Einmal mehr war es dem österreichischen Datenschutz-Aktivisten Maximilian Schrems vorbehalten, neuerlich Bewegung in die seit über 30 Jahren in der EU diskutierte Frage des „kollektiven Rechtsschutzes“ zu bringen. Schrems brachte ab August 2011 23 Beschwerden gegen das Online-Netzwerk Facebook Ireland Ltd beim Irish Data Protection Commissioner wegen Verstößen gegen Datenschutzbestimmungen ein, bezüglich derer der irische Datenschutzbeauftragte einen Prüfungsbericht – der Empfehlungen an Facebook Ireland Ltd enthielt – und in weiterer Folge auch einen Nachprüfungsbericht erstellte. Zu einer definitiven Endentscheidung kam es dabei aber nicht.
Zwischenzeitlich hatte Schrems im Juni 2013 beim EuGH eine Nichtigkeitsklage gegen Facebook Ireland Ltd im Zusammenhang mit dem US-amerikanischen Überwachungsprogramm PRISM eingebracht, die zur Nichtigerklärung der „Safe Harbor“-Entscheidung der Kommission [1] durch den Gerichtshof Anfang Oktober 2015 führte [2]. Der EuGH stellte in diesem Zusammenhang fest, dass der erlaubte Zugriff von Behörden auf Daten in den USA „den Wesensgehalt des Grundrechts auf Achtung des Privatlebens verletzt“. Gleichzeitig gebe es für Unionsbürger keine Möglichkeit, per Rechtsbehelf die Löschung ihrer Daten zu verlangen. Das wiederum verletzte „den Wesensgehalt des Grundrechts auf wirksamen Rechtsschutz“ [3].
Da die irische Datenschutzbehörde nicht binnen dreier Jahre über die vorstehend erwähnten Beschwerden definitiv entschied, reichte Schrems im August 2014 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien eine Sammelklage gegen Facebook Ireland Ltd ein. Der vom Obersten Gerichtshof (OGH) Mitte September 2016 mit einem Vorabentscheidungsersuchen befasste EuGH verneinte in seinem Urteil von Ende Jänner 2018 zum einen die Zulässigkeit einer Sammelklage, bejahte aber andererseits die Möglichkeit einer individuellen Klage gegen Facebook Ireland Ltd vor einem österreichischen Gericht, die Schrems auch in Kürze beim Landesgericht Wien einbringen will.
Vorgeschichte
Die Problematik der gerichtlichen Durchsetzung kollektiver Rechtsansprüche wird in den Europäischen Gemeinschaften an sich schon seit dem Jahr 1985 diskutiert, wobei die amerikanischen Sammelklagen („class actions“)[4] dafür aber nur vordergründig Modell gestanden haben – zu unterschiedlich sind diesbezüglich die angloamerikanischen und die kontinentaleuropäischen Rechtstraditionen [5]. Erst 20 Jahre später gab die Kommission ein „Grünbuch“[6] und 2008 ein „Weißbuch“ zu Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts [7] heraus. Im selben Jahr veröffentlichte die Kommission auch noch ein „Grünbuch“ über kollektive Rechtsdurchsetzungsverfahren für Verbraucher [8]. Anfang 2011 startete die Kommission eine öffentliche Konsultation unter dem Titel „Kollektiver Rechtsschutz: Hin zu einem kohärenten europäischen Ansatz“ [9], als deren Ergebnis sie Mitte Juni 2013 ein Bündel von Maßnahmen zur erleichterten Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen vorlegte und in einer eigenen Mitteilung mit dem Titel „Auf dem Weg zu einem allgemeinen europäischen Rahmen für den kollektiven Rechtsschutz“[10] die bisher von ihr durchgeführten Maßnahmen sowie die Stellungnahmen der Interessengruppen, die bei ihr im Rahmen der Konsultation eingegangen waren, sowie die des Europäischen Parlaments auflistete. Als Bereiche, in denen eine ergänzende private Verfolgung von durch Unionsrecht garantierten Rechten im Wege des kollektiven Rechtsschutzes sinnvoll wäre, führte die Kommission in diesem Zusammenhang Verbraucherschutz, Wettbewerb, Umweltschutz, Schutz personenbezogener Daten, Finanzdienstleistungen und Anlegerschutz an.
