegensatz zu Österreich, das damit in allen EU-Mitgliedstaaten mit einer eigenen Botschaft vertreten war, ist dies bei ähnlich großen Mitgliedstaaten nicht immer der Fall. So ist Schweden nur in 19 EU-Mitgliedstaaten mit einer Botschaft und in vier weiteren lediglich mit einem in mehreren Empfangsstaaten akkreditierten sog. „Roving Ambassador“ vertreten. Auch Österreich bedient sich, wie vorstehend erwähnt, bei seinen Mehrfachakkreditierungen „Roving Ambassadors“ – die bei völligem Fehlen einer Infrastruktur vor Ort auch „Laptop-Ambassadors“ genannt werden – aber nicht innerhalb der EU. Ungarn wiederum ist nur mit 24 eigenen Botschaften in den 29 EU-Mitgliedstaaten vertreten. Die geringste Vertretungsdichte innerhalb der EU weisen Malta und Luxemburg (je 13 Botschaften), Schweden und Slowenien (je 19 Botschaften), Estland und Lettland (je 20 Botschaften), Zypern (21 Botschaften) sowie Litauen (22 Botschaften) auf.
Ende 2011 belief sich der Personalstand des BMEIA an Vertretungen innerhalb der EU auf 477 Bedienstete, wovon 261 Entsandte und 216 Lokalangestellte waren, und umfasste somit rund 35% des gesamten Personals des BMEIA an Vertretungen weltweit. In diesem Zusammenhang rügte der Rechnungshof vor allem den Umstand, dass Österreich im EU-Vergleich (Stand: Juni 2012) einen überdurchschnittlich hohen prozentualen Anteil an entsandten Bediensteten an bilateralen Vertretungen innerhalb der EU aufweist, für die deutlich höhere Ausgaben als für Lokalangestellte anfallen: 54% Entsandte, 46% Lokalangestellte im Vergleich zum EU-Schnitt von 42% Entsandten und 58% Lokalangestellten. Auch wende das Personal der Vertretungen innerhalb der EU durchschnittlich nur 54% seiner gesamten Arbeitszeit für externe Leistungen und 46% für rein interne, administrative Leistungen auf.[8]
Was die Rotation iSe regelmäßigen Versetzung oder Dienstzuteilung der Bediensteten des BMEIA zu einer anderen Dienststelle im In- und Ausland (Mobilitätsprinzip) betrifft, so hat diese nach den dienstlichen Erfordernissen und in möglichst ausgewogener Weise zu erfolgen. Das BMEIA strebt in diesem Zusammenhang eine durchschnittliche Verwendungsdauer an einem Dienstort von vier Jahren an. Bedienstete der Verwendungsgruppe A1 (höherer auswärtiger Dienst) sollten etwa zwei Fünftel ihrer Dienstzeit im Inland und drei Fünftel im Ausland verbringen. Für Bedienstete der Verwendungsgruppe A2 (gehobener auswärtiger Dienst) geht das BMEIA von einem Versetzungsrhythmus von jeweils drei Auslandsposten sowie einem Einsatz in der Zentrale in Wien aus. Für Bedienstete der Verwendungsgruppe A3 (Fachdienst) liegen keine Richtwerte vor.
Im Juni 2012 waren 31 von insgesamt 247 bzw. 13% der entsandten Bediensteten des BMEIA an Vertretungen innerhalb der EU länger als zwölf Jahre durchgängig im Ausland, davon ein A1-Bediensteter, fünf A2-Bedienstete und 25 A3-Bedienstete, woraus ersichtlich ist, dass das BMEIA das Rotationsprinzip bei Bediensteten der Verwendungsgruppe A3 nur unterproportional umsetzt.
