Die Briten geben nicht klein bei. Sie wollen Luxemburgs Ex-Regierungschef Juncker nicht als EU-Kommissionspräsidenten. Kanzlerin Merkel versucht vorsichtig zu vermitteln.
[[image1]]Berlin (dpa) – Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will die Kandidatur von Jean-Claude Juncker um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten unterstützen – trotz anhaltenden britischen Widerstands. Merkel sicherte dem konservativen Spitzenkandidaten bei der Europawahl am Mittwoch in einer Regierungserklärung im Bundestag ihre Unterstützung und die der gesamten Bundesregierung zu. Sie setze sich in den Gesprächen mit ihren europäischen Kollegen für die Wahl Junckers «mit der notwendigen qualifizierten Mehrheit» ein.
Juncker selbst zeigte sich via Kurznachrichtendienst Twitter trotz des Widerstandes aus London zuversichtlich: «Ich bin überzeugter denn je, dass ich der nächste Präsident der Europäischen Kommission sein werde.» Ungeachtet der von Juncker verbreiteten Zuversicht hält Großbritannien an seiner Kritik an dem Luxemburger fest.
Die Position Londons habe sich nicht verändert, sagte ein Sprecher der Downing Street am Mittwoch. Cameron hatte beim EU-Gipfel am vergangenen Dienstag einem Bericht des «Spiegel» zufolge mit dem Austritt seines Landes gedroht, sollte Juncker Kommissionspräsident werden. Juncker sei «ein Gesicht der 1980er Jahre».
«Wahrlich kein bequemer Partner»
Merkel machte im Bundestag deutlich, dass sie derartige Vorbehalte gegen Juncker nicht teile. Großbritannien sei «wahrlich kein bequemer Partner», sagte sie. Aber: «Ich halte es für grob fahrlässig, ja eigentlich für inakzeptabel, mit welcher Lockerheit manche darüber sprechen, dass es doch eigentlich gleichgültig sei, ob Großbritannien nun zustimme oder nicht; mehr noch, ob Großbritannien Mitglied bleibe oder nicht – nach dem Motto: Reisende soll man nicht aufhalten.»
Der neue Fraktionschef der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, stellte sich hinter Juncker. Der CSU-Politiker sagte in Brüssel: «Mein Ziel ist es, im Juli über den neuen Kommissionspräsidenten abzustimmen, und der Name sollte und wird Jean-Claude Juncker sein.» Mit Blick auf die Europawahl Ende Mai fügte er hinzu: «Wir haben den Menschen in Europa versprochen, dass sie über die Zukunft Europas entscheiden.»
Auch der SPD-Europapolitiker Martin Schulz forderte die Gegner des konservativen Spitzenkandidaten zum Einlenken auf. «Das ist nicht die Zeit für Parteipolitik. Der Wahlkampf ist beendet», -sagte der amtierende Präsident des Europäischen Parlaments «Spiegel Online» (Mittwoch). Nach seiner Auffassung ist Juncker der Favorit für den Posten des Kommissionspräsidenten. «Viele Sozialdemokraten, Konservative und andere sind bereit, einer neuen EU-Kommission unter Führung -von Jean-Claude Juncker das Vertrauen auszusprechen.»
Die Grünen warfen Merkel im Bundestag vor, sich nicht entschlossen genug für die Wahl von Juncker einzusetzen. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt rief Merkel auf, mit der «Hinterzimmerpolitik» Schluss zu machen. Merkel provoziere mit ihrem Lavieren eine «Schwächung der Europäischen Union». Sie forderte die Kanzlerin auf, sich endlich zu den Mehrheiten nach der Europawahl von Ende Mai zu bekennen.