Im Mittelpunkt stand dabei die Empfehlung 2013/396/EU der Kommission über „Gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten“ vom 11. Juni 2013 [11], nach deren genauer Umsetzung alle Mitgliedstaaten über innerstaatliche kollektive Rechtsschutzverfahren verfügen würden, die zwar unionsweit einheitlich gelten, gleichzeitig aber den unterschiedlichen Rechtstraditionen der einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung tragen sollten. Die dabei angesprochenen Kollektivklagen sind Klagen vor einem nationalen Gericht, bei denen entweder mehrere Betroffene gemeinsam klagen (sog. „Sammelklagen“ – laut Empfehlung der Kommission „Gruppenklagen“) oder eine Behörde oder Einrichtung in Vertretung für mehrere Betroffene klagt (sog. „Vertretungsklagen“). Diese Klagen sollen in Form von Schadensersatzklagen dann möglich sein, wenn mehrere Betroffene von demselben rechtswidrigen Verhalten eines Unternehmens geschädigt wurden (sog. „Massenschadensereignis“) und in Form von Unterlassungsklagen, wenn mehrere Betroffene die Einstellung desselben rechtswidrigen Verhaltens eines Unternehmens verlangen können.
Bezeichnenderweise bediente sich die Kommission bei dieser Zusammenstellung der gemeinsamen Grundsätze lediglich einer unverbindlichen „Empfehlung“[12] und nicht der Rechtssatzform einer Richtlinie, und zwar deswegen, um den Mitgliedstaaten die Einführung kollektiver Rechtsschutzverfahren freizustellen und keine Harmonisierung der mitgliedstaatlichen Rechtssysteme zu veranlassen [13]. Die Mitgliedstaaten sollen dabei sicherstellen, dass die Verfahren des kollektiven Rechtsschutzes fair, gerecht, zügig und nicht übermäßig teuer sind (Punkt 2. der Empfehlung).
Die Mitgliedstaaten sollten die in der Empfehlung enthaltenen Grundsätze spätestens am 26. Juli 2015 in ihre innerstaatlichen Systeme des kollektiven Rechtsschutzes integrieren (Punkt 38.) und die von ihnen dazu erhobenen einschlägigen Informationen jährlich der Kommission übermitteln, erstmals spätestens am 26. Juli 2016 (Punkt 40.). In der Folge sollte die Kommission die Umsetzung der Empfehlung auf der Grundlage der praktischen Erfahrungen spätestens zum 26. Juli 2017 bewerten (Punkt 41.).
Lediglich für Schadensersatzklagen nach einzelstaatlichem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der EU legte die Kommission einen Richtlinien-Vorschlag vor [14], der in der Folge aber nicht weiter konkretisiert wurde.
Die „Sammelklage“ von Maximilian Schrems gegen Facebook Ireland Ltd vor österreichischen Gerichten
Mitten in diese heikle Abklärungsphase über die konkrete Ausgestaltung der kollektiven Rechtsdurchsetzungsmechanismen in der EU „platzte“ die Sammelklage von Maximilian Schrems gegen Facebook Ireland Ltd vor österreichischen Gerichten. In concreto handelt es sich dabei um einen Rechtsstreit zwischen Maximilian Schrems, mit Wohnsitz in Österreich, und der Facebook Ireland Ltd, mit Gesellschaftssitz in Irland, über das Begehren auf Feststellung, Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie auf Zahlung eines Betrags in Höhe von 4.000 Euro in Bezug auf die privaten Facebook-Konten von Herrn Schrems [15] und sieben weiterer Personen – mit Wohnsitz in Österreich, Deutschland und Indien – die ihm ihre Ansprüche in Zusammenhang mit diesen Konten abgetreten haben. Im Grunde waren es aber über 25.000 Personen, die auf einer von Schrems eigens dafür eingerichteten Website ihre Ansprüche an ihn abgetreten hatten. Laut Schrems hätte sich Facebook Ireland Ltd in diesem Zusammenhang zahlreicher Verstöße gegen datenschutzrechtliche Regelungen schuldig gemacht, insbesondere gegen das (österreichische) Datenschutzgesetz 2000, den (irischen) Data Protection Act 1988 oder die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr [16].
