Trotz Erfolgsmeldungen hat sich in Hellas seit 2007 nichts zum Besseren gewendet. Das Land ist korrupter denn je. Es produziert fast nichts mehr selber, sein Beamtenheer lähmt alles und es droht eine „Generation No Future“. Wie „Plan A“ gelingt.
In der FAZ beschrieben Griechenland-Auswanderer unlängst ihre fünfjährige Odyssee, die sie der Bau eines Haus dort gekostet hatte [1]. Vom geschäftigen Immobilien-Makler, der hauptberuflich im Kraftwerk beschäftigt ist – dort aber nicht zu fehlen scheint. Vom Fehlen eines Grundbuches, das durch die Schwüre fremder Zeugen vor dem Richter kompensiert wird. Vom halben Jahr, das Forstbeamte für eine Bestätigung brauchten, dass es sich beim Bauplatz um „keinen Wald“ handele.
Die Archäologin ist wochenlang (und ohne Grund) nicht zu erreichen. An Baupläne hält sich ohnedies keiner, und ohne Schmier- und Schwarzgeld kommt kein Material und hört kein Anwalt zu. Und nichts von alledem, was verbaut wird – außer Ziegel und Zement – kommt aus dem Land.
Behördenstaat ohne Zukunft
Das kleine Griechenland leistet sich ein Beamtenheer von sage und schreibe 768.000 Menschen [2], das ist jeder fünfte Bedienstete (20,7%) [3]. Und das bei einer von 4,6 Millionen (2008) auf 3,7 Millionen (2016) geschrumpften Gesamtbeschäftigung [4].
Das wäre alles noch kein Problem: Aber in Ländern wie Deutschland oder Österreich (mit etwa 14% Beamtenquote) steht eine starke Industrie mit hohem Steueraufkommen zur Seite, um Sozialstaat und Beamte zu finanzieren.
Industrie weg
Griechenland hat nichts dergleichen. Zu den wenigen Großbetrieben, die es noch gibt, gehören neben alten Zementwerken und ein paar Arzneimittel-Firmen noch ein paar staatliche Braunkohlkraftwerke. Sie zählen mit ihren altertümlichen Maschinenparks zu den größten Dreckschleudern des Kontinents [5]. Wegen ihrer verbeamteten Riesenbelegschaft gelingt das Kunststück, trotz Monopol und hoher Strompreise Verluste einzufahren.
Und dann die Bauruinen. Das Land ist übersät mit Betongerippen halbfertiger Parkhäuser und Hotels, und alte Firmenhallen gammeln vor sich hin. Ein kurzes Zwischenhoch von 22% Industrie am BIP (2004) hatte sich als Strohfeuer von Brüssels Euro-Milliarden-Gnaden erwiesen, ganze 15% sind geblieben [6]. Eingerechnet sind da auch die Staatskolosse.
BIP halbiert, Jobs vernichtet
Das Volkseinkommen hat sich von 2008 bis 2016 fast halbiert (-45%), und dieser Trend ist nicht gestoppt [7]. Dadurch machen die Schulden (obwohl 100 Milliarden Euro erlassen wurden) schon 180% am BIP aus, und jeder Traum von deren Abbau bleibt ein Traum.
Überhaupt geht nur noch jeder Dritte einer geregelten Beschäftigung nach (was europäischer Negativrekord ist) – der Rest ist ohne Job oder in (Früh-)Pension. Noch schlimmer ist die Arbeitslosenquote: Im April 2017 betrug sie 21,7% (Viele werden von der Statistik gar nicht mehr erfasst), bei Jugendlichen ist jeder Zweite ohne Job (48,1%) [8].
Stillstand total
Die Wahrheit ist: Seit der Apokalypse von 2007 hat sich nichts verbessert, 10 verlorene Jahre. Kein einziger Produktionsbetrieb ist entstanden oder hat sich angesiedelt. Und bis auf Reedereien und Hotels (und EU-Förderungen) gibt es nichts, das Geld ins Land bringt.
Noch immer gehen 40% der Wertschöpfung unversteuert in dunkle Taschen oder auf Auslandskonten. Zwar wird auf soziologischen Fakultäten die marxistisch perfekte Gesellschaft erträumt – aber kein einziges Produkt erfunden, das das Land nach vorne bringt. Die Erfassung griechischer Liegenschaften wird sicher noch Jahrzehnte dauern, Gründer oder Forscher werden auch in Zukunft hohe Schmiergeldsummen brauchen. Dabei haben Hellas beste Leute längst Adieu gesagt.