Kolokationen
Unter „Kolokationen“ versteht man die gemeinsame Unterbringung von Einrichtungen des BMEIA im Ausland mit geeigneten Partnern österreichischer (wie zB der Wirtschaftskammer Österreich) oder ausländischer (wie zB Vertretungen anderer Staaten) Provenienz zur Ausnutzung der sich dabei bietenden Synergieeffekte, wie zB bessere Flächennutzung, geringere Nebenkosten (Bewachung etc.) uam. Ein anschauliches Beispiel für eine Kolokation ersterer Variante stellt die Ständige Vertretung Österreichs bei der EU in Brüssel dar, in deren Schoß sich folgende Einrichtungen angesiedelt haben: die EU-Abteilungen aller österreichischer Bundesministerien, die Verbindungsstelle der Bundesländer, Vertreter aller Sozialpartner, die Industriellenvereinigung, die Nationalbank, der Gemeindebund und der Städtebund.[9] In diesem Zusammenhang empfiehlt der Rechnungshof dem BMEIA, dass Kolokationen mit anderen Staaten mit dem Ziel der Kostenersparnis verstärkt zu betreiben wären.[10]
Das Instrument der Kolokation, von dem bisher in seiner zweiten Variante nur sehr zögerlich Gebrauch gemacht wurde – so nutzte Ungarn in Riga die Räume der für Konsulatszwecke gewidmeten Teile der österreichischen Botschaft bei Bedarf unentgeltlich mit und in Nikosia war ein lettischer Diplomat im zweiten Halbjahr 2012 in der österreichischen Botschaft zu einem pauschalen Nutzungsentgelt von 3.000 Euro untergebracht[11] – erfährt nun im Zuge des weiteren Ausbaues des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) eine entsprechende Aufwertung.
Es liegt auf der Hand, dass auch die räumliche Zusammenführung der einzelnen diplomatischen Dienste der Mitgliedstaaten mit dem EAD ein großes Synergiepotential hätte. Dabei stellt sich aber sofort die Vorfrage, ob den EU-Mitgliedstaaten im Gefolge der Ausbildung der „Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik“ (GASP) (Art. 23 bis 41 EUV) bzw. „Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ (GSVP) (Art. 42 bis 46 EUV) überhaupt noch Möglichkeiten zur autonomen Führung ihrer Außenpolitik verblieben sind, die die Aufrechterhaltung der bisherigen Größe der auswärtigen Dienste rechtfertigen.
Kann Österreich noch eine autonome Außenpolitik führen?
Obwohl die Mitgliedstaaten auch nach dem Vertrag von Lissabon (2007) formell nach wie vor über die Kompetenz zur Formulierung und Durchführung ihrer Außenpolitiken verfügen,[12] liegt die Antwort auf diese komplexe Fragestellung grundsätzlich in der Bestimmung des Art. 32 Abs. 1 EUV, die vorsieht, dass sich die Mitgliedstaaten im Europäischen Rat und im Rat „zu jeder außen- und sicherheitspolitischen Frage von allgemeiner Bedeutung“ abzustimmen haben, um ein gemeinsames Vorgehen festzulegen. Eine isolierte, autonome und mit den anderen Mitgliedstaaten nicht akkordierte außenpolitische Maßnahme kann also von einem Mitgliedstaat nur mehr dann ergriffen werden, wenn es sich nicht um eine „außen- und sicherheitspolitische Frage von allgemeiner Bedeutung“ handelt, bezüglich derer sich eben jeder Staat verpflichtend mit den anderen im Europäischen Rat und im Rat abzustimmen hat. Für Österreich stellte sich diese Frage grundlegend im Falle seiner bilateralen Nachbarschaftspolitik mit Tschechien und der Slowakei wegen der beiden grenznahen Atomkraftwerke Temelin und Bohunice.[13]
Ob eine solche „Frage von allgemeiner Bedeutung“ vorliegt, bestimmt nicht der betroffene Staat nach eigenem Ermessen, sondern wird von den beiden Organen Europäischer Rat und Rat mit absoluter Mehrheit festgestellt, die bejahendenfalls den jeweiligen Staat dazu zwingen, seine an sich unilateral geplanten außenpolitischen Maßnahmen in ihrem Schoß mit den anderen Mitgliedstaaten abzugleichen. Durch die immer mehr zunehmende Globalisierung der internationalen Beziehungen wird die Zahl der Fragen, bei denen es sich nicht um eine „außen- und sicherheitspolitische Frage von allgemeiner Bedeutung“ handelt, naturgemäß immer kleiner, womit sich auch die Marge autonomen außenpolitischen Handelns mehr und mehr verringert. Provokant könnte man in diesem Zusammenhang daher die Frage stellen, wozu denn eigentlich Staaten noch immer relativ groß dimensionierte Außenvertretungen unterhalten, obwohl ihr autonomer Bewegungsspielraum immer enger geworden ist. Als Größenvergleich: In Summe verfügen die diplomatischen Dienste aller 28 EU-Mitgliedstaaten über insgesamt rund 55.000 Diplomaten (!) und damit über mehr als doppelt so viele, wie die USA als weltweit agierende Hegemonialmacht haben, nämlich rund 22.000.[14]
Sollten die EU-Mitgliedstaaten nicht besser ihre diplomatischen Dienste redimensionieren und mit dem EAD enger zusammenzuführen? Auch diese Frage ist viel zu komplex, um an dieser Stelle auch nur ansatzweise gelöst werden zu können. Was aber in aller Kürze gemacht werden kann, ist der Versuch, einen Blick auf den EAD zu werfen, um dabei festzustellen, ob diesbezüglich entsprechende Kooperationsmöglichkeiten bzw. sogar -verpflichtungen für die mitgliedstaatlichen diplomatischen Dienste bestehen.