In der gegenständlichen Rechtssache geht es im Grunde um folgende zwei komplexe Rechtsfragen: zum einen, wer ist eigentlich ein „Verbraucher“, dem ua die Möglichkeit eines besonderen Gerichtsstandes für Verbraucherverträge nach den Art. 15 und 16 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen [17] zur Verfügung steht, und zum anderen, kann sich ein solcher Verbraucher auch für die ihm abgetretenen Ansprüche anderer Verbraucher mit Wohnsitz im gleichen Mitgliedstaat, in anderen Mitgliedstaaten der Union und/oder in Drittstaaten, auf diesen besonderen Gerichtsstand berufen? Mit anderen Worten, kann Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 einen zusätzlichen besonderen Gerichtsstand am Wohnsitz des Zessionars begründen, wodurch de facto die Möglichkeit der Bündelung weltweiter Verbraucheransprüche eröffnet würde?
Das erstinstanzliche österreichische Gericht, das Landesgericht (LG) für Zivilrechtssachen Wien, wies die Klage mit dem Argument zurück, dass Schrems Facebook auch beruflich genutzt habe, sodass er sich nicht auf den Gerichtsstand für Verbraucherverträge stützen könne. Zudem sei der für die Zedenten begründete Verbrauchergerichtsstand nicht auf den Zessionar übertragbar. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien als Rekursgericht änderte diese Entscheidung teilweise ab, da es die Zulässigkeit der Klage hinsichtlich der den Kläger persönlich betreffenden Ansprüche, die in Bezug auf seinen eigenen Verbrauchervertrag geltend gemacht wurden, bejahte, da die Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 15 der Verordnung Nr. 44/2001 ja zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beurteilen waren. Das OLG verwarf jedoch das Rekursvorbringen hinsichtlich der abgetretenen Ansprüche.
Beide Parteien bekämpften die Entscheidung mit Revisionsrekurs vor dem OGH, der das Verfahren aussetzte und dem EuGH am 19. September 2016 gem. Art. 267 AEUV zwei Fragen zur Auslegung von Art. 15 und 16 der Verordnung Nr. 44/2001 zur Vorabentscheidung vorlegte. In diesem Zusammenhang ist aber zu beachten, dass die Verordnung Nr. 44/2001 zwar durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 [18] aufgehoben wurde, letztere gem. ihrem Art. 66 Abs. 1 jedoch nur auf Verfahren anzuwenden ist, die am 10. Januar 2015 oder danach eingeleitet worden sind.
Der Kläger, Facebook Ireland Ltd, die österreichische, die deutsche und die portugiesische Regierung sowie die Europäische Kommission reichten dazu schriftliche Erklärungen ein und nahmen – allerdings ohne die deutsche und portugiesische Regierung – auch an der mündlichen Verhandlung am 19. Juli 2017 teil.
Das Vorabentscheidungsurteil des EuGH vom 25. Jänner 2018
Was die erste Vorlagefrage in der Rechtssache C-498/16, Maximilian Schrems/Facebook Ireland Ltd [19] betrifft, so möchte der OGH wissen, ob Art. 15 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass ein Nutzer eines privaten Facebook-Kontos die Verbrauchereigenschaft iSd Artikels nicht verliert, obwohl er Bücher publiziert, Vorträge hält, Websites betreibt, Spenden sammelt und sich die Ansprüche zahlreicher Verbraucher abtreten lässt, um sie gerichtlich geltend zu machen. Der EuGH bejahte diese Frage mit folgender Begründung: „Da der Verbraucherbegriff in Abgrenzung zum Unternehmerbegriff definiert wird und von den Kenntnissen und Informationen, über die die betreffende Person tatsächlich verfügt, unabhängig ist, nehmen ihr weder die Expertise, die diese Person im Bereich der genannten Dienste erwerben kann, noch ihr Engagement bei der Vertretung der Rechte und Interessen der Nutzer solcher Dienste die Verbrauchereigenschaft iSd Art. 15 der Verordnung Nr. 44/2001“.
