Donnerstag, 21. November 2024
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Milliardenvertrag der OMV mit Russlands „Gazprom“: Fluch oder Segen? Auch die Vertreter der Republik Österreich im Aufsichtsrat der OMV haben diesen Langzeitvertrag unterschrieben

OMV-Hauptsitz in 1020 Wien, Bild © Daniel Zanetti, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons (Ausschnitt) / ÖBAG, Bild © Public domain, via Wikimedia Commons / Gazprom-Hauptsitz in St. Petersburg, Bild © Ad Meskens, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons (Ausschnitt)
Die Langzeit-Gaslieferverträge

Im Jahr 2018 wurden zwischen der OMV AG und Gazprom neue langfristige Gaslieferverträge abgeschlossen.

Gaspipelines von Russland nach Europa, Bild © Samuel Bailey, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons (Ausschnitt)

Die Begründung klingt logisch: Versorgungssicherheit, also die Sicherstellung von zuvor rund 56% und nunmehr rund 80% der Gasversorgung des Landes.

Mit gleichzeitigem vollen Risiko der fast totalen Abhängigkeit von EINEM mächtigen Großlieferanten. Dazu muss angemerkt werden: Die Russen galten europaweit als verlässliche Geschäftspartner.

Ebenso Einfluss auf diese nunmehr als gefährlich eingestufte Verbindung hatte die erfolgreiche Tradition, stehen die OMV AG und Gazprom doch seit mehr als 50 Jahren in einer durchgehenden Geschäftsbeziehung.

Was immer hochgelobt war, auch von Spitzen der österreichischen Politik, der Gesellschaft und den Medien, schafft nun große Probleme.

Die Fakten: nicht nur vor vier Jahren, im Jahre 2018, auch aktuell – in der Zeit der Sanktionen gegen Russland – war und ist günstigeres Erdgas nicht zu erlangen.

Erdgas ist in Mitteleuropa und ebenso in den meisten Teilen Westeuropas auch nicht durch weitaus teureres Flüssiggas (LNG) zu ersetzen, weil das in absehbarer Zeit logistisch nicht machbar ist. Es gibt nicht genug geeignete Transportschiffe mit der erforderlichen technischen Ausrüstung und auch nicht genug Häfen mit Terminals für den Umschlag von Flüssiggas.

Und, für die Republik Österreich entscheidend: die OMV – und damit indirekt und in letzter Konsequenz auch die Republik Österreich – müssen an den bestehenden Gaslieferverträgen mit Gazprom zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit in Österreich und anderen Teilen Europas jedenfalls festhalten, so auch der OMV-Aufsichtsratsvorsitzende Mark Garrett.

WER ist für diesen Langzeit-Liefervertrag verantwortlich?

Auf Vorstandsebene haben neben Vorstandsvorsitzendem Rainer Seele auch das frühere Vorstandsmitglied Manfred Leitner gemeinsam mit Michael Peisser, damals Senior Vice President – OMV Supply Marketing & Trading, die Vertragsverhandlungen mit der Gazprom geführt.

Die OMV AG hat als Aktiengesellschaft zwingend ein Kontrollorgan, den Aufsichtsrat. 31,5% der Aktien der OMV AG sind über die ÖBAG (Österreichische Beteiligungs AG) im Eigentum der Republik Österreich, die auf Basis des zwischen ihr und dem anderen Kernaktionär, der im Umfang von 24,9% beteiligten MPPH (Mubadala Petroleum and Petrochemicals Holding Company L.L.C, Abu Dhabi) bestehenden Stimmbindungsvertrages (Syndikatsvertrages) auch die Besetzung des Aufsichtsrats fix mitbestimmt (bzw. dessen zehn Kapitalvertreter; auf Grund der gesetzlichen Arbeitnehmermitbestimmung und der festgesetzten Drittelparität hat der Aufsichtsrat auch fünf vom OMV-Betriebsrat entsendete Mitglieder).

Die statutenmäßige Zustimmung des Aufsichtsrats zu den Gaslieferverträgen ist erfolgt. Damit haben auch der Republik Österreich zurechenbare Vertreter die Mitverantwortung für diese Gaslieferverträge.

Der Inhalt dieser Gaslieferverträge gilt als üblich, auch die vereinbarte Vertragsdauer bis 2040.

Und da gibt es noch dieses Urteil eines Schiedsgerichts, wonach die Verpflichtung zur Zahlung eines bezugsunabhängigen Mindestentgelts wirksam ist.

Jemand aus dem Kreis der ÖBAG erläutert das so:

„Take or Pay – Klauseln und Laufzeiten von 20 bis 25 Jahren sind Standard für solche Vereinbarungen. Der Grund ist, dass nur solche Vereinbarungen von Banken und anderen Investoren als Sicherstellung für langfristige Kredite akzeptiert werden, die beispielsweise für Investitionen in Absicherung der Produktion oder den Bau und Erhaltung von Pipelines erforderlich sind. So verlangt z.B. Katar in den Verhandlungen mit Deutschland wegen LNG Lieferungen eine Vertragslaufzeit bis 2042.“

Österreichs Politik, die Bevölkerung, aber auch die Medien, müssen den schwierigen Spagat zwischen europäischer Einigkeit, Moral, Verantwortung und Realität der Versorgungssicherheit unserer Haushalte, der Industrie und der gesamten Wirtschaft, unserem Lebensstrang, schaffen. Echte Sorge über diese langfristige Verpflichtung der OMV und somit auch indirekt der Republik Österreich – zumindest aus rein finanzieller Sicht und nicht moralisch oder politisch gesehen – braucht sich niemand zu machen. Sowohl OMV als auch Gazprom verfügen über ein international erfahrenes, exzellentes Manager-Team. Diese sind – oft in krassem Gegensatz zu manchen kurzsichtigen Politikern – versiert und erfahren, sich den jeweiligen wirtschaftlichen und auch politischen Bedingungen anzupassen. Wer heute meint, zu wissen, was in nur drei oder fünf Jahren wirklich „Sache“ ist, ist entweder ein Fantast, Dummkopf oder Scharlatan.

Vielleicht muss in einigen Jahren der Liefervertrag betreffend Gas zwischen OMV und Gazprom in einen mit seltenen Rohstoffen umgewandelt werden. Wie wir wissen, hat Russland mehr als reichlich Rohstoffe, Edelmetalle etc., die wir in Europas Industrie und Wirtschaft dringend benötigen.

Der Geschäftspartner „Gazprom“ ist in Russland nicht „irgendwer“ und kann zu gegebener Zeit wieder ein „nützlicher“ Lieferant sein.

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