Vor wenigen Wochen hieß es, dass Angela Merkel noch heuer Geschichte sein sollte. Nun sieht es plötzlich anders aus.
Wie es in Deutschland in den nächsten Monaten weitergehen wird, ist höchst ungewiss. Durchaus denkbar, so politische Beobachter, ist nun plötzlich, dass Angela Merkel bis zum Ende der Legislaturperiode, also bis 2021 Bundeskanzlerin bleiben könnte. Und das verdankt sie vor allem der neuen SPD, aber auch der bisher ganz in Vergessenheit geratenen Tatsache, dass Deutschland in der zweiten Jahreshälfte 2020 EU-Ratsvorsitzender ist. Und es ist ein allen Parteien kaum vorstellbar, dass gerade in diesen Zeitraum Bundestagswahlen stattfinden, die die noch im Amt befindliche Regierung bei der Arbeit lähmen würde. Erst recht, wenn es dann auch noch Regierungsverhandlungen gibt. Dazu kommt, dass gerade in der jetzigen Situation der EU, ein starkes Deutschland notwendig ist. Und bei all ihrer Problematik, wäre Merkel noch immer eine starke Leitfigur für die Verhandlungen in und mit der EU.
Vorerst kein vorzeitiges Ende der GroKo
Mit zu diesen aktuellen Spekulationen führt die Situation in der SPD. An sich ist mit der Urabstimmung und dem Parteitag genau das eingetreten, worüber immer spekuliert wurde. Dass nämlich, wenn Olaf Scholz und seine Mitbewerberin Klara Geywitz dem Duo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans unterliegen, es rasch zu einem Ende der Großen Koalition kommt. Damit aber wäre automatisch auch die Uhr der Kanzlerin abgelaufen. Wenngleich es auf dem Parteitag der CDU der Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer gelang, ihre Kritiker zu beruhigen und eine offene Führungsdebatte hintanzuhalten, so ist die Situation innerhalb der Christdemokraten sehr labil. So sehr Merkel gerne AKK als ihre Nachfolgerin im Kanzleramt sehen möchte ist, so sehr ist dieses Kapitel noch nicht abgehakt.
Auch die neue SPD dümpelt dahin
Derzeit freilich sieht alles auf die erneuerte SPD. Und dort findet, wie etwa die Hauptstadtzeitung „Welt“ es treffend formulierte, nur ein „Geeiere“ um die Zukunft der Groko statt. Plötzlich ist von keinem Ende sondern nur von einem Nachverhandeln die Rede. Man möchte einige linke Positionen im Regierungsprogramm noch unterbringen. Und die CDU lässt sich, nicht zuletzt im Wissen, dass die Weihnachts- und Neujahrsfeiertage vor der Tür stehen und damit das politische Leben ohnedies Pause macht. Die SPD hat zudem mit einem internen Problem zu kämpfen. Ist so doch mit der Tatsache konfrontiert, dass gleich 50 Prozent ihrer Mitglieder kein Interesse an der erstmals durchgeführten Urabstimmung zur Wahl der Parteispitze hatte. Und die „siegreichen“ Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans nur bei einem Viertel der Mitglieder Rückhalt und Zustimmung fanden. Eine brüchige Basis.
EU-Ratspräsidentschaft als Bremse für Neuwahlen
Und nun kommt die deutsche EU-Ratspräsidentschaft von Juli bis Dezember 2020 ins Spiel. Mit Jahresbeginn starten bereits die Vorarbeiten dafür. Ab dem Sommer ist die Bundesregierung voll mit der Durchführung der Verhandlungen und Veranstaltungen engagiert. Und alle sind sich dabei klar, dass auf Berlin eine ganz wichtige Rolle zukommt und man die (deutsche) Kommissionspräsidentin Ursula van der Leyen jetzt erst recht nicht allein lassen darf. Das aber heißt, es bleibt nicht mehr viel Zeit, die GroKo in Frage zu stellen, aufzulösen und in Neuwahlen zu gehen. Deadline wäre gewissermaßen Ostern. Bis dahin ist nur noch eine kurze Zeit. Es müsste daher jetzt zum Rumoren kommen. Nur danach sieht es derzeit gar nicht aus.
Rot-rot-grün würde den Grünen ins Kanzleramt verhelfen
Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass aus den Umfragen derzeit nur eine Beruhigung der Situation bei den Genosse, aber kein Aufwärtstrend zu erkennen ist. Was wiederum nicht unwesentlich damit zusammenhängt, dass die ersten Auftritte und Aussagen quer durch die deutsche Medienlandschaft auf Kritik stießen. Der Start war jedenfalls denkbar schlecht und an dieser schwachen Performance hat sich bis dato nichts geändert. Damit aber stehen die Chancen für eine rot-rot-grüne Koalition unverändert schlecht. Aufgrund der Datenlage, würde die SPD bei Neuwahlen noch dazu hinter die Grünen zurückfallen und diese daher den Kanzlerbonus erhalten. Keine Perspektive. Im Gegensatz dazu ist Schwarz-Grün (vielleicht noch mit der FDP, wenn erforderlich) die einzige realistische Option und ein Ruhekissen für Merkel.