Mit seiner zweiten Vorlagefrage möchte der OGH wissen, ob Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass er keine Anwendung auf die Klage eines Verbrauchers findet, mit der dieser am Klägergerichtsstand nicht nur seine eigenen Ansprüche geltend macht, sondern auch solche, die von anderen Verbrauchern mit Wohnsitz im gleichen Mitgliedstaat, in anderen Mitgliedstaaten oder in Drittstaaten abgetreten wurden. Der EuGH bejaht auch diese Frage, und zwar mit der Begründung, „dass der Verbrauchergerichtsstand einem Kläger, der selbst nicht an dem betreffenden Verbrauchervertrag beteiligt ist, nicht zugutekommen kann (…). Diese Erwägungen müssen auch für einen Verbraucher gelten, dem Ansprüche anderer Verbraucher abgetreten wurden (…). Eine Forderungsabtretung kann nämlich für sich allein keinen Einfluss auf die Bestimmung des zuständigen Gerichts haben“.
Mit seinem Urteil vom 25. Januar 2018 wird der EuGH – und zwar in voller Übereinstimmung mit den Schlussanträgen des Generalanwalts Michal Bobek vom 14. November 2017 [20] – damit zwar einer der Forderungen von Maximilian Schrems gerecht, verwirft aber die andere. So bejaht er zum einen dessen Verbrauchereigenschaft, da diese nicht von seinen Kenntnissen als Jurist und ausgewiesener Experte in Sachen Datenschutz abhänge. Schrems habe den Vertrag mit Facebook Ireland Ltd im Wesentlichen für nicht berufliche Nutzung abgeschlossen, gilt daher weiterhin als Verbraucher und kann das irische Online-Netzwerk auch vor österreichischen Gerichten klagen. Zum anderen verneinte der EuGH aber die Zulässigkeit der Geltendmachung abgetretener gleichgerichteter Ansprüche anderer Verbraucher und verwarf damit die Möglichkeit einer Sammelklage gegen Facebook Ireland Ltd. Der Generalanwalt wies in seinen Schlussanträgen noch auf folgende negativen Konsequenzen von Sammelklagen hin: Diese würden es insbesondere ermöglichen, Klagen an einem Gerichtsstand zu konzentrieren oder für Sammelklagen den günstigeren Gerichtsstand zu wählen, indem alle Ansprüche an einen Verbraucher mit Wohnsitz an diesem Gerichtsstand abgetreten würden. Dies könnte eine schrankenlose gezielte Abtretung an Verbraucher an einem beliebigen Gerichtsstand mit günstigerer Rechtsprechung, geringeren Kosten oder großzügigerer Prozesskostenhilfe zur Folge haben, was ua zur Überlastung einiger Gerichte führen könnte [21].Diese und ähnliche negative Konsequenzen von Sammelklagen, vor allem aus der Sicht des Anwaltsstandes, sind ja aus der „class action“-Problematik in den USA sattsam bekannt [22].
Fazit
Maximilian Schrems sieht in diesem Urteil des EuGH einen wichtigen Erfolg gegen die jahrelangen Blockadeversuche von Facebook Ireland Ltd, wenngleich er die „sehr enge EuGH-Definition“ des Verbraucher-Begriffs, die eine Sammelklage verhindert, bedauert. Da Facebook um jeden Preis vermeiden wollte, dass sein Geschäftsmodell mit europäischem Verbraucher- und Datenschutzrecht in Kontakt komme, sei „das Urteil für Facebook toxisch“[23]. Der Abgeordnete zum Europäischen Parlament, Josef Weidenholzer, sprach in diesem Zusammenhang von einer vergebenen Chance durch den EuGH, einen besseren Rechtsschutz zu erhalten. „Europaweite Sammelklagen wären ein wichtiges Instrument, um besseren Datenschutz für alle Europäer durchzusetzen“ [24]. Auch die Arbeiterkammer und der Verein für Konsumenteninformation (VKI) teilten diese Meinung und sprachen sich für eine Neuregelung aus [25].