Der „Europäische Auswärtige Dienst“ (EAD)
Gemäß Art. 27 Abs. 3 EUV stützt sich der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik – dh gegenwärtig Lady Catherine Ashton – bei der Erfüllung seines/ihres Auftrags gemäß Art. 18 Abs. 2 EUV auf einen Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD).[15] Der EAD arbeitet mit den diplomatischen Diensten der Mitgliedstaaten zusammen und umfasst Beamte aus den einschlägigen Abteilungen des Generalsekretariats des Rates und der Kommission sowie abgeordnetes Personal der nationalen diplomatischen Dienste, das nach einer vierjährigen Tätigkeit als Zeitbedienstete im EAD wieder in den diplomatischen Dienst seines jeweiligen Heimatstaates zurückkehrt. Ende 2011 waren 36 österreichische Diplomaten zum EAD detachiert, unter denen sich auch der Leiter der Delegation der EU bei den VN, der Leiter der Delegation der EU in Japan sowie der Vorsitzende der Ratsarbeitsgruppe „Menschenrechte“ befindet.[16]
Die Organisation und Arbeitsweise des EAD als funktional eigenständige Einrichtung wurde durch Beschluss 2010/427/EU des Rates der EU vom 26. Juli 2010[17] festgelegt. Wenn der EAD seine volle Stärke erreicht hat, wird sein Personal gem. Art. 6 Abs. 9 des Beschlusses 2010/427/EU zumindest zu einem Drittel aus Diplomaten aus den 29 Mitgliedstaaten bestehen, was auf eine enge personelle Verschränkung zwischen den diplomatischen Diensten der Mitgliedstaaten und dem EAD hindeutet. Diese gemeinsame diplomatische Arbeit auf europäischer Ebene „soll den Geist der Zusammenarbeit und die Kohärenz des auswärtigen Handelns auf europäischer Ebene verstärken“.[18]
Gem. Art. 3 Abs. 1 des Beschlusses 2010/427/EU unterstützt der EAD die diplomatischen Dienste der Mitgliedstaaten, ebenso wie das gem. Art. 5 Abs. 10 auch die über 140 Delegationen der EU in Drittstaaten und bei IO (Art. 221 AEUV), die in den EAD integriert wurden, tun müssen.[19] Darüber hinaus haben sich gem. Art. 35 Abs. 1 EUV die diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Mitgliedstaaten und die Delegationen der EU in Drittländern und auf internationalen Konferenzen sowie ihre Vertretungen bei IO abzustimmen, um die Durchführung der im Rahmen der GASP gefassten Beschlüsse zu gewährleisten. Daraus geht auch die sachliche Kooperationsverpflichtung zwischen beiden diplomatischen Ebenen anschaulich hervor.
Aufgrund dieser persönlichen und sachlichen Vernetzungen würde sich eine Kolokation und eine damit verbundene Personaleinsparung zwischen zumindest einzelnen kleineren diplomatischen Vertretungen und dem EAD geradezu anbieten. Interessanterweise ist es, bis auf einige wenige durchaus zu vernachlässigende Beispiele, dazu (noch) nicht gekommen. Die Gründe dafür sind vielschichtig und lassen sich nicht allein auf den einfachen Nenner bringen, dass es sich dabei eben um zwei unterschiedliche diplomatische „Kulturen“ mit unterschiedlichem „Korpsgeist“ handelt, die nicht „ineinander aufgehen“ und dabei ihre Identität verlieren wollen.
