Mittwoch, 6. November 2024
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Minister-Scan: Schelling TOP, Varoufakis FLOP

Die beiden sind Newcomer in politischen Spitzenpositionen und waren als Quereinsteiger die große Hoffnung ihrer Partei, sie haben äußerst heikle Missionen zu erledigen und sorgen dabei unentwegt für breite Aufregung. Das ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den Hans Jörg Schelling und Yanis Varoufakis zu bringen sind.

Ansonsten wirken die beiden Finanzminister so unterschiedlich wie Tag und Nacht: Der gebürtige Vorarlberger mit konservativem Background signalisiert schon mit seiner Riesenstatur Dynamik, Zielstrebigkeit und Entschlossenheit – sein vergleichsweise klein geratener Kollege aus Griechenland hingegen strahlt im Dienste der ultralinken Protestpartei Syriza eine lässige Schlitzohrigkeit gepaart mit wuchtiger Überheblichkeit aus.

Der eine, ein Mann der Praxis, hat eine erfolgreiche Karriere im Möbelhandel (Leiner/Kika und XXXLutz) hinter sich, war zehn Jahre lang Vizepräsident der Wirtschaftskammer Österreich und fungierte zuletzt auch als sozialpartnerschaftlicher Topfunktionär im Hauptverband der Sozialversicherungsträger. Dem anderen, einem begnadeten Theoretiker, gelang der Salto Mortale vom Professor für Wirtschaftswissenschaften zum griechischen Finanzminister – und seit seinem Amtsantritt am 27. Jänner ließ er zwischen Athen, Brüssel und Berlin kein Fettnäpfchen mehr aus. Der Grieche ist dabei EU-weit zum öffentlichen Ärgernis avanciert.

Während der Macher Schelling immerhin auf die pünktlich fertig gewordene Tarifreform und den beinharten Kurswechsel im Fall Heta/Hypo verweisen kann, nervte der wie eine Politiker-Parodie auftretende Varoufakis mit seinem professoralen Geschwafel ohne Tiefgang unentwegt alle anderen EU-Finanzminister, sowie die Repräsentanten der von ihm so verhassten Troika. Im Gegensatz zum rot-weiß-roten Kollegen, der in sieben Monaten zum Muster-Minister der rot/schwarzen Koalitionsregierung aufstieg, ist der 54-jährige Polit-Amateur, der Griechenland vor dem Absturz retten sollte, am internationalen Polit-Parkett selbst abgestürzt.

„Monumental idiotisch“

Allerspätestens seit der Homestory in „Paris Match“, mit der er sich als snobistischer Schicki-Micki geoutet hat, gilt „Mister Stinkefinger“ für den griechischen Premier Alexis Tsipras als untragbarer Belastungs- und Risikofaktor. Selbst in der eigenen Partei ist er zum Fremdkörper geworden. Der Syriza-Chef wird keine andere Wahl haben, als den ungeliebten, unberechenbaren und obendrein noch unsympathischen Minister weitgehend zurückpfeifen, wenn nicht gar aus dem Kabinett zu werfen, und im Hinblick auf die Tatsache, dass das Land in wenigen Wochen bankrott sein könnte, selber die nötigen Canossagänge zu den potenziellen Hellas-Rettern absolvieren – den Besuch bei Angela Merkel hat er ja schon überstanden.

Varoufakis, der mit markigen Sprüchen und einer beträchtlichen Ignoranz unentwegt seine politische Inkompetenz unter Beweis gestellt hat, ließ bislang jegliches Fingerspitzengefühl vermissen: Mit seinen vielen Büchern mag der – wie er sich selbst bezeichnet – „unorthodoxe Marxist“ in der universitären Welt ja noch positives Aufsehen erregt haben – in EU-Kreisen kommen seine Ideen indes gar nicht gut an bzw. werden seine forschen Sager nur ungern gehört. Eine kleine Kostprobe dazu aus einem „profil“-Interview: „Der Euro ist nicht zukunftsfähig. Die Art und Weise, wie die EU diese Krise anging, war monumental idiotisch. Die Europäische Zentralbank  hat die Situation nicht unter Kontrolle (…). Wenn wir Europas Probleme weiterhin so behandeln wie bisher, dann wird es in ein paar Jahren keinen Euro mehr geben.“ Derartige Äußerungen eines Mannes, der von der Hilfe der Unions-Politiker abhängig ist, fallen in die Kategorie politischer Dilettantismus – und im konkreten Fall schaden sie den Griechen enorm.

Was Wunder also, dass auch Hans Jörg Schelling sein griechisches Pendant offensichtlich nicht besonders mag: Die überlieferten Fotos der beiden nähren nämlich die Vermutung, dass der toughe Österreicher dem starren Griechen am liebsten gleich einen Tritt in den Hintern verpassen würde. Der rot-weiß-rote Finanzminister ist in der Tat aus ganz anderem Holz geschnitzt: Auch wenn er vor dem Ministeramt bloß vier Jahre lang Stadtrat von St. Pölten war und lediglich 21 Monate als VP-Abgeordneter im Hohen Haus verbringen durfte, tritt Schelling stets professionell auf – ohne jeden Ausrutscher und ohne die kleinste Blamage. Nach Leichtgewichten wie Maria Fekter und Michael Spindelegger konnte er sich im Finanzministerium rasch als starker Mann profilieren. Er hat dort beispielsweise das heiße Eisen Milliardengrab Hypo, an dem sich seine Vorgänger bloß die Finger verbrannt haben, mutig angepackt.  Er wurde zum Regisseur der längst fälligen Steuerreform, die ihm freilich nicht unbedingt ungeteilte Begeisterung, sondern auch frustrierte Reaktionen einbrachte. Schließlich fungiert Schelling – Stichworte: Pensionen, Bildung, Verwaltung … – als Reformmotor der gesamten Regierung.

Wie toll sich der Hobbywinzer – er betreibt seit 2009 das Stiftsweingut Herzogenburg – schlussendlich als Finanzminister machen wird, steht erst in ein paar Jahren fest. Es bleibt abzuwarten, wie groß etwa das von ihm gerne angesprochene „Restrisiko“ in der Causa Heta zu Buche schlagen wird; ob die bloß in groben Zügen vorgestellte Gegenfinanzierung der Steuerreform halbwegs klappen wird oder ob sich der Bund weiter verschulden wird müssen; ob sein Reformdrang tatsächlich etwas bewirkt oder ob es lediglich bei schönen Worten bleiben wird.
 

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