Österreichs Außenminister hat offenbar ein weiteres neues Betätigungsfeld im Visier. Er sucht, frei nach Shakespeare, eine Art der „Widerspenstigen Zähmung“, also eine Kooperation mit jenen Staaten, die nicht nur nach der Pfeife Brüssels tanzen wollen. Erreicht werden soll dadurch eine allgemeine Klimaverbesserung, aber auch eine gewisse Schlüsselrolle für Österreich.
Verstärkte regionale Spaltung Europas
Die EU ist nicht nur in vielen politischen Fragen uneinig, auch ihre regionale Spaltung hat sich in letzter Zeit verstärkt. Aufmerksam wurde man nicht zuletzt durch das gemeinsame Auftreten der Visegrad-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn. Gerade weil die Achse Deutschland-Frankreich so dominant ist, kristallisieren sich zunehmend auch andere Zusammengehörigkeiten heraus. Das betrifft insbesondere die südlichen Länder von Portugal über Spanien und Italien bis hin nach Griechenland. Auch die Benelux-Staaten agieren im Gleichschritt, detto die skandinavischen Länder Dänemark, Schweden und Finnland. Schulter an Schulter agieren auch die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen.
Österreichs Problem ist, dass es zwar im Herzen Europas liegt, sehr oft den Gleichschritt mit Deutschland sucht, aber nicht wirklich in ein Bündnis eingebunden ist. Als noch Helmut Kohl Deutschland führte war die Absprache mit den so genannten Kleinen eine Selbstverständlichkeit. Das hat sich mittlerweile sehr geändert, daher sucht man auch gewisse Gegengewichte aufzubauen.
Außenminister Sebastian Kurz hat sich daher vor allem der intensiven Kontaktpflege mit den südosteuropäischen Staaten verschrieben, wobei auch das erst im Aufnahmeverfahren begriffene Serbien stark eingebunden wird. So fand am Montag dieser Woche im Vorfeld der UNO-Flüchtlingskonferenz in New York am Generalkonsulat ein Folgemeeting der so genannten West-Balkan-Konferenz statt.
Kooperation am EU-Ostflügel zeichnet sich ab
Mehr noch, Kurz bemüht sich offenkundig auch um die Visegrad-Staaten, die in einer Art Außenseiterrolle geraten sind. Ein Beitritt zu diesem Bündnis steht, wie dies FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer ventiliert, absolut nicht zur Debatte Der Außenminister ist aber dabei, wie Diplomaten bestätigen, eine Art Brückenbauerrolle zu übernahmen. Daraus könnte nun insgesamt ein durchaus interessanter EU-Ostflügel entstehen, der von Warschau bis hinunter nach Bukarest und Sofia reicht.
Schwarzenberg verlangt von EU „neue Gesprächskultur“
Dazu passt eine Stellungnahme des angesehenen tschechischen Polit-Doyens Kare Schwarzenberg, der schwere Kritik an den Rüffeln der EU-Spitze gegenüber der Visegrad-Gruppe (Kurzbezeichnung V4) übt: „So geht man mit uns nicht um. Man kann nicht einfach etwas, wie ein Fix-Kontingent an Flüchtlingen aufzunehmen, verordnen. Mit Gewalt etwas durchsetzen zu wollen und keine Widerrede zu dulden, ist kein vertretbarer Stil. Das ist auch gegen den Geist des Lissabon Vertrags“. Für Schwarzenberg gibt es aus der derzeitigen Lage nur einen Ausweg: „Wir brauchen eine neue Gesprächskultur.“
Diese Ansicht teilt auch Kurz, der in jüngerer Zeit sehr bewusst betont, damit dies auch in Brüssel registriert wird, mit den V4-Kollegen immer das Gemeinsame, wie etwa den gemeinsamen Schutz der Außengrenzen betont. So erst vor kurzem beim letzten Treffen mit dem tschechischen Außenminister in Trebic, Lubomír Zaorálek, wie es dazu aus seinem Büro heißt.
Karel Fürst Schwarzenberg bei der Laudatio zur Verleihung des Adalbert-Preises an in Bratislava, 2015. |