Während sich Griechenland aber in der Euro-Party ab 2004 zu Tode feierte, sind Länder wie Polen, Ungarn oder das Baltikum auf den Plan getreten. Und diese hungern nach Erfolg. Die Löhne sind (noch) niedriger als in Griechenland, Steuern und Sozialausgaben auch. Und jährlich strömen dort zehntausende Metallarbeiter, Techniker, Chemiker und Manager auf den Markt, um in neuen „High Tech“-Firmen in die ganze Welt zu exportieren.
Statt Rettungspaket IV „Drachme neu“
Gegen solche Ehrgeizlinge hat Hellas keine Chance. Denn erstens ist das Land nicht reformierbar (so ehrlich muss man irgendwann auch sein). Und zweitens steckt es (nicht nur ökonomisch) in so großer Depression, dass ein Entkommen aus eigener Kraft nicht mehr gelingen kann.
Und noch Jahrzehnte zuzuwarten, bis das Land endlich Bildungswesen, Behörden und Infrastruktur auf Wettbewerb und Wachstum umgepolt hat, ist weder den europäischen Steuerzahlern noch der eigenen Jugend zuzumuten.
Plan A
Wenn Angela Merkel im September also ihre Wahl geschlagen hat, ist der ideale Zeitpunkt für „Plan A“ gekommen: den Austritt Griechenlands aus dem Euro im November 2018 (im Sommer hat man noch einmal ordentlich Euro einkassiert).
- • Dann werden die Bankomaten eines Morgens nur noch „Neue Drachmen“ ausgeben.
- • Diese starten mit einem Kurs von 2:1 zum Euro in den Handelstag.
- • Euro-Bankguthaben und Wertpapiere bleiben in Euro – so haben Bürger einen kleinen Startvorteil.
- • Damit Banken und Betriebe nicht noch am selben Tag pleitegehen (deren Schulden sind ja noch in Euro und damit doppelt so teuer), tauscht die „Griechische Nationalbank“ jene „neuen Drachmen“, die zur Tilgung von Auslandsschulden dienen, zum Kurs von 1,25 zu 1.
- • Die Tauschkurse für die 300-Milliarden-Euro-Staatsschulden werden zwischen 1,25 und 1,5 liegen – mehr verkraftet dieses Land nicht. Das bedeutet für die Gläubiger einen Ausfall von 75 (bei „1:1,5“) bis 112 Milliarden Euro (1:1,25) [9].
- • Die Importpreise verdoppeln sich mit einem Schlag, die Inflation könnte sogar zweistellig werden. „Hervorragende“ Voraussetzungen, um die restlichen Staatsschulden „weg zu inflationieren“.
- • Damit die lokale Wirtschaft nun die Importe substituieren (und aufgrund günstiger Wechselkurse auch noch exportieren) kann, braucht es Kredite in Euro. So können Start-ups für die Expansion auch schnell Maschinen kaufen.
- • Schon bald werden erste Erfolgsmeldungen das Land in Aufbruch-Stimmung versetzen, und wer weiß – vielleicht entsteht damit sogar ein neuer „Tiger-Staat“.
Was das alles kostet? Untergrenze 150 Milliarden Euro, eher wohl 200.
Was es bringt? Ein stärkeres Europa, denn ohne Griechenland ist Europa nicht komplett.
Und die scharfe Botschaft an die Mitgliedsländer (Stichwort „Frankreich“), dass es sehr wohl Konsequenzen hat, wenn man sich nicht an europäische Verträge hält.
[1] „Der Traum vom Süden“, F.A.Z., 5.8.2017
[2] Das kleine Griechenland hat 768.000 Beamte, www.welt.de, 20.7.2010
[3] Anteil der Staatsbediensteten an der Gesamtzahl der Beschäftigten in ausgewählten Ländern weltweit
[4] Griechenland: Anzahl der Erwerbstätigen von 2007 bis 2017 (in Millionen), www.statista.de, 19.8.2017
[5] Die dreckigsten Kraftwerke in der EU, www.rp-online.de, 19.8.2017
[6] „Bruttowertschöpfung: Produzierendes Gewerbe, Daten für 2015“, www.destatis.de, Letzte Aktualisierung: 10.10.2016.
[8] „Unemployment, youth total“ (% of total labor force ages 15-24) (modeled ILO estimate)“, www.data.worldbank.org
[9] Beim Tauschkurs von 1:1,25 werden aus 300 Mrd. Euro 375 Mrd. „Neue Drachme“. Zum Marktkurs von 1:2 entsprechen diese aber nur mehr 188 Milliarden Euro. Der/die Gläubiger verlieren also 112 Milliarden Euro. Ziemlich heftig, ehrlich eingestanden.