Einen Tag nach der Verkündung des Urteils veröffentlichte die Kommission einen Bericht über die Implementierung der vorstehend zitierten Empfehlung 2013/396/EU der Kommission vom 11. Juni 2013 über gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren [26] in den einzelnen Mitgliedstaaten, in dem sie feststellt, dass kollektive Rechtsschutzmechanismen sowie Schutzmaßnahmen gegen den potentiellen Missbrauch solcher Mechanismen EU-weit noch immer nicht einheitlich umgesetzt werden. Die für Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung zuständige Kommissarin Věra Jourová erklärte in diesem Zusammenhang Folgendes: „Jüngste Fälle wie der Volkswagen-Skandal veranschaulichen die Herausforderungen in Situationen, in denen Millionen von Verbrauchern in der gesamten EU den gleichen Schaden erlitten haben. Wir haben bereits starke Verbraucherschutzregeln in der EU, aber wir müssen sicherstellen, dass sie auch respektiert und angewandt werden. Wir werden das bei unserer Neugestaltung der Rahmenbedingungen für die Verbraucher („New Deal for Consumers“) im Frühjahr angehen“[27]. Die Ergebnisse des Berichts werden in den für April 2018 zu erwartenden Kommissionsvorschlag zur Neugestaltung der Rahmenbedingungen für Verbraucher einfließen, der die Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung für Verbraucher stärken soll. Weiteren Aufschluss gibt in diesem Zusammenhang auch eine unter der Leitung des Max Planck-Institut Luxemburg im Juni 2017 erstellte einschlägige Studie [28].
Maximilian Schrems wird aber nicht nur eine neuerliche Klage gegen Facebook Ireland Ltd vor dem Landesgericht Wien erheben, sondern auch seine Datenschutz-NGO „noyb“ („none of your business“) – Europäisches Zentrum für Datenschutz“ weiter ausbauen. In den beiden Monaten Dezember 2017 und Jänner 2018 ist es ihm gelungen, via Crowdfunding über 300.000 Euro zu lukrieren. Etwa 2.500 Privatpersonen [29] sowie zahlreiche Institutionen haben sich an dieser Kampagne beteiligt. Damit kann „noyb“ am 25. Mai 2018 – dem Inkrafttreten der neuen EU-Datenschutz-Grundverordnung [39] – operational starten und gegen IT-Giganten und Online-Netze vorgehen, die sich durch Verletzung des Datenschutzes Wettbewerbsvorteile verschaffen.
[1] Entscheidung 2000/520/EG der Kommission vom 26. Juli 2000 (ABl. 2000, L 215, S. 7 ff.); vgl. dazu Hummer, W. Die „SWIFT-Affaire“ – US-Terrorismusbekämpfung versus Datenschutz, AVR 3/2011, S. 203 ff. [2] EuGH, Rs. C-362/14, Schrems, Urteil vom 6. Oktober 2015 (ECLI:EU:C:2015:650); vgl. Gerichtshof, Pressemitteilung Nr. 117/15. [3] Vgl. Holland, M. Datenschutz bei Facebook & Co.: EuGH erklärt
Safe Harbor für ungültig, heise online, vom 6. Oktober 2015; https://www.heise.de/newsticker/meldung/Datenschutz-bei-Fafcebook-Co-EuGH-erkla… (letzter Zugriff: 2. Februar 2018). [4] Federal Rules of Civil Procedure, Title 28 United States Code Appendix Rule 23. [5] Hummer, W. „Kollektiver Rechtsschutz“ in der EU versus „class actions“ nach US-amerikanischem Vorbild, EU-Infothek, vom 22. Oktober 2013. [6] KOM(2005) 672 endg.; zur Funktion von „Farbbüchern“ („Grün“- und „Weißbücher“) siehe Hummer, W. Die Bunt- oder Farbbücher der EU, Wiener Zeitung, vom 24. Mai 2006, S. 11. [7] KOM(2008) 165 endg. [8] KOM(2008) 794 endg. [9} SEK(2011) 173 endg. [10] COM(2013) 401 final. [11] ABl. 2013, L 201, S. 60 ff. [12] Gem. Art. 292 Satz 4 iVm Art. 288 Abs. 5 AEUV [13] Vgl. Steiner, A.