Fazit
Da von den österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland erwartet wird, alle außenpolitischen, wirtschaftlichen, kulturpolitischen und konsularischen Aufgaben und Herausforderungen entsprechend abzudecken, nimmt das BMEIA, solange es budgetmäßig nur irgendwie geht, von einer Reduktion derselben offensichtlich Abstand. Obwohl Varianten wie „Roving“- oder „Laptop-Ambassadors“, die auch von Wien aus agieren können, zweifellos kostengünstiger wären, erreichen diese weder einen vergleichbaren Zugang zu den Behörden des Empfangsstaates noch können sie ein adäquates Service für Österreicher im Ausland anbieten. Österreich ist in diesem Zusammenhang gut beraten, seinen bisherigen auswärtigen Dienst zwar – ua gemäß den 33 detaillierten Empfehlungen des Rechnungshofes[20] – intern zu verbessern und damit auch schlagkräftiger zu machen, diesen aber, wenn überhaupt, nur maßvoll zu redimensionieren. Österreich benötigt als dauernd neutraler Staat in einer geopolitisch exponierten Lage in Europa – wie die Krise in der Ukraine einmal mehr drastisch belegt – und als Sitzstaat wichtiger IO durchaus ein markantes außenpolitisches Profil, das unter anderem auch von seiner internationalen Präsenz abhängt.
Was aber die Zusammenarbeit mit dem EAD betrifft, so könnte sie eigentlich nicht eng genug ausgestaltet werden, wozu auch die räumliche Nähe durch eine der vielfältigen Möglichkeiten der Kolokation gehören würde. Damit könnte auch eine sinnvolle Redimensionierung der Ressourcenausstattung so mancher auswärtiger Dienste einhergehen, wozu es aber, wie eben festgestellt wurde, in praxi nicht gekommen ist und wohl auch so schnell nicht kommen wird. Dieser bemerkenswerte Umstand kann ua durchaus als ein weiterer „Kollateralschaden“ der gegenwärtig in der EU zu beobachtenden Sinn- und Vertrauenskrise[21] angesehen werden.
[1] Bericht des Rechnungshofs, Reihe Bund 2014/8, vom 20. Mai 2014, S. 24 ff.
[2] Durch die Bundesministeriengesetz-Novelle 2014 (BGBl. I 11/2014) wurde das bisherige BMeiA, das 2007 eingerichtet wurde, in Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (BMEIA) umbenannt (§ 1 Abs. 1 Ziff. 2, § 15).
[3] Bericht des Rechnungshofs (Fußnote 1), S. 24/62.
[4] BMeiA (Hrsg.), Außen- und Europapolitischer Bericht 2011, S. 468.
[5] BMeiA (Hrsg.) (Fußnote 4), S. 299. Dazu kommen noch weltweit rund 280 Honorarkonsulate.
[6] Kroatien trat der EU erst am 1. Juli 2013 bei.
[7] Diese Kulturforen stellen keine nachgeordneten Dienststellen des BMeiA dar, sondern sind in die jeweilige diplomatische Vertretung vor Ort integriert.
[8] Bericht des Rechnungshofs (Fußnote 1), S. 27/62.
[9] Vgl. dazu BMEIA, homepage: Österreichische Präsenz in Brüssel.
[10] Bericht des Rechnungshofs (Fußnote 1), S. 39/62, Empfehlung Nr. 29.
[11] Bericht des Rechnungshofs (Fußnote 1), S. 36/62.
[12] Vgl. dazu die Erklärungen Nr. 13 und 14 zur GASP in der Schlussakte der Regierungskonferenz von Lissabon, ABl. 2012, C 326, S. 345.
[13] Vgl. dazu Hummer, W. Temelín: Das Kernkraftwerk an der Grenze, Zeitschrift für Öffentliches Recht 4/2008, S. 1 ff.
[14] Gräßle, I. Auswärtiger Dienst der EU bedeutet: viele Generäle, wenig Fußvolk, Der Hauptstadtbrief, vom 20. März 2013, S. 35.
[15] Vgl. dazu Bahr-Vollrath, J. Der Europäische Auswärtige Dienst: Chance für Kohärenz, Konvergenz und Kontinuität in der Außenpolitik der EU (2014).
[16] BMeiA (Hrsg.) (Fußnote 4), S. 38.
[17] ABl. 2010, L 201, S. 30 ff.
[18] BMeiA (Hrsg.) (Fußnote 4), S. 37.
[19] Vgl. Hummer, W. Der internationale Status Österreichs seit 1918, in: Reinisch (Hrsg.), Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Bd. I, 5. Aufl. (2013), S. 729 (Rdnr. 2984).
[20] Bericht des Rechnungshofs (Fußnote 1), S. 37/62 bis 40/62.
[21] Vgl. dazu Hummer, W. Die Europäische Union – ein „Sanierungsfall“?, in: Halper/Kammel (Hrsg.), Quergedacht, Werner Fasslabend zum 70. Geburtstag (2014), S. 367 ff., 372 ff..