-Z. Kollektive Rechtsdurchsetzungsmechanismen in der EU. Die Kommission empfiehlt den Mitgliedstaaten, kollektive Rechtsschutzverfahren zu statuieren, um effektiven Zugang zum Recht zu gewährleisten, ÖJZ Heft 23-24/2013, S. 1058 ff. [14] KOM(2013) 404 endg. [15] Schrems verwendet Facebook seit 2008, wobei er es zunächst ausschließlich zu privaten Zwecken unter falschem Namen nutzte. Seit 2010 verwendet er ein Facebook-Konto unter seinem Namen – in kyrillischen Buchstaben geschrieben – zu seinen privaten Aktivitäten. Er hat ca. 250 „Facebook-Freunde“. Darüber hinaus hat er 2011 eine Facebook-Seite eröffnet, um (1) die Internetnutzer über sein Vorgehen gegen Facebook, seine Vorträge, seine Teilnahme an Diskussionen und seine Medienauftritte zu informieren, (2) zu Spenden aufzurufen und (3) für seine Bücher zu werben; Gerichtshof, Pressemitteilung Nr. 119/17, vom 14. November 2017 und Gerichtshof, Pressemitteilung Nr. 7/18, vom 25. Januar 2018. [16] ABl. 1995, L 281, S. 31 ff.; vgl. dazu die Bemerkungen in Fn. 30. [17] ABl. 2001, L 12, S. 1 ff. [18] ABl. 2012, L 351, S. 1 ff. [19] ECLI:EU:C:2018:37. [20] ECLI:EU:C:2017:863, vgl. dazu die Pressemitteilung des Gerichtshofs Nr. 119/17 vom 14. November 2017. [21] Schlussanträge (Fn. 20), Punkt 105. [22] Hummer, „Kollektiver Rechtsschutz“ (Fn. 5), op. cit. [23] Vgl. Dax, P. „Für Facebook ist das toxisch“, Kurier, vom 26. Jänner 2018, S. 23. [24] Vgl. EuGH lehnt Sammelklage von Salzburger Datenschutzaktivisten Max Schrems ab, salzburg24.at, vom 25. Januar 2018; //www.salzburg24.at/eugh-lehnt-sammelklage-von-salzburger-datenschutzaktivist… (letzter Zugriff: 2. Februar 2018). [25] Vgl. Nur im eigenen Namen, Wiener Zeitung, vom 26. Jänner 2018, S. 7. [26] COM(2018) 40 final. [27] Europäische Kommission/Vertretung in Deutschland, Bericht über kollektive Rechtsschutzverfahren in den Mitgliedstaaten, vom 26. Januar 2018; https://ec.europa.eu/germany/news/20180126-bericht-%C3%BCber-kollektive-rechtss… (letzter Zugriff: 2. Februar 2018); vgl. Datenschützer Max Schrems: „Jetzt hat Facebook Probleme“, Nachrichten.at; //www.nachrichten.at/nachrichten/web/Datenschuetzer-Max-Schrems-Jetzt-hat-F… (letzter Zugriff: 2. Februar 2018). [28] „An evaluation study of national procedural laws and practices in terms of their impact on the free circulation of judgments and on the equivalence and effectiveness of the procedural protection of consumers under EU consumer law“, Report prepared by a Consortium of European universities led by the MPI Luxembourg for Procedural Law as commissioned by the European Commission (JUST/2014/RCON/PR/CIVI/0082), Strand 2 Procedural Protection of Consumers, vom Juni 2017). [29] Darunter 1.150 Personen aus Deutschland, 860 aus Österreich und 65 aus der Schweiz; Datenschutz-NGO „noyb“ von Max Schrems ist gesichert, kurier.at, vom 1. Februar 2018; https://kurier.at/wirtschaft/datenschutz-ngo-noyb-von-max-schrems-ist-gesichert/309… (letzter Zugriff: 2. Februar 2018). [30] Gem. Art. 99 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. 2016, L 119, S. 1 ff.) gilt diese ab dem 25. Mai 2018.